Der US-Videokonferenzsystem-Anbieter Zoom hat gerade seine allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geändert. Mit der Änderung will dieser Anbieter die Verwendung der von Nutzern und Nutzerinnen des Diensts gewonnenen Daten als Trainingsmaterial für seine KI-Modelle verwenden. Damit dürfte sich die Anbieter erneut gegen die DSGVO stellen – denn ein Opt-out scheint es nicht zu geben.
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Rückblick auf Zoom
Zoom Video Communications ist ein US-amerikanisches Softwareunternehmen mit Sitz im kalifornischen San José, das Software für Videokonferenzen anbietet. Die machten mit etwas über 4.400 Mitarbeitern 2021 bereits 2,7 Milliarden US-Dollar Umsatz. Während der COVID-19-Pandemie stieg die Nutzerzahl auf über 200 Millionen monatliche Nutzer im März 2020. Der Börsenwert stieg damals auf mehr als 40 Milliarden US-Dollar an. Eingesetzt wurde Zoom nicht nur von Unternehmen, sondern auch von Schulen und Universitäten für den Online-Unterricht sowie im privaten Bereich.
Allerdings geriet das Unternehmen bald auch in durch schwere Sicherheitslücken und wegen des nicht DSGVO-konformen Einsatzes in die Kritik. Hier im Blog hatte ich 2020 und 2021 einige Beiträge rund um diese Themenfelder. Ein Paukenschlag war, als bei der Berliner Datenschutzbeauftragten diverse Videokonferenzsysteme einem Kurztest unterzogen wurden. Dabei fielen Microsofts Teams oder Zoom als Konferenzlösung durch, weil die Produkte von US-Firmen sich nicht DSGVO-konform einsetzen lassen (siehe Zoom & Teams nicht DSGVO-konform einsetzbar). Die Hamburger Senatskanzlei wurde sogar vom Datenschutzbeauftragten formal vor dem Einsatz gewarnt (siehe Hamburgs Senatskanzlei von Datenschutzbeauftragten wegen Zoom-Einsatz formal "gewarnt").
Nach langwierigen Verhandlungen hat wohl Hessen für seine Hochschulen Zoom für Lehrveranstaltungen zugelassen (siehe Zoom an Hessischen Hochschulen für Lehrveranstaltungen zulässig). Und auch in den Niederlande gab es wohl eine Einigung mit diesem Anbieter, um einen DSGVO-konformen Einsatz zu ermöglichen (siehe Wie die Niederlande Big-Tech (Google, Microsoft, Zoom) per DSGVO zähmten). Die Vorbehalte der Datenschützer waren im Rückblick wohl berechtigt.
Nutzerdaten für KI-Training
Nun hat der Anbieter Zoom seine allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB, Terms of Service) geändert, weil er die mit dem Dienst gewonnenen (Meta-)Daten zum Trainieren von AI-Modellen verwenden will. In Paragraf 10.4 findet sich folgender Passus:
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10.4 Customer License Grant. You agree to grant and hereby grant Zoom a perpetual, worldwide, non-exclusive, royalty-free, sublicensable, and transferable license and all other rights required or necessary to redistribute, publish, import, access, use, store, transmit, review, disclose, preserve, extract, modify, reproduce, share, use, display, copy, distribute, translate, transcribe, create derivative works, and process Customer Content and to perform all acts with respect to the Customer Content: (i) as may be necessary for Zoom to provide the Services to you, including to support the Services; (ii) for the purpose of product and service development, marketing, analytics, quality assurance, machine learning, artificial intelligence, training, testing, improvement of the Services, Software, or Zoom's other products, services, and software, or any combination thereof; and (iii) for any other purpose relating to any use or other act permitted in accordance with Section 10.3. If you have any Proprietary Rights in or to Service Generated Data or Aggregated Anonymous Data, you hereby grant Zoom a perpetual, irrevocable, worldwide, non-exclusive, royalty-free, sublicensable, and transferable license and all other rights required or necessary to enable Zoom to exercise its rights pertaining to Service Generated Data and Aggregated Anonymous Data, as the case may be, in accordance with this Agreement.
Notwithstanding the above, Zoom will not use audio, video or chat Customer Content to train our artificial intelligence models without your consent.
Bei der Nutzung nimmt sich Zoom also das Recht heraus, Daten für verschiedene Zwecke, und neuerdings für das Training von AI-Modellen, zu verwenden. Die englischsprachige Ankündigung findet sich hier und hat international Wellen geschlagen. CNBC hat das Thema beispielsweise hier aufgegriffen. Die Kernpunkte aus diesem Bericht:
- Die Aktualisierung der Nutzungsbedingungen von Zoom legt das Recht der Videoplattform fest, einige Kundendaten für das Training ihrer KI-Modelle zu verwenden.
- Zoom stellte klar, dass "man für KI keine Audio-, Video- oder Chat-Inhalte für das Training seiner Modelle ohne Zustimmung des Kunden verwenden werde".
- Wenn ein Nutzer jedoch die im Juni eingeführten generativen KI-Funktionen von Zoom aktiviert, lässt das Unternehmen ihn eine Einverständniserklärung unterschreiben, die es Zoom erlaubt, seine KI-Modelle anhand seiner Kundeninhalte zu trainieren.
Inzwischen ließ das Unternehmen über Sprecher in einer Stellungnahme mitteilen, dass "Zoom-Kunden entscheiden, ob sie generative KI-Funktionen aktivieren und separat, ob sie Kundeninhalte mit Zoom zu Zwecken der Produktverbesserung teilen möchten".
Das Team von netzpolitik.org hat sich in diesem Beitrag näher mit diesem Thema befasst, die Änderungen der AGB gelten bereits seit spätestens Mai 2023, wurden aber erst jetzt wirklich bekannt, heißt es. Nun versucht das Unternehmen die Wellen zu glätten, aber das Geschäft mit Nutzerdaten und AI wird immer mehr zur "heißen Ware". Ich denke, Verantwortliche sollten sich das Thema nochmals sehr genau im Hinblick auf die DSGVO anschauen.
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Wie ist denn das, wenn bei einer Konferenz einige Teilnehmer die Funktion nutzen und andere nicht? Wird man da als Teilnehmer wenigstens darauf hingewiesen, dass es so ist und dass man beim Abgreifen von Bildschirminhalten wahrscheinlich betroffen ist? Wie könnte man das unterbinden außer durch Nichtteilnahme?
Irgendwie Wahnsinn.
Die Zoom KI erstellt ein Gesprächsprotokoll und kann dessen Inhalt zusammenfassen.
Das soll denjenigen helfen, die sich verspätet zur Videokonferenz zuschalten.
Die KI soll auch Entwürfe eigener Antworten generieren können, basierend auf dem Gesagten der anderen Konferenzteilnehmer.
www[.]theverge[.]com/2023/3/27/23658047/zoom-ai-features-meeting-summaries-mail-calendar
Zoom wird auch in der Telemedizin (telehealth, zoom for medical platform, zoom virtual care) eingesetzt, bei Gesprächen zwischen Patient und Arzt.
explore[.]zoom[.]us/en/healthcare-at-home
Die KI schreibt dann alles mit und speichert den Text bzw die Zusammenfassung, also die Diagnose in der US-Cloud.
Solche Daten können bei Selektierungen helfen, wenn man Menschen einsortieren oder aussortieren möchte.
Solchen AGBs sollte man nicht zustimmen, genausowenig wie denen von Windows 10 oder 11.
Stimmt wohl nicht ganz, oder?
https://www.heise.de/news/Zoom-nutzt-keine-Videos-Audio-oder-Chats-fuer-Training-von-KI-Modellen-9237421.html
Im Prinzip steht in dem verlinkten Artikel das gleiche wie oben, nur in einer Form, die Zoom besser aussehen lässt.
Ich komme zurück zu meiner eingangs gestellten Frage: Wenn einer das Opt-In gibt, wie wirkt sich das auf die anderen Teilnehmer einer Konferenz aus? Erfahren die das überhaupt und müssen sie ihr ok geben oder wie läuft das?
Netzpolitik.org hat den Artikel heute aktualisiert. Die AGBs von Zoom wurden erst im Mai 2023 angepasst, nicht bereits 2022.
Zum Thema Zoom an hessischen Hochschulen: kommt da nicht ZoomX zum Einsatz, dass meines Wissens bei der Telekom gehostet wird?
Als nichtregistrierter Teilnehmer eines Zoom-Meetings habe ich gar keine Optionen. Entweder ich stimme den AGBs vollumfänglich zu oder ich nehme an dem Meeting nicht teil. Schade, wenn der Chef der Initiator des Meetings ist und sich für AGBs so gar nicht interressiert …