Verbesserungswünsche für Windows Blue …

Über das kommende Windows mit dem Codenamen "Blue" hatte ich ja schon häufiger berichtet, u.a. im Artikel Windows Blue: Brush-Up. Irgendwann in den kommenden Wochen werden wir vielleicht Näheres von Microsoft über diese Version erfahren. Vielleicht einfach eine gute Gelegenheit, mal ein paar "Verbesserungswünsche" aufzuschreiben  …


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Denn eines ist klar: Mit Windows 8 kann Microsoft die Gunst der Kunden nicht erringen – zu vieles wurde "verschlimmbessert" (man könnte auch von "versaut" sprechen) – da beißt die Maus kein Faden ab. Obwohl ich Windows 8 vom Kern gar nicht so schlecht finde, gibt es zahlreiche Stellen für Verbesserungsbedarf. Hier einfach mal meine Wunschliste, frisch von der Leber gebloggt.

1. Bringt endlich das Startmenü zurück!

Wichtigster Punkt, der viele Kunden einfach nur nervt, ist das fehlende Startmenü auf dem Windows-Desktop. Liebe Microsoftler, es kann nicht sein, dass ich mir einen neuen Rechner oder ein neues Windows 8 hole und dann mit OpenSource-Software a la Classic Shell ein Startmenü nachbastele. Da verzichte ich lieber auf Windows 8 und arbeite mit Windows 7 weiter.

2. Macht die Modern UI abschaltbar

"Kein Mensch hat die Absicht, eine Mauer zu bauen" – der Satz klingt mir immer noch in den Ohren. Mit der Modern UI und der Startseite habt ihr bei Microsoft es geschafft, eine solche Mauer für alle Desktop-Benutzer zu errichten. Ich will direkt auf den Desktop booten und die Startseite samt den Modern UI-Elementen und Apps deaktivieren können. Meinetwegen können Leute, wenn sie lustig sind, mit Apps stoppeln. Solange ich aber "Metro" nicht deaktivieren kann, bleibt Windows 7 auf den Produktiv-Desktop-Systemen!

3. Schafft eine Stelle zum Zugriff auf Benachrichtigungen!

Einer meiner ersten Chefs in meinem Job als junger Ingenieur hat mir immer auf meine ganz tollen Vorschläge geantwortet "Born, ich kann mir auch ein Loch ins Knie bohren, kochende Milch rein gießen und das ganze mit Stacheldraht umbinden". Liebe Microsofties, ich hätte nie geglaubt, wie gut ihr das hinkriegt.

Da gibt es eine Benachrichtigung (Toast-Notification), die aber nur für einige Augenblicke in der rechten oberen Bildschirmecke eingeblendet wird. Wenn ich als Anwender nicht sofort in die Hufe komme, ist das Teil weg und ich fange an zu suchen, wie ich auf die Funktion wohl irgendwo zugreifen kann. Warum gibt es nicht einen Bereich, in dem ich auf ausgeblendete Benachrichtigungen erneut zugreifen kann? Android hat das zum Beispiel!

Andererseits schafft ihr es, dass ich auf der Startseite durch ständig aktualisierte Kachelbilder mächtig genervt werde. Ständig bin ich am Suchen, wo denn nun die Kachel für App xyz steckt – weil deren Icon dynamisch wechselt. Das ist Mist! Bei iOS und Android suche ich zwar auch gelegentlich nach einem Icon zum Aufruf einer App. Aber wenigstens habe ich dort eine Chance, die Icons wiedererkennen zu können. Nur wenn ich den Modus "Alle Apps" einschalte, sehe ich schnell, wo die gewünschte Kachel zu finden ist. Und das geht mir nicht alleine so …

Bei Windows 8 ist nach der Installation zwischenzeitlich meine erste Maßnahme, die Aktualisierungen für die Kacheln abzustellen.

4. Macht die Bedien-/Charms-Elemente einblendbar

Windows 8 ist für unbedarfte Nutzer einfach zu komplex und untransparent. Über die zwei Oberflächen (Desktop und Startseite) hinaus macht ihr den Leuten das Leben unnötig schwer. Wie, um Himmels willen, soll jemand auf die Idee kommen, dass er vom rechten Rand wischen muss, um die Charms-Leiste einzublenden. Mit Maus nützt ihr das Wissen nichts, denn da muss er per Maus auf ein Pixel in der rechten oberen/unteren Bildschirmecke zeigen. Dass es ein Schnellzugriffsmenü oder eine App-Leiste gibt, wird vielen Anwendern möglicherweise nie bewusst. Wenn euer Entwicklungsvorstand July Larson-Green in einem Interview [e] erklärt, dass sie glaubt, dass Benutzer zwischen zwei Tagen und zwei Wochen brauchen, um Windows 8 halbwegs zu raffen, dann läuft etwas gewaltig schief!


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Ich habe ein iPad in die Hand genommen und konnte das ohne Bedienhandbuch bedienen (wenn ich auch über diverse Apple-Restriktionen gehadert habe). Ich habe ein Android-Gerät in den Hand genommen und konnte es ohne Bedienhandbuch bedienen! Bei Windows 8 habe ich Wochen gebraucht, um halbwegs zu wissen, wann ich was machen muss. Ein unbedarfter Benutzer weiß gar nicht, dass es eine Charms-Leiste, ein Menü für den Schnellzugriff, einen Task-Switcher oder eine App-Leiste gibt. Mein halber Blog steckt mit Tipps voll, wie ich irgend etwas unter Windows 8 wiederfinde.

Werft das Zeugs über Bord oder baut eine Einstelloption in das neue Windows ein, damit ein Administrator die Charms-Leiste bei Bedarf dauerhaft auf dem Bildschirm einblenden kann (oder macht fest einblendbare Bedienflächen zum Abruf der Elemente verfügbar). Der Benutzer muss sehen, wo es Bedienelemente zum Abrufen von essentiellen Funktionen gibt. Es kann nicht sein, dass sich eine App auf einem 24 Zoll-Display breit macht, ihr aber die Charms-Leiste aus Optimierungsgründen einblendbar realisiert. Sorry, das ist eine ziemliche Kopfgeburt, die kein Mensch braucht.


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5. Spendiert den Apps Fenster!

Ich habe hier einen 24-Zoll-Monitor am Desktop und ich benutze "Windows", weil ich verschiedene Informationen in diversen Fenstern nach meinem Gusto anordnen und verwenden will. Den DOS-Zeiten, die ich vor 30 Jahren erlebt habe, trauere ich nicht nach. Und was macht ihr? Wollt mich zwingen, dass ich auf diesem riesigen Bildschirm eine App-Seite mit recht mickrigen Funktionen einsetze? Gut, ihr habe Kompromissbereitschaft gezeigt und erlaubt mir, eine zweite App quasi am Rand rein zu quetschen. Und um die Pertinenz zu testen, kann ich dann als Anwender jeweils eine dieser Apps am linken oder rechten Rand in 1/3 Breite anordnen.

Wenn ich mir Windows hole, möchte ich auch mit Fenstern arbeiten – und nicht zu Apps im Vollbildmodus gezwungen werden. Daher gebe ich euch den Tipp, denkt darüber nach, dass eure Apps in Fenstern laufen und auf dem Bildschirm frei angeordnet werden können. Drittanbieter für Stardock ModernMix [f] oder Retro UI Enforce bieten so was. Ich will aber nicht so einen Dödelkram installieren müssen, wenn ich Fenster brauche. Und wenn Windows keine Fenster mehr bietet, gibt es keinen Grund, ein Plazebo-Windows einzusetzen.

6. Denkt nochmals über eure Hardwareanforderungen nach

Es gibt den Spruch "die Kunden stimmen mit den Füßen ab". Der ist leider bezüglich Windows 8 und Tablet PCs traurige Wahrheit geworden [d]. Es kann nicht sein, dass ihr auf der einen Seite vor einem Jahr getönt habt, dass Windows 8 auf allen Windows 7-PCs läuft, dann ein Windows 8 Pro-Upgrade für Windows XP-Maschinen anbietet und am Ende des Tages Netbooks oder andere Geräte mit 1.024 x 600 Pixel Bildschirmauflösung außen vor lasst. In der Delveloper Preview liefen die Apps mit der Auflösung  – und wenn die Analysten Recht behalten, wird 2013/2014 das Jahr der 7-Zoll- und 8-Zoll-Tablet PCs.

Die Hardwareanforderungen müssen runter! Radikal, sofort und sagt bitte nicht, dass das nicht geht. Was glaubt ihr, wie viele Leute sich ein Windows 8 Tablet PC für 600 bis 999 Euro holen, um ein wenig zu Surfen, zu Spielen oder Medien zu konsumieren, wenn sie die gleichen Funktionen für 150 Euro mit einem Android-Tablet bekommen? 32 GByte Speicheranforderung, aber eine Akkulaufzeit von 4 Stunden für euer Surface Pro sind ein Witz. Schaut mal nach, welche Hardware-Anforderungen im Android-Lager gelten. Auf einer 2 GByte SD-Card fahre ich hier bequem Android-x86 und kann noch Apps installieren.

Warum gibt es kein konfigurierbares Windows Blue, welches nur die Features als Byte-Code auf die SSD/Festplatte bringt, die der Benutzer auch wirklich haben will. Stellt einfach eine ISO-Download-Variante von Windows Blue ins Netz, bei deren Installation der Schlüssel die SKU-Variante festlegt. Ermöglicht dem Benutzer, beim Setup über Kontrollkästchen nicht benötigte Features abzuwählen, so dass er Speicherplatz auf der SSD/Festplatte sparen kann. Ich könnte das zwar alles mit DISM ausmisten – aber warum sollte ich? Ein Windows Blue mit 8 GByte Speicherplatzbedarf wäre schon mal ein guter Anfang.

7. Verpasst dem Explorer Tabs im Dokumentbereich

Ihr habt zwar ein nettes Menüband im Explorerfenster eingefummelt. Hat auch ganz schnieke Registerreiter, über die ich zwischen den Funktionen wechseln kann. Aber zur Navigation stehen mir nur der Navigationsbereich und der Inhaltsbereich zur Verfügung. Wie wäre es, wenn ich auch zum Bearbeiten von Dateien auf Registerkarten zurückgreifen könnte?

Notfalls mal bei den Android-Dateimanagern nachschauen – könnten auch zur Inspiration herhalten, wie ein Modern UI-Dateimanager aussehen könnte. Bei Android habe ich noch nie drüber nachgedacht, wie ich in Dateien navigiere. Bei Modern UI-Apps bin ich eigentlich nur noch genervt, wenn ich zu Dateien navigieren muss.

8. Schafft die unselige App-Kopplung an den Store ab

"Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht" – ist eine Weisheit unserer Ahnen. Wegen des Internet Explorer habt ihr ja von der EU schon "Post" bekommen. Bei den Apps wollt ihr uns aber in den Windows Store zwingen. Als Anwender muss ich mich auf euren Store einlassen – und als Anbieter zwingt ihr mich, euer Geschäftsmodell zu fressen. Gut, Apple macht den gleichen Mist – aber Google zeigt, dass es auch "fremde App-Shops 'neben mir' geben darf". Ist nur eine Frage der Zeit, bis die EU oder eine andere Wettbewerbsbehörde euch wegen unfairer Geschäftspraktiken, Monopolbildung und Behinderung des Wettbewerbs erneut ins Visier nehmen.

Und wenn ihr schon am Renovieren seid  – denkt einfach mal darüber nach, dass man über ein Design-Schema und ein Framework auch eine nette Touchoberfläche für Windows-Anwendungen schaffen kann. Die Windows-Stilelemente für Fenster samt den GUI-Designregeln könnten bleiben – das würde einen wirklichen Fortschritt bedeuten.

Wenn die Phantasie fehlt, eine erste Anregung ließe sich beim Immersive Explorer [g] holen – aber das geht sicherlich besser. Die Tools wie XAML und WPF zur Implementierung habt ihr ja im Hause.

9. Lasst euch bezüglich Windows XP was einfallen

Im August 2014 ist ja Schluss, dann lasst ihr Windows XP sterben. Fakt ist aber, dass da draußen zig hundertausende Anwendungen existieren, die auf Windows XP-Kompatibilität angewiesen sind und unter Windows Blue wohl sterben. Den Windows XP-Mode aus Windows 7 habt ihr ja bereits in Windows 8 geschlachtet. Gut, ist eure freie Entscheidung.

Wenn ihr nicht weitere Kunden verlieren wollt, die ihre Software ggf. mit DOS-Box und Wine unter Linux betreiben, denkt über intelligente Lösungen nach. Niemand braucht ein fettes Windows XP, nur weil der alte WIA-Scannertreiber nicht mehr tut. Niemand braucht ein komplettes Windows XP, wenn er eine spezielle Anwendung laufen lassen muss.

Aber ihr habt doch das "Drawbridge"-Projekt, wo ganz schlaue Leute aus euren Entwicklungslabors erzählen, dass man nur Pico-Prozesse zur Emulation der API-Aufrufe mittels MinWin bereitstellen müsse, damit 99% der alten Anwendungen laufen. Ich werde immer ganz besoffen von der Vorstellung, was da alles machbar wäre. Aber warum lese ich da nix, wie es mit konkreten Produkten aussieht? Oder soll Google euch irgendwann mit dem Native Client (NaCl) die Butter vom Brot holen?

10. Überlegt euch was zu Windows RT

Die Idee, ein Windows für ARM-Plattformen zu machen, fand ich ja Spitze. Ich habe mir vor 1 1/2 Jahren so tolle Möglichkeiten ausgemalt – wenn mir auch bewusst war, dass die Treiber- und Hardwareunterstützung ein Stolperstein sein würde. Was ihr aber aus dem Konzept gemacht habt: Außer ausgewählten Microsoft Anwendungen, wie Office 2013 für RT, läuft da nix an Anwendungen. Und dann darf ich Office 2013 RT noch nicht einmal ohne Zusatzlizenz in Vereinen oder beruflich einsetzen. Das erinnert mich schon an ein Stück aus dem Tollhaus.

Dass Drittanbieter keine Windows-Anwendungen für die ARM-Plattform übersetzen und anbieten können, schreit schon wieder nach den EU-Wettbewerbskommissaren. Ihr glaubt doch wohl nicht, dass Apps die Welt der ARM-Gerätehersteller retten.

Hallo, aufwachen! Schaut euch mal an, was Apps unter Android und iOS so alles können und dann probiert ihr mal das Kontrastprogramm aus dem Windows Store. Und danach befragt ihr mal eure Controller und Buchalter, wie viele Surface RTs euch aus den Händen gerissen wurden. Vielleicht wäre es an der Zeit, über die Öffnung von Windows RT für Windows-Anwendungen von Drittanwendern nachzudenken.

Sind jetzt mal 10 Punkte geworden, weil ich die so gut an meinen Fingern abzählen kann. Bei etwas nachdenken fallen mir bestimmt weitere Wünsche ein. Aber träumen kann man ja wohl – und wenn nur 50 % wahr werden, wäre das schon ein großer Schritt nach vorne (nicht über den Abgrund, sondern vom Abgrund weg). Hier hat jemand ein YouTube-Video mit ähnlicher Intension erstellt, das allerdings nur fünf Verbesserungen adressiert.

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g: Windows 8: Immersive Explorer Beta
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3 Antworten zu Verbesserungswünsche für Windows Blue …

  1. Günter Born sagt:

    Kleiner Nachtrag: Microsoft hat unter [1] eine Feedback-Seite eingerichtet, über die man zu Gott und die Welt was an Microsoft zurück posten kann. Windows ist (genau wie Office) leider nicht dabei …

    1: https://feedback.live.com/

  2. HeiWoMa sagt:

    Hallo,
    Danke. Es trifft den Nagel 100% auf den Kopf.

  3. HansS sagt:

    Klasse! Die Modern UI ist allenfalls für reine Comsumer von Interesse, wobei die erbärmliche Qualität der MUI-Apps nur Hardcore-Fanboys zufriedenstellen kann, die anderen greifen besser zu Android oder IOS. Für Leute, die mit ihrem Windows-Rechner produktiv arbeiten möchten (ja, Microsoft, die gibt es auch noch, und die tragen nicht unerheblich zu eurem Umsatz bei!), ist die MUI völlig unbrauchbar. Wenn Microsoft so weiter macht, werden sie womöglich noch Linux aus dem Dornröschenschlaf erlösen. Und am Horizont erscheint drohend ein wirklich gefährlicher Rivale mit Chromoid.

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