Bill Gates für Robotersteuer, die EU ist dagegen

In den kommenden Jahren wird sich die Arbeitswelt stark verändern, wenn die Pläne für Industrie 4.0 Wirklichkeit werden. Arbeitsplätze werden wegfallen und es stellt sich die Frage, wie sich der Staat künftig finanzieren und seine Sozialsysteme betreiben will. Da kommt eine "Maschinensteuer" ins Gespräch. Daher heute noch ein kleiner Blog-Beitrag mit einigen Informationen und um das Thema Robotersteuer zur Finanzierung des Sozialstaats.


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Über die Umbrüche, die dem Arbeitsmarkt drohen, hatte ich im Blog-Beitrag Wirtschaft 4.0: Folgen für Arbeitsmarkt & Ökonomie hingewiesen. Manager wie der Siemens-Chef Joe Kaeser weisen bereits seit einiger Zeit auf das Thema und die Folgen hin. Hier zwei Blog-Beiträge zum Thema.

DLD: Jo Kaeser 'Digitalisierung wird Mittelschicht vernichten'
Digitalisierung: Siemens-Chef für "bedingungsloses Grundeinkommen"

Die Überlegungen sind ja nur folgerichtig, ohne sozialen Ausgleich werden sich die Visionen der Industrie 4.0 nicht umsetzen lassen. Zudem gibt es eine Anekdote von Henry Ford II, der den Gewerkschaftsführer Walter Reuther durch eine automatisierte Fabrik führte und fragte: "Und Walter, wie bringst du all die Roboter jetzt in die Gewerkschaft?" Der Gewerkschafter konterte ganz folgerichtig: "Wie bringst du sie denn dazu, dass sie deine Autos kaufen?". Ohne Geld werden die entlassenen Menschen wohl keine der in den automatisierten Fabriken hergestellten Güter kaufen können.

Also bedingungsloses Grundeinkommen als soziales Sicherungssystem? Irgendwie muss das alles finanziert werden. Wenn die Zahl der Arbeitnehmer abnimmt, wird man die Sicherungssysteme über die Lohnsteuer und Sozialabgaben nicht mehr finanzieren können. Finanztransaktionssteuern fürchten die Finanzminister ja wie der Teufel das Weihwasser.

Eine Maschinensteuer bzw. Robotersteuer muss her

Da liegt der Gedanke nahe, statt das Einkommen der Arbeitenden, die ja immer weniger werden, die Produktion bzw. die Maschinenleistung zu besteuern. Der griffigere Terminus ist die "Robotersteuer". Bereits im Juli 2016 kam der Vorschlag von Post-Chef Frank Appel, statt der Mehrwertsteuer eine Steuer auf den Einsatz von Robotern zu erheben. Ich habe diesen FAZ-Artikel gefunden, wo das Thema behandelt wird.

Und jetzt geht die Meldung durch die Presse, dass auch Microsoft Gründer Bill Gates eine Robotersteuer befürwortet. Quelle ist wohl ein Interview mit der Site Quartz – ein ausführlicherer Beitrag in deutscher Sprache findet sich bei heise.de.

Das Thema wurde auch im letzten Sommer im Bundestag diskutiert und stand auch bei der EU auf der Agenda.  Das EU Parlament hat sich aber am 16. Februar 2017 gegen eine Robotersteuer ausgesprochen (siehe auch diesen heise.de-Beitrag sowie diesen Reuters-Artikel). Und wie steht ihr zu diesem Thema? Muss eine Roboter- bzw. Produktionssteuer auf Maschinen kommen?


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5 Antworten zu Bill Gates für Robotersteuer, die EU ist dagegen

  1. Ralf sagt:

    Über die Maschinensteuer wurde bereits Anfang der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts diskutiert. (Also eine Zeit, die viele Leser wahrscheinlich mit dem Mittelalter gleichsetzen werden.) Im übrigen war dieses immer ein Schimpfwort, mit der man die Diskussionen diskreditiert hat. Wer sich ernsthaft damit beschäftigen will, sollte mal im Internet danach suchen. Da wird man sehr schnell finden, warum sich auch heute die Industrie der Verantwortung entziehen wird. Das war übrigens auch die Zeit, als Erhard Eppler bereits ganz erstaunliche Dinge über die Müdigkeit in der parlamentarischen Demokratie geschrieben hat und wie man das parlamentarische System reformieren müsste, um die Menschen wieder an ihr zu interessieren. Ein paar Ideen sind bei den Grünen eingeflossen, aber inzwischen auch dort wieder dem persönlichen Eigennutz zum Opfer gefallen.

    So merkt man, dass man alt wird. Weil immer wieder die gleichen Probleme diskutiert werden – und immer wieder von Neuem, als ob es die Überlegungen und Diskussionen vorher nicht gegeben hätte. Und ohne, dass sich etwas Entscheidendes zum Positiven geändert hat. Und so ist man auf ein Mal so masslos verwundert, dass die Menschen den Glauben an die Demokratie und ein soziales Wirtschaftssystem verloren haben. Aber solange man selbst noch auf andere Menschen herabblicken kann, denen es schlechter geht, ist noch alles in Ordnung. Wie Erich Fromm geschrieben hat, der Mensch ist nicht intelligent genug, um zu handeln und etwas zu ändern, wenn die dunklen Gewitterwolken am Horizont aufziehen.

    Und so werden weiter die Populisten und Nationalisten die Wahlen gewinnen. Und wir auf einmal feststellen, dass wir auch in der Mitte Europas wieder in einer Vorkriegszeit leben.

  2. Gaga sagt:

    Die erwähnten Interviews und Diskussionen über ein bedingungsloses Grundeinkommen in Verbindung mit der Forderung nach einer Maschinen/Robotersteuer konnte ich auch verfolgen.

    Ich kann das gut nachvollziehen und sehe beides (bedingungslosen Grundeinkommen mit gleichzeitiger Einführung einer Maschinen/Robotersteuer) in Zukunft als notwendig. Irgendetwas muss passieren, außer wir schaffen den Sozialstaat ab mit all den Konsequenzen die darauf folgen.

    Die nicht selten merkwürdigen Entscheidungen der EU lasse ich mal weitgehst unkommentiert. Nur so viel: Diese Machenschaften dieser „Behörde" kann von uns eh keiner mehr nachvollziehen und der Lobbyismus ist in Brüssel bekanntlich (in Zahlen und Manpower) stärker vertreten als die Parlamentarier selbst…

    Steuerangelegenheiten sind übrigens nationale Angelegenheiten.

    Und ja, wir deutsche werden ziemlich die letzten sein die sich darauf einlassen, wie immer. Es passt halt nicht in das kapitalistische Denkmuster diverser (oder inzwischen aller?) Parteien.

    Wir wissen in der Regel alles besser um am Ende festzustellen, dass man das Kind in den Brunnen geworfen hat. Dann wird's halt wieder doppel so teuer und wahrscheinlich auch doppel kompliziert.

    Also ja, wir werden beides brauchen aus meiner bescheidenen Sicht.

  3. Gaga sagt:

    Noch ein Nachtrag zu meinem Kommentar von oben.

    Ich zitiere mich selbst: „Spezialisten müssen ran, ja, genau so wird es kommen…"

    Die Selektion (ehemaliger) Fachleute geht natürlich auch hier weiter. 50+ mit (in deren Sicht) „veraltetem" Studium haben wohl keine Chance mehr noch Fuß zu fassen. Weder in der Entwicklung, Programmierung und Codierung der Steuerungen, noch in der „einfachen" Wartung Vorort. Wer da nicht ständig bei der Musik geblieben ist (oder berufsbedingt überhaupt nicht die Chance dazu hatte) wird durchs Raster fallen. Neue Berufsfelder werden wir „alten" nicht mehr erklimmen und die „veralteten" brechen langsam weg. Im Gegensatz zu „früher" (nein ich spreche nicht von der „guten alten Zeit") viel zu schnell – lange noch bevor unsere Lebensarbeitszeit erfüllt sein wird. Und wenn man sich dann die Berechnungen der Renten mal ansieht, die auf einer lückenlose Erwerbsbiographie aufbauen, dann gute Nacht! Hier werden also die Kosten (wieder mal) von privat auf den Sozialstaat (also auf uns alle) verschoben und umgewälzt. Vielleich werde ich selbst irgendwann mal ein Nutznießer dieser Entwicklung (was ich aber nach derzeitigem Stand nicht zu erwarten habe), aber gefallen muss sie mir trotzdem nicht.

  4. Paul Brusewitz sagt:

    Die wegfallenden, durch Roboter zu ersetzenden, Arbeitsplätze sind nicht das Problem.

    Es gibt genug Arbeit für Arbeitsplätze in Bereichen, die nie durch Roboter ersetzt werden können. Damit sind alle Arbeitsplätze gemeint, in den es um Arbeit mit/am Menschen geht, in denen Empathie und Zuwendung, Menschlichkeit und soziales Denken und gesunder Menschenverstand, sowie Lebenserfahrung erforderlich sind.

    Leider werden diese Arbeitsplätze nicht in ausreichender Zahl geschaffen. Und wo es sie bereits gibt, werden sie schlecht bezahlt, oft nur von Frauen ausgeübt und nur in Sonntagsreden von Politiker entsprechend geschätzt und geachtet.

    Das ist das Problem!

    Die Arbeitsplätze, die durch Roboter ersetzt werden, sind oftmals Arbeitsplätze in denen sich Facharbeiter bisher die Knochen kaputt gearbeitet haben (Zwangshaltung, schweres Heben usw.).

    Gut dass da die Roboter ran müssen!

    Als jemand, der gern SciFi-Literatur liest, finde ich die ganze Situation immer befremdlicher. Wenn man sich an SciFi-Romane der 60er/ 70er erinnert (oder noch früher), was waren denn da die großen Ziele , die die ganze Menschheit erreichen wollte.

    1) Das Gesundheitswesen sollte immer besser und die Menschen immer älter werden, bei bester Gesundheit.

    2) Der Mensch sollte von schwerer, gefährlicher, stupider Arbeit befreit werden (durch Roboter).

    3) Alle Menschen sollten würdevoll, sozial teilhabend und ohne finanzielle Not leben können.

    Wenn man jede dieser positiven Utopien nimmt und mit der heute herrschenden Meinung vergleicht, hat sich das Alles ins Gegenteil umgekehrt und in einen Fluch verwandelt.

    Menschen werden immer älter => Bloß das nicht! Das hält das Rentensystem nicht aus und das Gesundheitssystem auch nicht.

    Arbeitsplätze werden durch Roboter ersetzt => Um Gottes willen! Es geht um die Arbeitsplätze!

    Menschen sollen ohne finanzielle Not leben (z.B. Grundeinkommen) => Linkes Teufelszeug! Wer soll denn das bezahlen?

    Genau darum glaube ich auch an ausserirdische Intelligenz. Der Gedanke allein, dass wir die intelligenteste Rasse im ganzen Universum sind … Gruselig!

    MfG P.B.

  5. Ich würde mich eher mal fragen wieso die EU so vehement gegen die Robotersteuer ausspricht!

    Da muss es doch irgendeinen vernünftigen Grund dafür geben.

    Wer Arbeitsplätze gegen Roboter eintauscht sollte auch dafür Steuern bezahlen, finde ich doch völlig legitim.

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