40% der Isländer verwenden Coronavirus-App, Nutzen nahe 0

Für Island steht eine App zur Verfügung, die Kontakte mit Coronavirus-Infizierten meldet. Fast 40% der Isländer nutzen die App – aber der Nutzen ist eher gering. Jedenfalls ist die App kein Game-Changer, wie das von manchen Kreisen gerne ins Spiel gebracht wird. Hier einige Informationen und Gedanken rund um dieses Thema.


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'Hoffnungsträger' Coronavirus Tracing-App?

Eine App, die Kontakte mit möglichen Coronavirus-Infizierten meldet, gilt ja als heiliger Gral bestimmter Kreise. Man trägt die App, natürlich müssen alle 'freiwillig' gezwungen mitmachen – dann können Ausgangsbeschränkungen aufgehoben werden und wir sind bald Coronavirus-frei. So die vermeintlich frohe Botschaft.

Der absolute Tiefpunkt in der Kakophonie der diesbezüglichen Protagonisten kam vor einigen Tagen von EU-Abgeordneten Axel Voss. Zur Erinnerung: Herr Voss war je seinerzeit Berichterstatter in Sachen EU-Urheberrecht und glänzte damals bereits durch ziemliches Unverständnis der Debatte. Golem hat die Themenfelder Leistungsschutzrecht und Upload-Filter im Voss'schen Universum hier aufgegriffen.

Hätte er ab da seinen Mund gehalten, wäre es als ein Ausrutscher durchgegangen. Aber Herr Voss hat der FAZ ein Interview in Sachen App, mit der Kontakte zu Corona-Infizierten nachverfolgt werden können, in seiner Eigenschaft als EU-Parlamentarier gegeben. Die Botschaft in Sachen 'App, mit der Kontakte zu Corona-Infizierten nachverfolgt werden können':

Wir brauchen dringend digitale Unterstützung, um die Pandemie einzudämmen – neben den Schutzmasken und neben den vielen Tests.

Voss sagt, dass alles nur freiwillig gehe, man aber mindestens 60 Prozent Nutzer braucht, damit das großflächig funktioniert und man neue Infektionscluster schnell erkennen könne. Er geht davon aus, dass man Anreize setzen muss. Seine Theorien: Eine solche App diene dem Selbstschutz, jemand der gewarnt wird, dass er einem Infizierten zu nahe kam, könne sich schnell testen lassen und auch vorsorglich in Quarantäne gehen. Als Anreiz sollen Leute, die eine solche App nutzen, auch zuerst wieder ins Restaurant, ins Kino, ins Theater und ins Freibad gehen dürfen. Den Rest seine Ausführungen kann man getrost ignorieren, zeichnet Voss sich – zumindest in meinen Augen – durch gravierende Unkenntnis in Sachfragen aus. Bei Interesse: Golem hat in diesem Artikel die Kakophonie und Vorstellungswelt unserer deutschen Abgeordneten bezüglich der freiwillig erzwungenen Kontaktverfolgungs-App aufgezeichnet.

Kontaktverfolgung per App: Nutzen und Datenschutz

Ein zentraler Punkt der Gegner einer App zur Verfolgung möglicher Kontakte mit infizierten Personen ist der Datenschutz. Berechtigt wird darauf hingewiesen, dass die Standorterfassung von Millionen Bürgern aus Datenschutzgründen nicht zulässig ist und man den Anfängen des Überwachungsstaats wehren müsse. Das ist nicht von der Hand zu weisen, aber hier wird ja nachgedacht, wie das Ganze ohne Standorterfassung und weitgehend anonym erfolgen kann.

Gehen wir davon aus, dass der Punkt 'Datenschutz' befriedigend gelöst werden kann. Und postulieren wir auch, dass die Verfügbarkeit entsprechender Geräte eine App-Nutzung von 60% ermöglicht, bleibt die Frage aller Fragen: Funktioniert dieser theoretische Ansatz der Kontaktverfolgung per App überhaupt? Ein Game-Changer wird das nur, wenn die Zahl der möglichen Infektionen zuverlässig erkannt und die Zahl der Fehlalarme nahe Null ist.

Hier führen einige Leute eine Reihe bedenkenswerter Gründe an, die zumindest Zweifel an der schönen rosaroten Welt des Axel Voss und seiner Sinnesgenossen aufkommen lassen. Von der Unmöglichkeit, per Bluetooth Abstände sicher zu erfassen, über Infektionen durch Kontakt mit Oberflächen, auf denen das Virus vorherrscht, bis hin zu Fragen 'was ist, wenn zwei Handys per Bluetooth Kontakt haben, deren Besitzer aber nicht zusammen kommen können' (Stichwort: Handtaschen liegen nebeneinander, Wand zwischen den Trägern etc.), ist alles dabei. Die Kollegen von Golem habe dazu diesen Artikel veröffentlicht. Sicherheitsexperte Bruce Schneier erklärt, warum er die Corona-Apps jenseits von Datenschutzbedenken für nutzlos hält.

Und seine Gründe sind stichhaltig – es geht vor allem um die Zuverlässigkeit der Warnungen. Stichwort sind die falsch-positiven und falsch-negativen Ergebnisse, die solche Apps schlicht unbrauchbar  machen.


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  • Gibt es zu viele falsch-positive Alarme, befinden sich die Leute ständig ein Selbst-Quarantäne und müssten sich bis zum Abwinken testen lassen.
  • Gibt es zu viele falsch-negative Alarme, wird die App die Ausbreitung des Coronavirus nicht genügend aufhalten können.

In beiden Fällen gilt: Die App, die eigentlich die Freiheit zurück bringen sollte, ist dann nutzlos. Und wenn die Adaptionsrate nicht hoch genug ist, ist das auch ein Problem. Schneier merkt im Gespräch mit Golem an, dass selbst in Singapur die Adoptionsrate der App nicht über 20 Prozent hinausgekommen sei. Und es gibt die Erkenntnis, dass sich das Virus manchmal anders verbreite als in der App (z.B. Infektion bei weniger als zwei Meter Abstand bei über zehn Minuten Kontakt) definiert.

Erkenntnisse aus Island stützen die Kritiker

Die obigen Informationen basieren auf Annahmen und theoretischen Überlegungen. Aber könnte eine App mit hohem Nutzungsgrad nicht doch einen Nutzen haben. Singapur wurde bereits angerissen, aber dort lag der Nutzungsgrad bei 'nur' 20 %. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse, auf die ich in diesem Artikel (hinter Registrierungs-Wall) gefunden habe.

Als in Island am 28. Februar der erste Fall von Covid-19 auftrat, sprang die Maschinerie der isländischen Behörden an. Island ist durch seine Insellage abgeschottet und die Isländer haben frühzeitig Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen ergriffen. Das Land begann frühzeitig Personen zu testen, bei denen ein hohes Risiko bestand, sich mit dem Virus anzustecken. Sobald sich der Ausbruch der Krankheit bestätigte, begann man rasch damit, öffentliche Tests in viel größerem Umfang durchzuführen. Zudem baute die Regierung rasch ein Team zur Kontaktverfolgung auf. Personen mit einer positiven Diagnose wurden befragt, um Personen aufzuspüren, mit denen sie in Kontakt gekommen waren.

Innerhalb weniger Wochen verfügten die Isländer auch über ein weiteres Hightech-Instrument: die Kontakt-Tracing-App zur automatischen Rückverfolgung von Infektionen. Island hat also eine funktionierende Coronavirus-Tracing-App, die von 40% der Bevölkerung benutzt wird. Also ideale Voraussetzungen.

Die App Rakning C-19, startete das Anfang April und wurde seinerzeit als eine Möglichkeit begrüßt, "das Aufspüren von Übertragungen zu erleichtern". Es verfolgt die GPS-Daten der Benutzer, um eine Aufzeichnung darüber zu erstellen, wo sie sich aufgehalten haben, so dass Forscher – mit Erlaubnis der Nutzer- prüfen können, ob Personen mit einer positiven Diagnose die Krankheit möglicherweise verbreiten.

Laut dem Covid Tracing Tracker des MIT Technology Review hat die App die weltweit höchste Durchdringungsrate aller Kontakt-Tracker, da es von 38% der 364.000 Isländer heruntergeladen wurde. Doch trotz dieses frühen Einsatzes und der weit verbreiteten Nutzung sagt eine hochrangige in der Covid-19-Bekämpfung des Landes involvierte Persönlichkeit, dass die tatsächlichen Auswirkungen der Rakning C-19-App, im Vergleich zu manuellen Ortungstechniken wie Telefonanrufen, gering waren.

"Die Technologie ist mehr oder weniger … ich würde nicht sagen, nutzlos", sagt Gestur Pálmason, ein Kriminalinspektor der isländischen Polizei, der die Bemühungen zur Ermittlung von Kontaktpersonen überwacht. "Aber es ist die Integration der beiden, die Ergebnisse bringt. Ich würde sagen, es [das Rakning] hat sich in einigen wenigen Fällen als nützlich erwiesen, aber für uns war es keine Neuerung." Gestur Pálmason wird hier folgendermaßen wiedergegeben:

Diese Technologie ist mehr oder weniger zufriedenstellend… Ich würde nicht sagen, dass sie nutzlos ist, aber sie ist nicht perfekt. Die Kombination mehrerer Verfolgungsmethoden könnte andererseits relevantere Ergebnisse liefern. Rakning C-19 hat sich in einigen Fällen als nützlich erwiesen, aber das hat die Situation für die Verbreitung des Virus in unserem Land nicht geändert. 

Pálmason sagt, dass es Fälle gegeben habe, in denen die Daten nützlich waren. Generell seien aber die Auswirkungen der automatisierten Rückverfolgung, von Menschen, die eifrig nach technologischen Lösungen für die Pandemie suchten, übertrieben worden. "Das ist verständlich, denn eine App ist Zeug, das man kaufen kann", sagt er. "Aber ich mache jedem klar, dass die manuelle Rückverfolgung nicht weniger wichtig ist." Ergänzung: Business Insider hat hier noch einen englischsprachigen Artikel mit einer ähnlichen Zusammenfassung veröffentlicht. Quintessenz: Die App ist kein 'Game-Changer', der aber eigentlich gebraucht wird, wenn es irgend einen Sinn machen soll.

Man könnte noch argumentieren, dass sich isländische Verhältnisse nicht auf Deutschland übertragen lassen. Es ließe sich auch argumentieren (wie in einem Kommentar angeklungen), dass der Mann keine Ahnung hat. Wenn ich aber die Personen, die an der Spitze der Erkenntniskette bezüglich Kontaktverfolgung sitzen, als nicht relevant abtue, auf wen will ich mich dann beziehen?

Und man könnte hoffen, dass eine Kontrakt-Tracing-App doch irgendwie einen Nutzen hat. Antworten könnte eine Modellierung liefern, wo Nutzungsgrad der App, Infektionsraten, R-Wert und die Fehlalarme der App als Parameter einfließen. Ich selbst bin nicht der richtige Mann für so was, da Zeit, Werkzeuge und praktische Erfahrungen fehlen (die Zeiten, wo ich mich mit einfachen Modellen befasst habe, liegen Jahrzehnte zurück). Alleine, ich fürchte, die Ergebnisse dürften ernüchternd sein. Die Heilsversprechen der Protagonisten hinsichtlich solcher Apps, speziell aus der Politik, sind aus diesem Blickwinkel als Scharlatanerie einzustufen.

Viele technisch affine Menschen hoffen, dass die große Reichweite der US-Giganten aus dem Silicon Valley einige der sozialen und technischen Hürden überwinden wird, mit denen Tracing-Apps konfrontiert sind. Wenn aber eine kleine, sozial auf Zusammenhalt setzende und geographisch isolierte Nation wie Island nur 38% Durchdringungrate in der Bevölkerung für die App erreichen kann, könnte dies darauf hindeuten, dass die Bemühungen in anderen Ländern Schwierigkeiten haben werden, den erforderlichen Grad an Akzeptanz zu erreichen. Und wenn eine solche App bei den niedrigen Infektionsraten von Island wenig zur Verfolgung der Kontakte leisten kann, dürfte das erst recht nicht in Ländern mit höheren Infektionsraten funktionieren. Technik kann es voraussichtlich also nicht leisten. Das sollte ein heftiger Fingerzeig für Alle sein, die ihr Heil in einer Kontaktverfolgungs-App, in Zusammenhang mit sonstigen Lockerungen, suchen.

Ergänzung: Inzwischen hat Golem das Thema hier mit einigen zusätzlichen Informationen aufgegriffen.


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25 Antworten zu 40% der Isländer verwenden Coronavirus-App, Nutzen nahe 0

  1. Gerold sagt:

    Hallo Günter, mit diesem Bericht über Corona hast Du die Büchse der Pandora geöffnet, ich mache den Anfang mit einer Mitteilung des Schweizer Fernsehens über Norwegen:

    Norwegens Gesundheitsbehörde: Schulschliessung hat nichts gebracht

    Die Schulen in Norwegen hätten wegen der Coronakrise gar nie geschlossen werden müssen. Zu diesem Schluss kommt die Gesundheitsbehörde des Landes. Sie hat alle 8000 Krankheitsfälle im Land nachverfolgt und keinen einzigen gefunden, bei dem ein Kind das Virus weitergegeben hat.

    Nordeuropa-Mitarbeiter Bruno Kaufmann erklärt: «In diesem 60-seitigen-Bericht hat man tatsächlich keinen klaren Fall gefunden, bei dem das Virus von Jugendlichen unter 20 Jahren verbreitet wurde. Und man hält auch fest, dass die Schulschliessungen enorme Folgekosten für die Volksgesundheit und die betroffenen Familien haben.» Weiter sagt der Bericht, auch die Schliessung von Zahnärztinnenpraxen und Physiotherapien sei nicht nötig gewesen. Auch die umfassenden Reisebeschränkungen innerhalb Norwegens hätten nicht viel gebracht, so die norwegische Gesundheitsbehörde.

    • Ron D sagt:

      nö, nix "Büchse von pand…", nur die wirklich nicht neue Erkenntnis, dass der gern blinde Glaube an Technik-Lösung schlicht blödsinnig war, IST und bleibt (weil viel zu eindimensional). Immer schon. Und in komplexeren Gemengelagen, wie Corona sowieso immer immer immer schon!
      Dazu bedarf es eig. nur 3g common sense. Über den jede(r) verfügt. Aber den meisten bleibt es halt erspart, freundlich formuliert. Erkannte bereits der Herr Goethe…
      :-P

    • Günter Born sagt:

      Nun, der Beitrag hat zwei Ziele gehabt: a) die verfügbaren Informationen mal wieder zusammenzufassen und den blinden Glauben an 'Technik löst alles' zurecht zu rücken und b) ggf. die Diskussion anzustoßen.

      Momentan ist mir von Politik und Journalismus deutlich 'zu wenig Wissen und zu viel Meinung' im Spiel. Da gilt es gegen zu halten – und ggf. Informationen frühzeitig mit ins Spiel zu bringen.

      Dass Schulschließungen eventuell nicht der Bringer in Sachen Infektionsketten unterbrechen sind, hatte ich vorher (ca. 1 bis 2 Wochen her) schon gelesen. Wenn ich mich richtig erinnere, was es ein Bericht über Österreich, wo Infektionscluster analysiert wurden. Kein Ausbruch eines Clusters ging auf eine Kita- oder Schule zurück.

      Wir stehen aber immer noch am Anfang eines Erkenntnisprozesses, wo sich einige Annahmen als falsch erweisen oder korrigiert werden müssen.

  2. nook sagt:

    Vorne weg:
    Hinterher ist man immer schlauer, und
    wer nichts macht, macht garantiert nichts verkehrt!

    Meiner Tante (76) empfiehlt der Hausarzt ein Smartphone für die App, Sie hat noch ein klassisches Handy. Das ist schon grenzwertig!
    Habe Ihr einen Notizzettel für den nächsten Besuch beim Doc mitgegeben:
    Welche Androidvers., Bluetooth Standard, Fitnesstracker und vor allem für welche App?

    Bedauernswerte Wissenschaftler, oder was interessiert mich mein Geschwätz von gestern. Forschung und Erkentnisse stehen nicht still!
    siehe von heute:
    "Studien zufolge infizieren sich Kinder zwar ebenso leicht wie Erwachsene und können ihrerseits andere anstecken. Doch in der Regel verläuft die Infektion bei ihnen asymptomatisch oder sehr mild – so jedenfalls dachte man…"
    scinexx.de news medizin

  3. deoroller sagt:

    Besser ist es, man lässt einen Haufen R2-D2 im öffentlichen Raum patrouillieren, die jedes Lebenszeichen scannen, auswerten und umgehend Trouper bei Unregelmäßigkeiten informieren. Da muss keiner eine App freiwillig installieren und dazu überredet werden. Wer sich im öffentlichen Raum bewegt, gibt automatisch seine Einverständnis, zum Wohle der Allgemeinheit und seiner eigenen Sicherheit überwacht zu werden.

  4. mw sagt:

    Technische Lösungen, dazu gehört die Kontaktverfolgung mit einer App, kommen immer dann in Frage, wenn man das Problem durchdrungen und verstanden hat. Doch davon ist die Wissenschaft noch sehr weit entfernt. Täglich gibt es neue Erkenntnisse und Widersprüche. Insofern ist der Glaube, die App könne das Problem, das man noch gar nicht verstanden hat, lösen, nur ein Märchen. Aber manche intellektuell unbewaffneten menschen, wie Herr Voss, meinen ihre undeudeutende Meinung dazu verbreiten zu müssen. Mein Tipp: Vegessen Sie die App. Nützen Sie konventionelle Maßnahmen zum Infektionsschutz, setzen Sie sich für ein Verbot von Patentschutz für Medikamente und Diagnostica ein.

  5. 1ST1 sagt:

    Ich kann nicht beurteilen, ob die App was bringt oder nicht. Man sagt ja, sie bringt erst ab 60% Nutzung etwas. Nunja, auf Island waren es nur 40%. Vielleicht hat es deswegen nichts gebracht? Hier gehts womöglich um eine selbsterfüllende Prophezeiung. In China und Südkorea haben entsprechende Apps scheinbar aber was gebracht, nur deren lascher bis garnicht vorhandener Privatspherenschutz möchte hier niemand hier sehen.

    • Günter Born sagt:

      Zu scheinbar was gebracht: Ad hoc habe ich keine Quellen – nur die 20 % Nutzungsrate in Singapur. Wenn aber 40% App-Nutzung als 'zu wenig' für Aussagen heran gezogen werden, kann ein 20%-Beispiel schlecht als 'hat was gebracht' dienen – zumindest nach meinem Verständnis. In diversen Artikeln, die ich in den letzten Wochen so überflogen habe, drang die Botschaft aber durch, dass die Hoffnung, dass die Technik in Form von Apps was bringt, sich eher nicht erfüllt habe.

      Als Referenzen würde ich Südkorea, Taiwan und Singapur heranziehen, bei China habe ich so meine Probleme, die Aussagen – sofern überhaupt verfügbar – auf die Goldwaage zu legen ;-).

      Was aber (nach meinem bisherigen Wissen) wohl gegriffen hat: Tests, Masken und Ausgangsbeschränkungen/Abstandsgebot und Quarantäne.

      • 1ST1 sagt:

        Hab ich was von Singapur geschrieben? Liegt Singapur etwa in China oder Südkorea? In Südkorea geht die Instllation der dortigen Corona-App eher gegen 100%. Allerdings wundert mich die niedrige Nutzungsrate in Singapur, die Regierung dieses Stadtstaates ist bei anderen Sachen viel rabiater, wer schonmal dort war, kennt das, und entsprechende T-Shirts, welche die dortigen Regeln etwas auf die Schippe nehmen.

  6. Steter Tropfen sagt:

    Da paart sich – wie so oft in diesen Wochen – Unwissen mit dem Brustton der Überzeugung. Ein virologisch völlig unbeleckter Kriminalinspektor kommt nach viel zu kurzer Zeit zu dem Ergebnis, eine Maßnahme sei mehr oder weniger nutzlos? Das ist seine private Einschätzung und verdiente eigentlich nicht, überhaupt weiter zitiert zu werden. Aber im Corona-Hype wird publiziert, was der Fundus hergibt und genau so entsteht die beklagte „Kakophonie".

    Wenn die Fallzahl und Falldichte nicht allzu hoch ist, kann eine solche App gar keine erkennbaren Effekte zeigen. Bei 62% Nichtnutzern ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich überhaupt zwei Nutzer begegnen, von denen auch noch einer infiziert ist, sowieso viel zu gering (und wer nimmt schon das Smartphone z.B. mit in die Sauna).
    Lasst mal die Fallzahlen in die Höhe schnellen – dann kommt der Inspektor Pálmason mit manuellem Telefonieren nicht mehr hinterher. Und dann drücken sie vielleicht jedem Isländer, ob er will oder nicht, so eine App aufs Auge.

    Nicht dass ich diese App fordern würde: Mir bereitet Bauchschmerzen, dass einfach vorausgesetzt wird, dass jeder Mensch ein Smartphone auf Schritt und Tritt mit sich herumträgt. – Wer das tut, wird sowieso längst getrackt und reicht seine Kontakte bereitwillig zur Überwachung ein, und das nicht mal an einen demokratisch kontrollierten Staatsapparat.
    Aber man sollte bei diesen Diskussionen dringend wissenschaftliche Standards einhalten und nicht auch noch breittreten, was vorgestern die Verkäuferin am Obststand als Expertise zum besten gegeben hat.

    • Günter Born sagt:

      Einspruch zu: 'Ein virologisch völlig unbeleckter Kriminalinspektor kommt nach viel zu kurzer Zeit zu dem Ergebnis, eine Maßnahme sei mehr oder weniger nutzlos? Das ist seine private Einschätzung und verdiente eigentlich nicht, überhaupt weiter zitiert zu werden. '

      Wenn ich es nicht gänzlich falsch gepeilt habe, ist der Herr in Island für die Verfolgung der Kontakte von Infizierten an der Spitze der Entscheidungskette verantwortlich. Wenn der ein Interview gibt, ist das nicht seine Privatmeinung, sondern basiert (hoffentlich) auf den Erkenntnissen der betreffenden Task-Force. Es gibt einen Podcast mit ihm, der den meisten Leuten wegen mangelnder Kenntnisse in isländisch wenig bringt.

      Wenn er sagt: Die Hoffnung, die auf der App lag, hat sich nicht erfüllt, die klassischen Methoden haben uns – bis auf einige wenige Fälle, die nicht ins Gewicht fallen – weiter gebracht, ist das schon eine Bank, auf der man bauen kann. Das Ganze bezieht sich auf die Nachverfolgung der Infektionsketten. Da braucht es keine Virologen – sondern Leute aus der Praxis, die dieses Handwerk verstehen. Und da halte ich einen Verwaltungsfachmann aus dem Polizeidienst durchaus für eine geeignete Person, das zu überblicken. Ist aber nur meine persönliche Meinung ;-).

  7. Georg S. sagt:

    Wenn mir der Staat ein Smartphone ohne GApps schenkt und die anfallenden Kosten für den Betrieb langfristig übernimmt, dann kann man über die Nutzung einer "Corona-App" bei zugesicherter, lückenlos nachvollziehbarer Anonymität reden.
    Dies leite ich von der Staatspflicht ab, dass das Gemeinwohl und damit auch die Bürger vor Gefahren zu schützen und die negativen Folgen zu minimieren sind.

  8. Tom sagt:

    Auf eine Corona Diskussion hier auf dem Blog mit 20 vermeintlichen Experten habe ich noch gewartet. Gibt es irgendwo Popcorn?

  9. Thorky sagt:

    […, gilt ja als heiliger Kral bestimmter Kreise.]
    Kurze Anmerkung: das Ding heißt Gral. 😉

    • Günter Born sagt:

      Ein Kommentar, wo ich wirklich nicht drüber diskutieren kann. Ist korrigiert, danke – bin wohl wieder auf die Schreibweise reingefallen – aber Artikel sollte 'in a hurry' vor meiner Physiotherapie raus …

      • Dekre sagt:

        Ich finde das so gar nicht schlecht – mit den Schreibweisen. Das spornte mich an zu suchen, was "Kral" noch so beuteten können. Unabhängig davon sind die Dialekte in Deutschland ja doch sehr verschieden. Da kann es schon mal passieren mit den harten und weichen Lauten.

        Kral, Gral, Graal etc sind sich irgenwie ähnlich. Es beutet wohl auch König (türkisch) und bedeutet auch ein rundes afrikanisches Dorf.

  10. Masine sagt:

    60% der Einwohner Deutschlands? also kurz gesagt JEDER!?

    Rechnen wir doch mal nach Stand: 2018

    82,93 Mio Einwohner
    davon 60% ergeben 49,758 Mio sollen diese App nutzen.

    das Ergebe: 100% zwischen 14 und 59 Jahren (in Summe sind das 49,11 Mio Einwohner) –> siehe Quelle

    Fehlen immer noch 0,648 Mio um auf die 60% Gesamtbevölkerung zu kommen.

    ähm…ja…..ne is klar

    Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1365/umfrage/bevoelkerung-deutschlands-nach-altersgruppen/

    Grüße

    • Dekre sagt:

      Das setzt voraus, dass jeder ein solches Ding hat UND benutzt UND mitführt UND funktioniert und der Akku nicht leer ist.

      Statistik ist dazu da, sich selbst zu belügen.

      • Deutschlehrer sagt:

        Zitat @Dekre:
        "Das setzt voraus, dass jeder ein solches Ding hat UND benutzt UND mitführt UND funktioniert und der Akku nicht leer ist."

        Und die, die jetzt noch dabei sind werden nochmal eingeschränkt: … UND die ein Gerät haben mit Android oder Äppel (wieviel % haben was anderes, weiss das jemand?) UND dieses Gerät ist noch nicht x Jahre alt, und unterstützt den benötigten BT-Standard (wieviel % sind "zu alt", weiss das jemand?)

        • Günter Born sagt:

          Wenn sich die Frage auf die deutsche Tracing-App beziehen sollte. Meine letzten Informationen besagten, dass man auf die Google- und Apple Bluetooth-API-Erweiterung für das Tracing aufsetzen will. Hinsichtlich Android habe ich kürzlich gelesen, dass Google die API über die Google Play Services ab Android 5.0 ausrollen will. Bei iOS weiß ich es ad-hoc nicht. Aber ich schätze, dass gut 90 – 95 % des Android/iOS-Smartphone-Bestands diese API unterstützen kann. Aus dieser Ecke würde ich am wenigsten Probleme sehen – mag mich aber täuschen.

    • Herr IngoW sagt:

      Die Paar älteren (ab 60 bis zum Ende), rund 23,37 Millionen (Laut der angegebenen Seite: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1365/umfrage/bevoelkerung-deutschlands-nach-altersgruppen/ ) haben manchmal, man glaubt es kaum, auch ein Smartphone und wissen sogar wie das Ding funktioniert. 😯
      Aber ob sie diesen Unsinn installieren kann man schwer sagen. Denn diese Gruppe Denkt bevor sie irgendwas installiert.

  11. Minze sagt:

    "Und wenn eine solche App bei den niedrigen Infektionsraten von Island wenig zur Verfolgung der Kontakte leisten kann, dürfte das erst recht nicht in Ländern mit höheren Infektionsraten funktionieren. "

    Ich sehe das genau anders herum – bei wenigen Infektionen mit wenigen Kontakten ist die manuelle Nachverfolgung durch Telefonat/Besuch vom Gesundheitsamt sehr effektiv und praktikabel. Viele Infektionen bei vielen Kontakten führen zu viel Personalbedarf in der manuellen Nachverfolgung – und hier kann die App sehr wohl eine große Rolle spielen!

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