Smart Home: Der ‘Feind’ sitzt nebenan

Smart Home ist eines der Trend-Themen der letzten Jahre: Alles wird einfacher, komfortabler, sicherer. Die Kehrseite: Sicherheitslücken in Smart Home-Komponenten (Türschlösser, Überwachungskameras etc.) verleiten zum Missbrauch. Dabei sitzen die Angreifer meist in unmittelbarer Nähe des Opfers. Oder platter ausgedrückt: Der Stalker kommt direkt aus der Familie oder der Nachbarschaft.


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Eigentlich verspricht die Industrie ja, dass das Smart Home, also das intelligente Haus' das Leben seiner Bewohner einfacher und angenehmer mache. Aber dieser Trend 'erst einmal machen und dann vielleicht irgendwann nachdenken' offenbart nun seine Schattenseiten. Denn Sicherheitslücken in den Geräten öffnen dem Missbrauch Tür und Tor. Hinzu kommt, dass das Großteil der Benutzer oft keine Ahnung bezüglich der Absicherung der IoT-Geräte hat.

Smartphone
(Quelle: Pexels Lisa Fotios, CC0 Lizense)

Wenn ich hier über IoT-Geräte wie Webcams oder ähnliches und deren Sicherheitslücken berichte, schwingt häufig 'da können Hersteller und Drittstaaten schön überwachen' mit. Aber der wahrscheinlichste Angreifer für Smart Home-Geräte kommt aus dem eigenen Haushalt oder der direkten Nachbarschaft. Ein Smartphone reicht oft, um die Kontrolle zu übernehmen (siehe z.B. diese Meldung (gelöscht)).

Ein Negativtrend in den USA

In den USA scheint sich Smart Home nun zu einem gewissen Problem auszuwachsen, nachdem genügend Leute auf den Zug aufgesprungen sind. Stalking, Überwachung der Partner scheinen an der Tagesordnung zu sein – für die Betroffenen oft ein Desaster. Die New York Times hat Interviews geführt und die Ergebnisse in diesem Artikel veröffentlicht.

  • Die Recherchen zeigen, dass Täter intelligente Lautsprecher, Sicherheitskameras, Türklingeln und andere angeschlossene Geräte im Smart Home ausnutzen, um ihre Opfer zu kontrollieren, zu belästigen und zu verfolgen.
  • Das reicht vom Ausspionieren des eigenen Partners bis hin zu Belästigungen oder Einschüchterungsversuchen.
  • Letzteres erfolgt durch Abbrechen der gerade wiedergegebenen Musik, oder durch das Umstellen von Beleuchtung oder Temperatur.

Smart Home scheint das ideale Pflaster für Psychopaten, um Mitbewohner einzuschüchtern oder sogar echte Schäden zuzufügen. Eine Frau wird im Artikel zitiert, dass sie ihre Klimaanlage eingeschaltet  hatte. Diese schaltete sich aus, ohne dass die Frau die Einstellungen berührt hatte. Ein Interview-Teilnehmer sagte, dass sich die Codenummern seines digitalen Schlosses an der Haustür jeden Tag ändertet. Er konnte nicht herausfinden, warum. In den USA gibt es inzwischen Missbrauchs-Helplines. Dort erzählte ein Anrufer, dass die Türklingel immer wieder ging, obwohl niemand da war.

Früher Klingelstreich, heute Werkzeug zum Stalken

Was früher der berühmte Klingelstreich von Lausbuben war, wächst sich inzwischen wohl zum Problem aus. Die von der New York Times ausgegrabenen Geschichten sind Teil eines neuen Verhaltensmusters in Fällen von häuslichem Missbrauch, das mit der zunehmenden Verbreitung der Smart Home Technologie verbunden ist. Internet-verbundene Schlösser, Lautsprecher, Thermostate, Leuchten und Kameras, die als neueste Annehmlichkeiten vermarktet wurden, werden nun auch als Mittel zur Belästigung, Überwachung, Rache und Kontrolle eingesetzt.

Wer sich für das Thema interessiert, findet hier den Original-Artikel. Falls dieser nicht abrufbar sein sollte, Engadget hat hier und CSOnline hat hier über das Thema berichtet. An dieser Stelle fällt es schwer, seine Genugtuung zu unterdrücken, wurde man doch bei Warnungen vor der Technologie oft als Bremers und Bedenkenträger abqualifiziert. Aber ich behaupte einmal, gut 99% der Nutzer von Smart Home-Technologie haben keinen blassen Schimmer, wie das Zeugs funktioniert. Und jetzt erfährt der naive Fortschrittsglaube ziemlichen Schiffbruch. Oder sehe ich das mal wieder falsch? Wie sind eure Erfahrungen?


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4 Antworten zu Smart Home: Der ‘Feind’ sitzt nebenan

  1. Paul Brusewitz sagt:

    Die Menschen haben es bisher immer geschafft jede nützliche Erfindung zu missbrauchen und in ihr Gegenteil umzukehren. Warum sollte es mir Smart Home/ IoT anders sein/werden? Am Ende landet das Ganze dann wieder beim Staat und der Legislative, mit der Forderung nach Strafe und scharfen Gesetzen, die dann aber Alle betreffen.

    Übel auch, wenn der Staat einen zur Nutzung solcher Dinge zwingen will (siehe Smartmeter, statt klassischer Drehstromzähler). Wenn der Nachbar dann das Ding "gehackt" hat und ich die doppelte so hohe Stromrechnung erhalte, tut derselbe Staat vermutlich nix um mich vor so etwas zu schützen, nachdem er mir den/das (?) Smartmeter auf's Auge gedrückt hat.

    Schöne neue Technikwelt …

    Freunliche Grüße
    P.B.

  2. David Teichfloh sagt:

    …einfach nur volle Zustimmung…

    Die einhergehende Vernetzung läuft parallel mit der steigenden Verblödung.
    – kaufen (will haben!!)
    – einbauen (das geht je einfach)
    – einschalten (Bedienungsanleitung? Wozu?)
    – nutzen
    … und sich dann wundern, wenn etwas nicht so geht, wie man will.
    Hintergrundwissen (zum Beispiel: wozu ist eine Verschlüsslung da?) : Fehlanzeige!

    Traurig, aber wahr…

  3. Ich kenne das von meinem Chef der baut sich auch all mögliche Sicherheitssoftware und Überwachung in seine Wohnung ein, im pchilfe Forum war auch mal so ein Thread weil irgendwer das Handy seiner Kinder Überwachern wollte, das hat zwar mit IOT nichts zu tun da beginnt das Spielchen.
    Es ist zwar verständlich sich und seiner Familie ein bisschen Sicherheit zu geben, aber besonders viel halte ich von all dem gar nichts, es ging auch ohne ständige Kontrolle.

    Ich wollte gerade schreiben, ich bin ja auch erwachsen geworden aber ich bin glaube ich ein schlechtes Beispiel.

    • Ralph sagt:

      Wieso solltest Du ein schlechtes Beispiel sein? Auch ich bin erwachsen geworden, nicht zum Schwerverbrecher mutiert, nicht als Kind sexuell missbraucht worden. Und das ganz ohne Handy und/oder ganzheitliche Überwachung und Kontrolle. Das gab es zur Zeit meiner Kindheit nämlich alles noch nicht. Auch Hausautomation gab es nicht. Wir standen noch auf, um den Fernsehsender oder die Lautstärke am Gerät zu ändern, denn auch Fernbedienungen gab es nicht.

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