Dating-Plattform OkCupid und die ‘Klarnamenpflicht’

Noch ein skurriler Bericht aus der Welt der Dating-Plattformen. Die Macher von OkCupid haben eine Art 'Klarnamenpflicht eingeführt'. Alias-Namen a la Schnecke33 sind verpönt und alle Nutzer müssen ihren Profilnamen neu setzen. Und wie es ausschaut, geht der Schuss nach hinten los. Das Ganze lässt sich umgehen und die Nutzer sind angepisst.


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Daten sind das neue Öl, heißt es ja. Und viele US-Firmen sowie Startups im Social-Media-People-Connection-Bereich brauchen Nutzer, Nutzer und nochmals Nutzer. Sobald die Unternehmen etwas unternehmen, was den Nutzern nicht gefällt oder illegal ist, zerlegt es die Geschäftsmodelle. Facebook bekommt mächtig Gegenwind für den Ansatz, WhatsApp-Benutzerdaten zu übernehmen. Auch die Fake-News zur US-Präsidentenwahl hallen noch nach. Das Mitfahr-Organisator-Unternehmen Uber hat sich mit windigen Geschäftspraktiken zerlegt, die Diskussion unter #MeToo zur sexuellen Belästigung schüttelt die IT-Industrie und, und, und.

OkCupids Klarnamenpflicht

Ich bin da bezüglich Dating-Plattformen nicht mehr so auf dem neuesten Stand. Aber tief im Hinterkopf gibt es die Wahrnehmung, dass auch in einer exhibionistischen Gesellschaft mit Twitter, Facebook, Tumblr, Instagram etc. everywhere die Leute bei ersten Dating-Versuchen im Netz ungern mit 'Hallo, hier ist Lieschen Müller, ich suche einen Mann mit viel Geld' aufkreuzen. Da wird eher mit Dickerchen99, Schnecke24, Molly111 oder so gehandelt und ein Fake-Foto eingestellt.

OKCupid Nutzernamen
(Quelle: OkCupid)

In diesem Blog-Beitrag vom 21. Dezember 2017 erklärt OkCupid, warum man Alisas-Namen entfernen will. Ich habe den Text mal übersetzt:

Vor dem neuen Jahr entfernen wir OkCupid-Benutzernamen. Es beginnt mit einer Testgruppe und wird demnächst für alle Benutzer von OkCupid verfügbar sein, so dass alle Benutzer ihre Profile mit den Daten aktualisieren müssen. Es ist der Name einzutragen, unter dem sie weiter von ihren Dates angesprochen werden möchten. Wir wissen, dass dies nicht auf Begeisterung stößt – vor allem für StayingPawwsitive, Dootdootledootd0 und Britney__Tears. Das liegt daran, dass es, wie schon beim letzten Abschied von den AIM-Alias-Namen, an der Zeit ist, mit der Entwicklung Schritt zu halten. Wir möchten, dass Sie, BigDaddyFlash916, sich daran orientieren, wer Sie sind, und nicht unter einem mystischen Namen verstecken. Selbst wenn diese Mystik für Sie und Ihr Dating-Leben entscheidend ist, ist das Bullshit.

Ist ein heißer Ritt, den die Leute da gerade fahren. Gerade in ländlichen Umgebungen dürfte es peinlich werden, wenn der oder die Dating-Suchende leicht identifiziert werden kann. Spätestens, wenn die Person im Ort als 'geh mal schau, hast Du schon gehört, wer mal wieder daten will' gehandelt wird, ist der/die Betreffende durch.

Nutzer sind not amused

Wie ich hier lese, kam das Ganze bei den Nutzern nicht so wirklich gut an. Dort schreibt man, dass mit dem Abschalten des AIM-Messengers die Zeit der Alias-Namen zu Ende zu gehen scheint. Hier schreibt man, dass andere Dating-Plattformen, wie Tinder und Bumble, darum bitten, dass man seinen richtigen Namen benutzt, indem man sich über Facebook einloggt. Dies ist wohl der Grund, warum sich viele Leute dafür entscheiden, OkCupid überhaupt zu benutzen. Sie wollen die Möglichkeit, mehr über potenzielle Dates durch detaillierte Profile und Nachrichten zu erfahren, bevor sie echte persönliche Informationen weitergeben. Und die Nutzer wollen nicht, dass ihre Antworten auf intime Fragen für alle sichtbar sind. Und wenn ich an den Hack des Seitensprungportals Madison denke (siehe Seitensprung-Seiten-Hack: Daten im Netz), sind Klarnamen eher keine gute Idee. Die Benutzer rebellieren und die App sank binnen Stunden in der Bewertung auf 2 Sterne.

Um die Sache noch schlimmer zu machen, hat OKCupid einige Leute aus der App ausgeschlossen, bis sie die Änderung des Benutzernamens vorgenommen haben. Andere Nutzer der App waren verärgert, weil sie kürzlich fast $50 angezahlt hatten, um die Möglichkeit zu haben, ihren Benutzernamen durch ein Premium-Upgrade zu ändern. (Dies war die einzige Möglichkeit, diese Option zu diesem Zeitpunkt zu erhalten.) Klassisch zu kurz gesprungen, denn mit der neuesten Änderung wird die Funktion zur Namensänderung jetzt frei verteilt – eine Rückerstattung gibt es nicht.

OKCupid rudert zurück, ein bisschen

Und dann scheint man bei OKCupid ein wenig zurück zu rudern. Jedenfalls gibt es diesen Tweet vom 22. Dezember:


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Und im Blog hat man folgendes nachgeschoben:

Wir haben auch von vielen Mitgliedern unserer Community gehört, dass sie die Privatsphäre wahren wollen, die sie mit frei gewählten Benutzernamen genießen. Mit dieser Änderung werden wir keine vollständigen Namen sammeln; stattdessen ermutigen wir unsere Benutzer, den Namen zu wählen, den sie gerne hätten, wenn sie ihre Daten bei OkCupid abrufen werden.

Gut, klingt wie die Rolle rückwärts. Die alten Profilnamen werden gelöscht, der Nutzer muss einen neuen Profilnamen wählen. Es muss dabei nicht der behördlich erfasste Name gewählt werden. Ein OkCupid-Speicher hat Gizmodo mitgeteilt, dass der neue Nutzername aus mindestens zwei Wörtern bestehen muss, aber keine Ziffern, Symbole oder Emojis aufweisen darf.

Nutzernamen
(Quelle: OkCupid)

Bedeutet aber, dass Personen, die z.B. ihren Wohnort und einen Namen verwenden, u.u. identifiziert werden können. Life Hacker empfiehlt, einfach zu schwindeln und irgend eine Stadt und einen Namen zu verwenden. Ziffern kann man ja ausschreiben.

Ich sag's mal so: Luxusprobleme der first World – und immerhin erhellend, dass die Nutzer drüben in Amiland nicht jeden Mist mit machen. Fazit: Das neue Jahr fängt ja gut an.

In diesem Sinne – man liest sich, hier im Blog, mit Klarnamen von meiner Seite – und ihr könnt weiter jeden beliebigen Alias wählen – solange die Netiquette bei Kommentaren gewahrt bleibt.


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2 Antworten zu Dating-Plattform OkCupid und die ‘Klarnamenpflicht’

  1. Christian sagt:

    …ach wie gut dass niemand weiss, dass ich

    – Anna Bolika oder auch
    – Erika Gen (alias Gen-Erika)
    heiss!!!

    Euer Klaus Trophobie
    (alias Christian)

  2. Tim sagt:

    Das Datingplattformen überhaupt noch funktionieren wundert mich.

    Vor Jahrzehnten wars neu und witzig und hatte eher kennenlern-charm von guten Communities, aber seit Hochglanzfotozwang, einseitiger Zahlerei und reinen Katalogprodukten mit Profilblätterei ohne drumrum, ist für mich der Spaß dabei verloren gegangen und das ganze zu undurchsichtig geworden.

    Obendrauf so Geschichten, wie nach dem Hack dieser Seitenspringeragentur. Wieviele Frauen gabs da doch? Soll man jeder Tindern und was weiß ich, ich halt mich da raus…

    Grad im Netz sind dir eh die immer Leute sympatisch, die direkt auf der ganz anderen Seite der Welt wohnen. Da auch nicht wirklich jeder immer gleich umzieht, ist Partnersuche einfach was lokales… klassisch an der Milchtheke oder beim gemeinsamen Sport etc… Irgendwie doch auch romantischer, als später den Kids zu erzählen, da gabs son Katalog und Mutti hatte nen schickes Selfi als Profilbild…

    Nebenbei:
    Mit Klarnamenzwang ist doch auch schon Google gegen Windmühlen gelaufen. So ein "kleiner Dienst" begeht mit sowas höchstens Selbstmord, das will halt niemand.
    Erst recht nicht bei so "Peinlichkeiten" erwischt werden…

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