paydirekt-‘Zwangs-‘Mitgliedschaft für Sparkassenkunden

Die Sparkassen bereiten gerade einen Coup vor: Alle Girokonteninhaber, die am Online-Banking teilnehmen, sollen im Rahmen einer AGB-Umstellung automatisch Konten bei der paydirekt GmbH erhalten. Es sei denn, die Betroffenen widersprechen bis November 2017. Inzwischen prüfen Datenschützer bereits, ob es überhaupt eine rechtliche Grundlage gibt.


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In der Finanzkrise hat sich der Begriff der Bankster gebildet – dies ging mir durch den Kopf, als ich der gerade laufenden Entwicklung gewahr wurde.

Die paydirekt GmbH ist ein Zahlungsdienstleister deutscher Banken und Sparkassen, der gegen Paypal anstinken will. Ein 'Jubelartikel' findet sich hier bei test.de. Es ist Insidern wohl länger bekannt, dass man bei Banken und Sparkassen Kunden gerne mit einem direktpay-Konto beglücken möchte, denn das Vorhaben hat irgendwie Ladehemmung. Beim Handelsblatt gibt dieser Artikel (der ein anderes Dienstleistungsangebot thematisiert) an, dass man kaum Online-Händler habe, die an paydirekt teilnehmen. Und die Zahl der Neuanmeldungen schwächelt – man hat wohl 1,2 Millionen Kunden (PayPal hat als Zahlungsdienstleister wohl 19 Millionen deutsche Kunden).

Weil der Dienstleister nicht genügend Kunden bekommt, versucht man beim Sparkassenverband die Sparkassenkunden automatisch zu paydirekt-Kunden zu machen. Ich habe Zahlen von 2,7 Millionen aber auch 3 Millionen zusätzlichen Kunden gelesen.

1, 2, 3, Du bist bei paydirekt dabei

Über eine AGB-Änderung sollen nun Hundertausende Sparkassenkunden automatisch ein paydirekt-Konto erhalten. Das Ganze läuft unter dem Namen 'Komfortregistrierung' und die Information über die AGB-Änderung wird Sparkassenkunden, die am Online-Banking teilnehmen, in ihr elektronisches Postfach gespült.

payDirekt AGB-Änderung Sparkasse

Die obige Benachrichtigung sollte eigentlich jeder Sparkassen-Kunde (und mancher Bankkunde) in seinem Konten-Postfach vorliegen haben. Sofern der Kunde nicht bis 2. November 2017 widerspricht, wird er also automatisch Kunde von paydirekt – seine bei der Sparkasse/Bank gespeicherten Stammdaten gehen an die paydirekt GmbH.

Das ist also eine 'Kundenbeglückung' auf die kalte Tour – wer einen Online-Banking-Zugang nutzt, wird also 'Zwangskunde' oder muss widersprechen. Wie sinnvoll so eine Aktion ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn als Kunde muss ich bei paydirekt mein Konto noch aktivieren, um am paydirekt-Zahlungsverfahren teilnehmen zu können. Bestenfalls gewinnen die Leute bei paydirekt also ein paar Kunden, schlimmstenfalls dümpeln bei denen anschließend Hundertausende Karteileichen herum. Aber paydirekt hat deren Stammdaten bereits in Händen – ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Befragt man die Wikipedia, ist paydirekt kein Drittanbieter (obwohl diese GmbH nichts mit meiner Bank zu tun hat), sondern eine Zusatzfunktion des Girokontos.


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Die Zahlung wird direkt über das Girokonto des Käufers abgewickelt und an das Konto des Händlers gesendet. Die Konto-Informationen werden dabei weder an den Händler noch an einen Drittanbieter weitergegeben. Paydirekt fungiert als zentraler Softwaredienst zur Zahlungsabwicklung.

Bei der Zahlungsabwicklung erhebt Paydirekt Transaktionsdaten, die über den Umfang einer normalen Überweisung hinausgehen. Dazu gehören beispielsweise Lieferadresse und ggf. die einzelnen Positionen eines Warenkorbs (sofern der Shopbetreiber diese an Paydirekt übermittelt).

Da das System in Deutschland betrieben wird, gelten der deutsche Datenschutz und das deutsche Bankgeheimnis. Alle Zahlungen werden auf dem Kontoauszug, im Onlinebanking und der Paydirekt-App angezeigt. Bei entsprechender Kontodeckung erhält der Händler nach der Eingabe eine sofortige Bestätigung der Zahlung und kann die Ware verschicken.

Das Ganze ist eine Aktion, die zumindest einen 'Zwangsbeglückung will ich nicht haben'-Reflex auslöst. Spontan fiel mir dieser Kommentar vom August 2016, geschrieben von Blog-Leser Ralf, zum Giropay-Verfahren ein. Er weist darauf hin, dass Banken und Sparkassen bei Beträgen bis 30 Euro auf die Autorisierung der Transaktion per TAN verzichten (siehe auch).

Datenschützer ermitteln bereits

Ich wurde zufällig hier auf das Thema aufmerksam und habe bei einer kurzen Suche im Internet noch diesen Beitrag vom 10. August von mobiflip.de sowie den heise.de-Beitrag von heute gefunden. Im t3n-Beitrag spricht man von 'Geistige Bankrotterklärung für den selbsternannten Datenschutzkönig Paydirekt' – und laut Lebensmittelzeitung (Artikel ist nicht frei abrufbar) prüfen der Landesdatenschutzbeauftragte in Hessen als auch der in Thüringen, ob die 'Komfortregistrierung' gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstößt. Laut heise.de liegt dem Deutscher Sparkassen- und Giroverbands bereits eine Anfrage der Datenschützer vor.

Laut heise.de hat eine Datenschützerin Zweifel: "Eine Einwilligung des Kunden zur Datenübermittlung oder Datenweitergabe allein aufgrund der Anerkenntnis der geänderten AGB halte ich grundsätzlich für nicht wirksam erteilt, da sie schwerlich den Anforderungen des § 4a Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz Rechnung trägt." Und auch der hessische Datenschutzbeauftragte sagt (laut heise.de), dass man prüfe, ob es überhaupt eine Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung. Knackpunkt ist die Frage, ob paydirekt ein technischer Dienstleister der Sparkassen ist – dann hätten die Datenschützer keine Handhabe.

Bei heise.de schreibt man, dass die Sparkassenorganisation keine rechtlichen Bedenken sieht, weil eine Anwaltskanzlei das Ganze geprüft und keine Bedenken habe. heise.de verweist auf diesen it-finanzmagazin.de-Bericht, wonach die bisherige Registrierung wohl vielen Kunden zu kompliziert war und diese den Vorgang abbrachen. Mit der Hau-Ruck-Aktion will man das wohl nun erledigen.

Ergänzung: Nach meinen bisherigen Informationen soll es so sein, dass die Stammdaten des Bankkunden a priori an die paydirekt GmbH gehen, egal, ob der das Konto aktiviert oder nicht. Als datenschutzkonform hätte ich den Ansatz gesehen, dass diese Daten erst dann übermittelt werden, wenn der Kunde bei der Sparkasse sein Konto für paydirekt freischaltet. Ob es technische Gründe gibt, die dagegen sprechen, weiß ich nicht.

Erhellende Nutzerstimmen und Zahlen

Pikant finde ich auch einen Nutzerkommentar zum obigen it-finanzmagazin.de-Bericht:

einen Onlineshop in dem man mit paydirekt bezahlen kann muss man wie die Stecknadel im Heu suchen.

Selbst im Onlineshop von Starfinanz, Herausgeber der Software Starmoney, einem Unternehmen Sparkassen-Finanzgruppe, kann man mit Paypal zahlen aber nicht mit paydirekt. Das spricht ja schon für sich.

Warum sollte der Kunde sich bei paydirekt registrieren, wenn er bereits paypal nutzt. Für ihn gibt es keinen Grund zum Wechsel.

Die Antwort eines anderen Nutzers auf obigen Kommentar – keine Ahnung, ob das ein Fake oder ein Joke ist:

Dass wir spät dran sind, das wissen wir alle. Wir können den Wettlauf nur noch gewinnen, wenn wir alle Hebel und Optionen unserer Branche nutzen. Dazu gehören neben der zitierten Marktmacht auch technisch und prozessuale Aspekte so wie Kundenvertrauen und Kommunikation.

Ein kleiner Shop-Betreiber schrieb dann folgenden Kommentar:

Als kleiner Betreiber eines Online Shops frage ich mich, welchen Sinn die Einbindung von PayDirekt hätte. Letztlich wird über PayDirekt eine SEPA Basis Lastschrift ausgelöst, welche ich bereits anbieten kann. Mit PayDirekt hätte ich also nur ein zusätzliches Lastschriftverfahren (mit zwischengeschaltetem PSP) zu höheren Kosten.

Gut, die Zahlungsgarantie ist ein Vorteil, den der Händler nicht erwähnt hat. Generell sieht es wohl mit der Akzeptanz mau aus. Im oben verlinkten heise.de-Artikel schreibt man, dass rund 1.200 Händler paydirekt anbieten. Media Markt und Otto sind wohl als Händler mit an Bord, aber bei Süddeutsche Zeitung gibt es den Artikel Otto findet's gut (Paywall), der angibt, dass Otto einen Integrationszuschuss von 10 Millionen Euro erhalten habe. Oben drauf gibt es noch 3 Millionen Euro Werbekostenzuschuss – sieht nach einer Verzweiflungstat aus. Bei heise.de gibt es dagegen diesen Kommentar eines Händlers, der Kosten für die Teilnahme nennt – klingt nicht richtig lukrativ für kleine Shops.

Es gibt den alten Spruch 'Wenn der Wurm nur dem Angler schmeckt, wird es mit dem Angeln nix'. Unter dem Strich kann sich der Verein Sparkasse und paydirekt durch diese Aktion einer massiven negativen Publicity sicher sein. Statt durch Leistung zu überzeugen, versucht man es auf die kalte Tour. Ich denke, der Schuss wird nach hinten los gehen, oder wie seht ihr das so?


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17 Antworten zu paydirekt-‘Zwangs-‘Mitgliedschaft für Sparkassenkunden

  1. Mara sagt:

    Ich habe mich sowas von geärgert über diese krumme Tour! Ich bin direkt zur Bank, hab widersprochen (buchstäblich) und gleich noch von der guten Frau eine Beschwerde schreiben lassen! Die Mitarbeiterin dort fand das ganze auch nicht besonders koscher und hatte Spaß dabei das für mich zu machen. Aber sowas von dreist!! Die Sparkasse nervt mich schon länger. 6,50 Gebühr pro Monat und auch noch für Mobile-Tans 0,10 kassieren. Frech! Hoffentlich kriegen die mal richtig eins auf die Mütze!!

  2. Alexander sagt:

    Wir brauchen mehr Gelassenheit! Es tut nichts, es kostet nichts, man braucht es nicht. Also warum die Aufregung? Die paar persönlichen Daten haben sowieso schon alle, die sie haben wollen.
    Ich habe mich übrigens bei Einführung dort registriert und noch nie einen Onlineshop gefunden, der diese Zahlungsart anbietet.

    • Sebastian Marotzki sagt:

      Je weniger Löcher im Boot, desto langsamer sinkt man!

      Nicht jeder möchte eine Datenschleuder sein und wenn man seine Daten freiwillig in der Welt verteilt ist das eine Sache. Jedoch sollte man sich dann auch dessen bewusst sein, dass die Wahrscheinlichkeit steigt einem "Datenleck" zum Opfer zu fallen.

      Weiterhin könnte noch der übliche Spruch gelten: "Ist etwas kostenlos, bist du selbst das Produkt".

    • Martin sagt:

      Ich würde es viel lieber als PayPal nutzen.Wir brauchen europäische Alternativen zu dem amerikanischen Monopolen. Leider ist die Händlerauswahl immer noch zu dürftig, auch wenn inzwischen ein paar bekannte Shops wie Z. B. dm, Reichelt, Media Markt/Saturn, Alternate, Mindfactory, Comtech, Rakuten, Decathlon, Fahrrad.de, Haribo, Aldi Fotos dabei sind.

  3. Ben sagt:

    Gott sei Dank gibt es hoffentlich ab 1.11. SEPA Instant Payments.
    Ganz schnöde, stinknormale Überweisungen mit dem Unterschied, dass diese sofort gebucht werden.
    Dann brauchen wir kein Paypal, Paydirekt und Sofortüberweisungen.de auf dieser Welt.

    Bezügl. Paypal sollte man sich immer bewusst machen, dass Paypal vom Händler sämtliche Daten zu einer Transaktion erhält, inkl. genauem Inhalt des Warenkorbs, Preisen, Versandadressen etc.!
    Wem das egal ist, kann gern weiter mit Paypal zahlen…

    @Günther
    Auf der rechten Bildschirmseite wird gerade Werbung von der Sparkasse/Paydirekt eingeblendet :-)
    Wie geil ist das denn *g*

    Inhalt des Artikels zur Werbung völlig konträr…

  4. Auch wenn ich schon lange kein Sparkassen Kunde mehr bin, wegen so manch seltsamen Buchungen von vor 15 Jahren auf meinem Sparkassen Konto, scheint es wohl immer mehr in Mode zu kommen das man erst gegen irgendwas Einspruch erheben muss um nicht direkt was neues zu bekommen, was man vielleicht gar nicht haben möchte.

    Wie auch bei unserem der elektronischen Funktionen des Personalausweises, dessen Chip vor einigen Monaten automatisch Aktiviert worden ist, so kann von jedem Hinz und Kunz, Ordnungs,-Polizei-, Zoll- und Grenzbehörden im Fall der Fälle die Daten ausgelesen und elektronisch verarbeitet werden, so kann auch jeder auf alle Daten zugreifen und abgeglichen werden im Übrigen Asylsuchende Neubürger besitzen keinen elektronischen Personalausweis für die gibts wieder einen anderen Ausweis.

  5. Michael sagt:

    Warum fällt mir da plötzlich Google+ ein!?? ;-)

  6. Smyth sagt:

    Herzlichen Dank für die guten Infos.
    Hatte auch das Änderungsangebot von meiner Kreissparkasse erhalten.
    Da ich meine Überweisungen seit über 10 Jahren mit einem professionellen Bankenprogramm (HBCI – PIN/TAN) tätige, benötige ich das unsicherere Paydirekt nicht und werde nun dem Änderungsangebot nun widersprechen.

  7. Martin sagt:

    Ich habe von meiner Sparkasse diesbezüglich keine Information in mein Postfach bekommen und in der aktuellen Änderung zum 13.01.2018 steht über PayDirekt nichts drin. Allerdings kam da schon mehrfach ein Werbeflyer per Briefpost, den ich ich aber achtlos weggeworfen habe. Es kann sein, dass da im Anschreiben etwas stand, was ich wegen des Flyers leider erst gar nicht gelesen habe.

    Wenn PayDirekt z. B. mindestens Conrad Elektronik als Partner hätte, hätte ich mich schon angemeldet. Ich wünsche mir eine Alternative zum von mir ungeliebten PayPal.

    Deren Käuferschutz ist meiner eigenen Erfahrung nach praktisch ein Placebo. Man hat keinerlei Recht, es basiert auf reiner Kulanz. Ich hatte mal eine Software gekauft, deren Einstellungen völlig unerwartete Ergebnisse lieferten. Der eingegebene Wert des Multipliers funktionierte eben nicht als Multiplikator und anhand verschiedener Eingabewerte konnte man auch kein System aus den Ergebnissen ableiten. Der Verkäufer/Programmierer konnte selbst nicht erklären, was die (wichtigste) Einstellung tut. Er hat sich die Software wohl einfach aus einem Baukasten zusammengeklickt.

    PayPal hat den Käuferschutz mit der Begründung abgelehnt, dass Unzufriedenheit mit einem Produkt nicht abgedeckt sei! Ich entgegnete in zwei Beschwerden, dass das nicht als bloße Unzufriedenheit eingestuft werden kann, wenn das Produkt wegen eines Mangels überhaupt nicht nutzbar ist. Keine Chance. Selbst nach ausführlicher Erläuterung und einem Beispiel mit einem Gerät kam auch nach der zweiten Beschwerde wieder eine Ablehnung mit gleicher Begründung – nämlich Unzufriedenheit sei nicht abgedeckt. 179 USD für den Mülleimer!

    Paypal entscheidet sich wohl nach Möglichkeit immer für den Verkäufer. Schließlich will man den nicht verärgern, da er ja die Provisionen bringt.

    Seither nutze ich bei Ebay vermehrt Überweisung. PayPal soll so wenig wie möglich über mich verdienen.

    • Martin sagt:

      Und falls ich doch mal wieder etwas aus dem Ausland mit PayPal zahlen muss, weil es leider nicht anders geht, lasse ich die Währungsumrechnung nicht von PayPal machen, sondern von der Karten ausgebenden Bank. Die verlangt dafür nämlich nichts. Die Umrechnung erfolgt dort zum Interbankensatz ohne Aufschlag und Gebühren für den Auslandseinsatz fallen auch nicht an.

  8. SPKHB sagt:

    Diese Regelung gilt nicht für alle Sparkassen. Welche Sparkassen das so handhaben, weiß ich leider nicht.
    Ich kann nur sagen, dass Kunden der Sparkasse Bremen davon nicht betroffen sind.

  9. _luke_ sagt:

    danke für die info!!!

    als nutzer einer software fürs onlinebanking erreicht mich diese info erst jetzt..

    widerspruch erfolgt natürlich umgehend!!

    danke!!

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