[English]Der Verband europäischer Cloud-Provider, CISPE, beklagt, dass VMware by Broadcom die Preise seiner Produkte nach der Übernahme durch Broadcom für Kunden um den Faktor 800 bis 1500 Prozent erhöht habe. Man wirft Broadcom einen Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung vor und begrüßt die EU-Wettbewerbsbeschwerde der deutschen IT-Anwendervereinigung VOICE.
Seit Broadcom den Virtualisierungsanbieter VMware übernommen hat, häuft sich der Ärger für Kunden. Produkte wurden abgekündigt (siehe Broadcom beerdigt VMware-Produkte mit Perpetual-Lizenzen – Ende des kostenlosen ESXi-Servers?) und es gibt ständig Probleme mit der Lizenzierung. Was viele Kunden aber erbost, ist der Umstand, dass VMware by Broadcom seine Preise für Produkte massiv angehoben hat. Ich hatte vor Monaten im Beitrag Der Fluch der neuen Broadcom/VMware VCF-Lizenzierung in der Praxis ein Beispiel eines Kunden hier im Blog aufbereitet.
CISPE äußert sich zur VMware-Situation
Jetzt hat sich die CISPE (Cloud Infrastructure Services Providers in Europe) zu diesem Thema zu Wort gemeldet. Basis ist der neueste ECCO-Report zum Wettbewerb im Virtualisierungsbereich. ECCO steht für European Cloud Competition Observatory (ECCO). Das Gremium wurde als Teil der CISPEs Vereinbarung mit Microsoft zur Beilegung der Wettbewerbsbeschwerden gegen diesen Anbieter ins Leben gerufen. Als unabhängiges Überwachungsgremium, das sich aus CISPE-Mitgliedern zusammensetzt, aber unabhängig unter der Schirmherrschaft der CISPE arbeitet, soll es den Markt und den Wettbewerb beobachten.
CISPE beklagt unfaire Praktiken von VMware
In einer am 22. Mai 2025 veröffentlichten Mitteilung ECCO Reports No Progress with Broadcom (ist hier und hier aufgefallen) beklagt sich die CISPE, dass Broadcoms weitreichende und brutale Auferlegung von unfairen Vertragsbedingungen für Cloud-Infrastruktur-Dienstleister unvermindert weitergeht.
Basis für die Vorwürfe ist der ECCO Second Report on Broadcom vom Mai 2025. Seit der Veröffentlichung des ersten ECCO-Berichts im Februar 2025 habe die Mehrheit der CISPE-Mitglieder neue Lizenzvereinbarungen mit Broadcom geschlossen, heißt es. Diese Verträge mussten jedoch häufig unter erheblichem Druck seitens VMware by Broadcom (es gebe keine Alternativen) unterzeichnet worden. Beklagt werden ein Mangel an Alternativen, abrupte Vertragskündigungen und finanzielle Anreize wie Rabatte für längerfristige Verpflichtungen, die die Kunden an teure Nachfolgeverträge binden.
Die jüngsten Entwicklungen deuten laut CISPE darauf hin, dass Broadcom seinen Partnern und Kunden gegenüber zunehmend prozessual vorgeht und die wettbewerbswidrigen Maßnahmen weiter ausweitet. Unter anderem wird die Klage gegen Siemens im ECCO-Bericht erwähnt, die ich im Blog-Beitrag VMware klagt gegen Siemens wegen fehlender Lizenzen angesprochen hatte. Möglicherweise spielen die ECCO-Berichterstatter auch auf den Sachverhalt an, den ich im Blog-Beitrag Broadcom schickt Unterlassungserklärungen an Nutzer von VMware Kauflizenzen ohne Wartungsvertrag erwähnt hatte.
Normalerweise klären der Anbieter und die Firmen solche Unstimmigkeiten geräuschlos und einvernehmlich. Scheint bei Broadcom nicht der Fall zu sein und auch die CISPE ist abgeblitzt. Es habe ein einziges Treffen zwischen CISPE und Broadcom stattgefunden, bei dem jedoch keine Fortschritte erzielt wurden, heißt es in der CISPE-Mitteilung. Francisco Mingorance, Generalsekretär von CISPE, kommentiert:
"Im Gegensatz zu Microsoft zeigt Broadcom kein Interesse daran, Lösungen zu finden oder gar mit europäischen Cloud-Infrastrukturanbietern zusammenzuarbeiten. Broadcom kann berichten, dass die meisten von ihnen neue Verträge unterzeichnet haben, aber wir wissen, dass diese strafbewehrt sind und die Lebensfähigkeit von Dienstleistern bedrohen, die an das VMware-Ökosystem gebunden sind. Es besteht dringender Handlungsbedarf."
CISPE beklagt exorbitante Preiserhöhungen
Im Appendix des Broadcom-Reports geht man dann in die Details. Beklagt wird die Einstellung bestimmter Produkte (vergleiche meinen Blog-Beitrag Broadcom beerdigt VMware-Produkte mit Perpetual-Lizenzen – Ende des kostenlosen ESXi-Servers?) zugunsten von Bundle-Angeboten (VMware Cloud Foundation-Lizenzen, VCF) ohne Einführung neuer technischer Merkmale oder Verbesserungen. Die Kunden können nicht mehr nur die Software kaufen, die sie brauchen, und seien gezwungen, für Software zu zahlen, die sie die sie nicht benötigen, heißt es
Der Appendix führt das Ende der unbefristeten Lizenzen (Perpetual Lizenzen) und des monatlichen „Pay-as-you-go"-Preismodells für VMware-Software auf. Diese Möglichkeiten wurden durch dreijährige (VCF) Jahresabonnements mit einem vorher festgelegten Grundpreis ersetzt. Die Abrechnung erfolgt nicht mehr auf der Grundlage der tatsächlichen Nutzung, was dem grundlegenden Funktionsprinzip des Cloud Computing widerspreche, sagen CISPE und ECCO.
Zudem habe Broadcom bestehende Lizenzvereinbarungen, die teilweise bereits seit über 10 Jahren bestanden, ohne ausreichende Vorankündigung, gekündigt. Ziel sei es gewesen, die Kunden zu zwingen, neue, einseitig von Broadcom diktierte Vertragsbedingungen, zu akzeptieren.
Das führte am Ende des Tages bei Lizenzverlängerungen dazu, dass Kunden unter erheblichem Druck Verträge unterzeichnen mussten, die sie bei vorhandenen Alternativen niemals eingegangen wären. Dies habe bei den Kunden zu erheblichen finanziellen Belastungen und betrieblichen Nachteilen aufgrund der auferlegten Bedingungen geführt.
Unter dem Strich führten diese geänderten Vertragskonditionen laut CISPE zu einem exponentiellen und ungerechtfertigten Anstieg der Lizenzkosten, die Tausenden von europäischen Unternehmen, darunter Krankenhäusern und öffentliche Dienste betreffen. Im ECCO Appendix werden folgende Beispiele genannt:
- In den Vereinigten Staaten habe AT&T zum Beispiel Preiserhöhungen von
etwa 1.050% gemeldete. - Die CISPE-Mitglieder meldeten der ECCO-Kommission Preiserhöhungen zwischen
800% bis 1.500%. Die Preise haben sich oft verzehnfacht. - Wenn Unternehmen dreijährige Festverträge abschließen, bietet Broadcom in der Regel einen Nachlass von 30 bis 50 % auf die Preiserhöhung.
Diese Preiserhöhungen bedrohen die Überlebensfähigkeit bestimmter Unternehmen und Anbieter von Cloud-Diensten, die in hohem Maße von der Virtualisierungsinfrastruktur abhängig sind. Gleichzeitig dürften diese Preiserhöhungen auf die Endkunden durchschlagen. Um die finanziellen Auswirkungen dieses Missbrauchs zu minimieren, sein einige CISPE-Mitglieder gezwungen gewesen, ihre Infrastrukturen massiv umzustrukturieren und neue Hardware anzuschaffen, heißt es.
Abwanderung und Wettbewerbsbeschwerde
Mit einer Ausnahme seien alle CISPE-Mitglieder gezwungen gewesen, die neuen Lizenzbedingungen von Broadcom zu akzeptieren, da die Ankündigungsfristen für Lizenzerneuerungen samt den Umstellungen extrem kurz waren.
Die meisten CISE-Mitglieder hätten erhebliche Änderungen und Anpassungen an ihrer
Software- und Hardware-Umgebung vorgenommen, um ihre Abhängigkeit von der
VMware-Software zu reduzieren und den Preis für die erforderlichen Lizenzen zu senken, gibt der Appendix des ECCO-Reports an.
Zwischen den Zeilen liest sich das so, dass die Unternehmen abwandern, aber die Zeit zur Migration auf Alternativen zu kurz ist und in einigen Szenarien wohl auch keine wirklichen Alternativen bestehen.
Lässt man die Aussagen und Schlussfolgerungen aus dem ECCO-Report samt Appendix Revue passieren, kann man aus meiner Sicht einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch VMware by Broadcom konstatieren. Das schreit geradezu nach einem Wettbewerbsverfahren der EU-Kommission – und Broadcom liefert wohl bereitwillig Futter für eine solche Untersuchung.
Bereits am 7. Mai 2025 hat VOICE – der Bundesverband der IT-Anwender – bei der EU-Kommission Beschwerde wegen Wettbewerbsverstößen gegen Broadcom/VMware eingereicht. Nach Auffassung des Anwenderverbandes missbraucht Broadcom/VMware seine dominante Marktstellung im Bereich Virtualisierungssoftware (Details lassen sich in meinen Blog-Beitrag VOICE reicht Beschwerde bei der EU-Kommission gegen Broadcom ein nachlesen).
ECCO begrüßt die Entscheidung des deutschen IT-Kundenverbands VOICE, eine förmliche Wettbewerbsbeschwerde gegen Broadcom bei der Europäischen Kommission einzureichen. Sieht so aus, als ob die unendliche Geschichte noch ein Weilchen weiter geht und Stoff für weitere Beiträge liefert. Ich denke, die EU-Kommission wird da sicherlich handeln – kann aber lange dauern und für viele Kunden arg spät sein.
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MVP: 2013 – 2016




1000%? Die sollen sich nicht so anstellen. Das kann ich locker toppen, bei den einfachen Essentials liegt der Faktor bei nahezu 20, also 2000% bei 3x Single Socket und 16 Core. Aber die Essentials waren auch extrem günstig. =)
"Interessante" Entwicklung. Meine übliche Strategie in allen Umgebungen auf MHZ statt Cores zu setzen war aber sicher hilfreich für die Verlängerung. Aber zwingt mich doch bei manchen HyperV zu verwenden. Wird langsam zu heftig in manchen Umgebungen mit all den Lizenzkosten.
Wird diese Strategie aufgehen?
Mich würde dies als Kunden absolut verärgern so unter Druck gesetzt zu werden und ich würde mich zeitnah nach Alternativen für die Zukunft umsehen.