Autsch: Der CovPass-Ansatz zum digitalen COVID-19-Impfnachweis wird fünfmal teurer als geplant

Neues Desaster beim Thema digitaler Impfnachweis in Deutschland. Man kann zwar seinen Impfstatus digital über die Corona-Warn-App (CWA) des Robert-Koch-Instituts (RKI) nachweisen – nutze ich beispielsweise. Aber die Politik wollte einen eigene CovPass-App, mit dem Impfnachweise auf digitaler Schiene möglich sind. Die Information ist die Gleiche wie bei der CWA. Nun berichtet die Wirtschaftswoche, dass die Kosten für CovPass geradezu explodieren und fünfmal so hoch als ursprünglich projektiert sind.


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Wir brauchen für alles und jedes möglichst eine App – ach, was schreibe ich, nicht eine, sondern gleich mehrere Apps müssen es sein. Das ist Digitalisierung, das ist modern. Gerade habe ich im Blog-Beitrag Corona-Warn-App kann Checkin mit Luca QR-Codes berichtet, dass die die Corona-Warn-App (CWA) des Robert-Koch-Instituts (RKI) nun auch Luca QR-Codes unterstützt. Da sind viele Millionen Euro der Bundesländer für Lizenzen der Luca-App geflossen, obwohl man dort die Funktionalität in der CWA hätte implementieren können. Der Bund der Steuerzahler hat in seinem Schwarzbuch 2021 auch die Ausgaben für die Luca-App in Sachsen-Anhalt kritisiert, weil man dort für fast 1 Million Euro eine Jahreslizenz gekauft habe, die Gesundheitsämter aber die Daten nur wenig genutzt haben (siehe diesen heise-Beitrag).

Beim CovPass sieht es wohl nicht anders aus. Es ist "noch eine App", mit dem man seinen digitalen COVID-19-Impfnachweis einscannen und auf dem Smartphone mitführen kann. Ich hatte im Blog-Beitrag Digitaler Impfpass: Sicherheit verbessern, keinen QR-Code im Internet posten, Immuny-App über die App des RKI und auch gewisse Probleme berichtet (die App konnte diverse Zertifikate nicht einlesen, weshalb ich die Corona-Warn-App als Nachweis nutze).

 CovPass-App des RKI

Kostenexplosion bei CovPass

In diesem Artikel berichtet die Wirtschaftswoche nun, dass CovPass fünfmal so teuer geworden ist, wie ursprünglich geplant. Bisher hat CovPass das Gesundheitsministerium bereits knapp 15,4 Millionen Euro gekostet.

Kostenexplosion bei CovPass

Die Angaben beziehen sich auf die ursprünglichen Kostenangaben bei der Auftragsvergabe an die Unternehmen IBM, Bechtle, Ubirch und GovDigital im März 2020. Damals war ein Investitionsvolumen von rund 2,7 Millionen Euro für CovPass geplant. Jetzt sind auch Kosten für mit dem digitalen Impfnachweis CovPass verbundenen Clouddienste aufgelaufen. Gegenüber der WirtschaftsWoche hat ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums die Kosten so bestätigt:

Im Sinne einer agilen Softwareentwicklung und aufgrund der Ergebnisse der Abstimmung mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie dem Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik waren zusätzliche Entwicklungsleistungen erforderlich.

Die WiWo schreibt zudem dass ein Nachschlag bei den Projektkosten erforderlich wurde, weil die europäischen Vorgaben für die App erst verzögert kamen. Als Kostentreiber wurden Verknüpfung der App mit Programmen von Arztpraxen, die Integration eines Genesenenzertifikats und der Betrieb eines Callcenters für Bürgeranfragen von der WiWo genannt. 2022 soll der digitale Impfnachweis in die neue digitale Patientenakte (ePA) integriert werden, heißt es im Artikel. Laut Bundesgesundheitsministerium wurde die CovPass-App wurde bis Anfang November 23,5 Millionen mal heruntergeladen.


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Angesichts dieser Zahlen und Meldungen graust mit vor der Digitalisierung der öffentlichen Hand. Unkoordiniert, ineffizient und teuer bis zum Abwinken. Und viele Projekte im Gesundheitswesen werden gegen die Wand gefahren. Erst zum letzten Wochenende hatte ich die Scherben des scheidenden Gesundheitsministers Jens Spahn im Artikel Digitalisierung im Gesundheitswesen: Ärzteverbände fordern einjähriges Moratorium beleuchtet. Die Ärztevertreter fordern ein einjähriges Moratorium und einen Nachweis, dass die schönen neuen Funktionen auch im Praxisbetrieb funktionieren, bevor weiter digitalisiert wird. Über Kosten haben wir in diesem Bereich überhaupt noch nicht gesprochen.

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10 Antworten zu Autsch: Der CovPass-Ansatz zum digitalen COVID-19-Impfnachweis wird fünfmal teurer als geplant

  1. 1ST1 sagt:

    Die CWA könnte die Luca-App komplett ersetzen, auch bei der Nachverefolgung der Gesundheitsämter, denn die Adresse des Benutzers kann die CWA als "Schnelltestprofil auch schon speichern, da stehen genau die gleichen Informationen drin, die man auch bei Luca ins Profil einträgt. Die Luca ist eigentlich völlig überflüssig Eine Schande, dass dieser Schnellschuss gemacht wurde und die Bundesländer damit so viel Geld zum Fenster rausgeworfen haben!

  2. Anonymous sagt:

    Covpass hat den Vorteil das sonst keine Kommunikation wie bei CWA stattfindet.
    Daher hat sie eine Daseinsberechtigung im mmN Gegensatz zur LucaApp.

    • PattyG sagt:

      Ich persönlich schätze bei der CovPass-App, dass diese eine auf ein Minimum reduzierte Funktionalität bietet und genau das tut, was sie muss: Das Zertifikat verwalten. Nicht mehr und nicht weniger benötige ich.
      Kein "nach-Hause-telefonieren", kein "Speicherfresser".
      Wer mehr möchte, kann die CWA installieren.
      Die LucaApp ist meiner bescheidenen Meinung nach überflüssig.

  3. Boris sagt:

    Kosten für Clouddienste und Callcenter laufen vermutlich noch weiter auf.

    Und beinhaltet die Downloadzahl auch Updates oder sind das reale 23,5 Mio Nutzer?

  4. 1ST1 sagt:

    Welche Callcenter? Das machen die Gesundheitsämter selbst.

  5. Ralf S. sagt:

    "Der CovPass-Ansatz zum digitalen COVID-19-Impfnachweis wird fünfmal teurer als geplant"

    Also eigentlich dann nix Neues irgendwie. Wie bei fast allen Projekten, Baumaßnahmen usw., die der Staat in die Hand nimmt. Der Bundesrechnungshof ermahnt und rügt regelmäßig, der Bund der Steuerzahler regt sich regelmäßig auf und bringt sein haarsträubendes "Schwarzbuch der Steuerversenkung" raus, wir Steuerzahler regen uns permanent auf… Und was passiert – auch regelmäßig? NIX! Berliner Flughafen, Elbphilharmonie, Autobahnmaut nur für Ausländer, Stuttgart 21 (leider bei mir direkt 5 Km vor der Haustür und kein Ende der Bauzeit und der Kostensteigerungen in Sicht und nach Fertigstellung mehr als fragwürdiger Nutzen…) usw., usw, usw….

    Kein Privatmensch könnte auch nur ansatzweise so dilettantisch planen und handeln wie die öffentliche Hand. Keine Bank würde jemals einen Hausbau finanzieren, der im Laufe der Bauzeit um z. B. das fünffache teurer würde. Und in diesem Zusammenhang auch immer wieder interessant: Wenn Politiker vom "sparen" sprechen, dann bedeutet das meistens, dass sie umgehend die Hand aufhalten und die Steuern erhöhen werden/wollen…

  6. mvo sagt:

    Warum wundert mich das nicht?

  7. Bernd Bachmann sagt:

    "Im Sinne einer agilen Softwareentwicklung […] waren zusätzliche Entwicklungsleistungen erforderlich."

    Der Spruch ist klasse, den merke ich mir, falls ich mal mehr Geld im Projekt brauche…

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