Snap sitzt auf Bergen von Spectacle-Brillen

Noch ein kurzer Nachrichtensplitter zum Thema Snap Spectacle. Das ist ja die Sonnenbrille mit eingebauter Kamera. Der Hersteller Snap scheint sich wohl kräftig verkalkuliert zu haben. Nachtrag: Und nun kommt die schmutzige Wahrheit ans Licht.


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Zum Hintergrund

Das US-Startup Snap hatte ja im September 2016 eine Sonnenbrille mit eingebauter Kamera vorgestellt. Das Konzept baute auf dem bei Google gescheiterten Google Glass auf, aber die Brille war günstiger als das Google-Produkt.

In den USA hat das Teil einen riesigen Hype ausgelöst, möglicherweise, weil man das Teil nicht beliebig schnell kaufen konnte. Golem hat hier einen Artikel drüber veröffentlicht. Mit der Brille konnte man Videos aufzeichnen und per Android-Phone oder iPhone mittels der Snapschat-App als 10 Sekunden-Filmchen auf die Social Media-Plattform Snap posten.

Snap Spectacle
(Quelle: Von Eigentlichich – Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0)

Zwischenzahlen im Oktober

Erst am 12. Oktober 2017 hatte ich im Blog-Beitrag Snap Spectacle: 150.000 Exemplare verkauft berichtet, dass der Hersteller im ersten Jahr immerhin 150.000 Spectacles absetzen konnte. Genannt wurden die Zahlen von CEO Evan Spiegel auf dem kürzlich stattgefundenen Vanity Fair New Establishment Summit in Beverly Hills.

Nur die halbe Wahrheit

Diese Site berichtet, dass man sich bei Snap verkalkuliert habe und der Absatz deutlich unter den Voraussagen liege. Der Artikel steht nur Abonnenten zur Verfügung, aber neowin.net hat es hier aufgegriffen. Offenbar sind die Snap-Manager durch den ersten Hype getäuscht worden und haben zu stark nachgeordert. Nachdem die Brille aber beim Walmart direkt zu kaufen war, sank die Nachfrage direkt. Da half auch nicht, dass der Preis von ursprünglich 180 US $ auf inzwischen 129 US $ reduziert wurde.

CEO Spiegel zeigte sich unbekümmert und sagte, dass es "vielleicht ein Jahrzehnt" dauern dürfte, bis [die Überproduktion] für Snap relevant wäre. Nun wird spekuliert, dass es so lange würde es dauern, bis die Brillen aus dem aktuellen Lagerbestand ab verkauft wären. Nun ist es unklar, ob das Unternehmen so lange Zeit hat. Der Börsenkurs hat sich jedenfalls seit dem IPO halbiert. 2013 wollte Marc Zuckerberg von Facebook die Firma noch für 3 Milliarden US $ kaufen.

Nachtrag: Die ganze schmutzige Wahrheit

Es scheint, als ob die Artikel mit der Jubelmeldung über abgesetzte 150.000 Spectacles sauber platziert worden sind. Laut CEO Evan Spiegel lag dieser Wert deutlich über den eigenen Erwartungen von 100.000 verkaufbaren Exemplaren. Aber das ist wohl ziemlicher Bullshit gewesen.

Diesem Bericht zufolge ist der Verkauf der Spectacles-Brillen eingebrochen. Es wurden wohl die 150.000 Spectacles verkauft, und dann brach der Absatz ein. So jedenfalls eine interne Quelle, die angibt, dass der Verkauf schleppend läuft und Hundertausende unverkaufte Brillen in Lagerhäusern liegen. Berichte besagen, dass die Hälfte der Leute die Spectacles  vier Wochen nach den Kauf nicht mehr nutzen. Ein nennenswerter Teil der Käufer hat sogar nach einer Woche die Nase voll.


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Wenn also intern der Bedarf auf 100.000 Brillen geschätzt wurde, wie kann man dann weitere Order in einem vielfachen dieser Menge aufgeben? Laut Meldungen an die Börsenaufsicht sitzt Snap auf 29 Millionen US $ Warenbestand, während man gerade einmal 20 Millionen US $ Umsatz hatte.

Flop vorhersehbar – wie bei VR-Brillen?

Das Ganze ist also ein kommerzieller Flop – der aber irgendwie voraussehbar war. Google ist mit Glasses gescheitert – und Microsoft Hololens kommt über Spezialfälle bei der Anwendung nicht hinaus. Es entspricht imho nicht der Lebenswirklichkeit, über Monate und Jahre dem 'haben muss'-Reflex zu folgen, eine solche Brille zu kaufen und dann ständig Fotos und Videos zu machen. Der Erste, der das hat, ist cool. Ein paar folgen, aber dann bricht das Ganze zusammen.

Bringt mich zum nächsten Strohfeuer: Die von Microsoft und anderen Herstellern propagierten VR- und Mixed Reality-Brillen für mehrere hundert Euro. Das wird nach meinem Gefühl genau so ein Flop. Abseits ein paar Enthusiasten und möglicherweise ein paar Gamern wird kaum jemand die Dinger kaufen. Im Industriebereich könnte ich mir Hololens für so was vorstellen – aber beim Rest der Menschheit wird das außerhalb 'neu, cool, hat sonst noch keiner' schlicht nicht gebraucht. Oder wie seht ihr das?


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