Cisco trickst Käufer mit ‘Smart Licensing System’ aus

Kleiner Infosplitter in Sachen Cisco und Lizensierung: Der Netzwerkgerätehersteller hat die Lizenzen für seine Software von den Geräten entkoppelt. Wer eine gebrauchte Cisco-Hardware kauft, bekommt nicht automatisch die Lizenz für die Software. Das Ganze nennt sich 'Smart Licensing System' und ist seit 2018 aktiv.


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Ich hatte ja vor einigen Tagen erst das brisante Thema Lizenzen in der Artikelreihe Fallen beim Online-Softwarekauf: Die Lizenzfrage – Teil 4 gestreift. Nun stoße ich bei ifixit.com auf diesen Artikel, der die nächste Sauerei adressiert.

Wie es bisher war

Bisher war es m.W. so, dass man ein Gerät wie einen Switch, Router oder eine Firewall-Applicance bei Cisco kaufte und damit auch die benötigte Firmware erhielt. Die setzte man ein und wenn die Geräte eventuell durch Neuware ersetzt wurde, konnte man noch funktionsfähige Altgeräte an Dritte verkaufen. Die Software-Lizenzen wanderten m.W. mit den Geräten zum Käufer mit. Das hat sich nun geändert.

Smart Licensing System für Cisco-Geräte

Ohne das an die 'große Glocke' zu hängen, hat der Netzwerkgerätehersteller Cisco sein neues Smart Licensing System für den Großteil seiner Produkte scharf geschaltet. Das neue Smart Licensing System wurde zwar bereits 2014 eingeführt. Aber erst mit dem Update auf IOS XE 16.9 wurde dieses System im Oktober 2018 für die Switches der Serien Catalyst 3650, 3850 und 9000 von Cisco einführte.

Cisco behauptet, dass dies eine einfachere und flexiblere Verwaltung von Hardwarelizenzen ermöglicht. Aber der Pferdefuß ist, dass dieses Smart Licensing System die Eigentümer einschränkt. Dann diese können ihre Hardware nicht mehr einfach verkaufen, da die Lizenz nicht mehr an das Gerät gebunden ist.

Das Problem liegt am Smart Licensing System. Unternehmen können einen Pool an Lizenzen erwerben, die automatisch auf die eingesetzten Geräte verteilt werden. Die Verwaltung erfolgt dabei über einen Lizenzierungs-Server. Diese Geräte 'telefonieren regelmäßig mit Cisco' zur Validierung der Lizenzen. Kann eine Lizenz nicht verifiziert werden, fallen die Geräte nach einem Jahr in den "Evaluation Mode" zurück, wie iFixit schreibt. Der einzige Anbieter, dem dies aufgefallen ist, scheint wohl XSi zu sein. Die haben auf Curvature ein Webinar zu diesem Thema gehostet.

Das Ende des Eigentums am Gerät?

Da die Software-Lizenzen an das Konto des ursprünglichen Käufers gebunden sind, können Dritte nicht einfach einen gebrauchten Switch kaufen und ihn wie gewohnt verwenden. "Dies wird die Möglichkeit, gebrauchte oder generalüberholte Cisco-Hardware zu kaufen, die eine intelligente Lizenzierung ausführt, drastisch verändern, da der ursprüngliche Endbenutzer nur die Hardware besitzt, nicht deren Nutzung", erklärt Todd Bone, Gründer und Präsident von XS International. "Der Käufer hat keinen Anspruch und die Einheiten funktionieren nicht."

Stattdessen müssen Sie die Lizenz bei Cisco zurückkaufen und neu zertifizieren, was gemäß Curvature genug kosten könnte, um die Einsparungen durch den Kauf von gebrauchter Hardware zu kompensieren. Dies dürfte für Cisco rechtlich problematisch werden, da Gerichte auch in Deutschland den Erschöpfungsgrundsatz annehmen. Aber es gibt für den Käufer gebrauchter Cisco-Switches das technische Problem, die Lizenzen auf sein eigenes Konto zu übertragen – wie das praktisch gehandhabt wird, ist mir unbekannt.

Im iFixit-Artikel weist man noch auf ein weiteres Problem hin. Käufer von Cisco-Geräten erhalten ja vom Hersteller Support für die Firmware. Aber was ist, wenn ein Produkt das Ende des Supports erreicht. Bisher konnten Nutzer Unterstützung von Drittanbietern erhalten. "Es ist nicht klar, ob die Besitzer von Cisco-Hardware weiterhin Ansprüche außerhalb eines SMARTnet-Vertrags haben werden", sagt Bone. "Cisco kann den Zugriff auf seine Berechtigungsserver für Geräte, die sie nicht unterstützen, einschränken."


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Damit wird der Gebrauchtgeräte-Markt für Cisco-Hardware mehr oder weniger beerdigt. Als Konsequenz dürften viel mehr Cisco Geräte als Elektroschrott enden. Frage an Leute, die Cisco-Geräte einsetzen: Ist das ein Thema für euch und in Deutschland relevant?


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12 Antworten zu Cisco trickst Käufer mit ‘Smart Licensing System’ aus

  1. Jens sagt:

    Hallo,
    wir setzen in unserem Unternehmen ausschließlich Cisco-Geräte ein, jedoch nur Neuware und keine gebrauchten. Daher ist das Thema in sofern nicht von Bedeutung.
    Für mein eigenes Unternehmen verwende ich aber öfter gebrauchte Hardware von Cisco, einfach weil sie günstiger für den Endkunden ist. Nun muss ich prüfen in wie weit das noch sinnvoll ist.

  2. Swedish Chef sagt:

    Ich bin ehrlich, ich ich hänge auch an Cisco, einfach weil ich damit in den Beruf gewachsen bin. Allerdings geht Cisco immer mehr Schritte, wie z.B. den oben, die mir einfach nicht gefallen können. Da es zum Glück in dem Markt noch genügend kleine und große Alternativen gibt mache ich mir aber wenig Sorgen, dass man Cisco mit einem oder mehreren Herstellern ablösen kann.

  3. oli sagt:

    Wer regelmäßig fefe liest, hört ja schon seit Jahren von teilweise üblen Geschichten bzgl. Cisco (Backdoors etc.). Denke auch hier im Blog war Cisco öfter mal Thema. Zeit für Veränderung. Vor allem in Hinblick auf die ökologischen Folgen, die die nächsten Jahrzehnte auf uns zukommen werden, sind solche Praktiken zu bestrafen (ob okönomisch, gesellschaftlich, rechtlich, pr-technisch oder alles zusammen ist da eigt. egal, hauptsache es ändert sich was).

    • Günter Born sagt:

      Nun ja, die reddit-Quelle ist da auch nicht so belastbar – wer ist das? Welche Interessen stehen dahinter? Und wie schaut das aus, wenn Cisco plötzlich gezwungen wird, die Huawei-Karte gegenüber missliebigen Staaten zu spielen?

      Ich habe daher vor einigen Stunden diesen Post bei administrator.de mit der Frage eingestellt, ob das relevant oder nur ein Papiertiger ist. Die Antworten liest jeder selbst.

  4. Karl sagt:

    Als Ersatz falls es Probleme mit der produktiven Cisco gibt, habe ich eine catalyst3560 gebraucht für ein bessere Trinkgeld in 2017 gekauft. Damals getestet und in den Schrank gestellt.
    Von daher ist das ein Thema.
    Ich weiss auch nicht, wie sich das nun verhält, wenn das produktive Gerät den Dienst nicht mehr tut und ich das Ersatzgerät einsetzen will.

    Ich werde sie zu Testzwecken mal wieder rausholen.

    An den Hausherrn: Danke für die Info hier.

    Damit tut sich imho Cisco keinen Gefallen bei Neukaufentscheidungen.
    Das ist so, als ob jemand einen Wagen als Gebrauchtwagen dann verkaufen möchte ( z.B. weil er einen größeren PKW oder in dem Fall Switch braucht) und der Käufer dann nicht mit fahren darf.
    Es ist in der IT mittlerweils schon vieles lächerlich.

    • Henry Barson sagt:

      Wo wir schon bei Auto Vergleichen sind, IIRC gehört einem das E-Auto nie komplett, da es die Batterie -mittlerweile- egal bei welchem Hersteller nur noch als Mietobjekt dazu gibt.

      Aber Cisco war für mich schon immer ein rotes Tuch, schon damals im eigens eingerichteten „Cisco-Lab" der Berufsschule hatte alles immer ein gewisses Gschmäckle, Stichwort Anfix-Programm und die BS wahrscheinlich kostenloses Schulungsmaterial. Durch Zufall in den 2000ern über HP/Aruba/HPE gestolpert und seitdem mit ganz wenigen Ausnahmen auch dort geblieben.

  5. RUTZ-AhA sagt:

    Wer mit Cisco verheiratet ist, hat es nicht besser verdient.
    Es gibt mehr als genug Konkurrenzprodukte, die einen besseren Ruf haben und nicht mit solch miesen Tricks arbeiten.
    Außerdem haben die Käufer eine unschlagbare Macht, sie müssen nur mit Kaufverweigerung drohen und eben auch konsequent reagieren, dann vergeht Cisco sein Gemache ganz schnell.

  6. Michael Trautes sagt:

    Hallo,

    die Geräte haben "ohne" License weiterhin alle Basis Funktionen – wie auch "früher" das der Fall war. Eine License ließ sich auch "früher" nicht gemäß EULA übertragen. Daran hat sich nur nie einer gehalten. Den die Software auf einem Gerät, die man "nachträglich" aktiviert hat – war immer schon nur für den User "Licensiert" auf dessen Namen die ausgestellt war. Ich habe bei keinem "Gebrauchten" jemals das License Dokument "mitbekommen" oder "angeboten" bekommen. Dadurch wurden viele Licensen "Mehrfach" aktiviert – was mit einem "Trick" ging. Genau diesen Trick gibt es nicht mehr. Man kann aber weiterhin auch die License die man als "Smart" License erwirbt auf jemand anderen überschreiben lassen. (TAC Case aufmachen).

    Und das Licensen "ablaufen" ist ja mitlerweile bei vielen Herstellern "üblich" – und Firmware Updates (Kostenfrei) gibt es lt. EULA bei allen Herstellern nur für den "Erstkäufer" – nur bei einigen wird es auch kontrolliert.

  7. Thomas sagt:

    Hallo,

    es gibt nach wie vor einen, nun aber etwas umständlicheren Weg, um offline Lizenzen einzuspielen.
    https://community.cisco.com/t5/smart-licensing-enterprise/cisco-software-smart-software-licensing-specific-license/ta-p/3630681
    Das Stichwort ist: Cisco Specific License Reservation
    Wir haben auch überall Cisco im Einsatz und ich persönlich finde das auch eine Frechheit.
    Da ich die zukünftigen Planungen und Entscheidungen für Netzwerkkomponenten inzwischen selbst entscheiden darf, werde ich ebenfalls nach Alternativen suchen.

    • Simon sagt:

      Zugegeben die Entwicklung ist nicht toll, aber dies werden früher oder später alle Hersteller umsetzen, um die Gewinne zu maximieren. Wie "Michael Trautes" sagt können Lizenzen innerhalb weniger Stunden via TAC Case umgeschrieben werden, Cisco verlangt hier lediglich eine Rechnung als Beweis.
      Zur Lizenzierung einfach den Cisco SMSS verwenden, dann muss die Hardware nicht ins Internet und man kann auf den umständlichen manuellen Weg verzichten.

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