Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) Nordrhein-Westfalen, Bettina Gayk, hat zum 5. Dezember 2025 informiert, dass man gegen "ein Telekommunikationsunternehmen" aus Nordrhein-Westfalen zwei Bußgeldbescheide zu je 100.000 und 200.000 Euro wegen Datenschutzverstößen verhängt habe. Auch wenn kein Unternehmensname genannt wurde, kommt mir einiges in der Mitteilung sehr bekannt vor.
Illegales Geschäftsgebaren des Unternehmens
Seit 2022 hatten sich immer wieder Verbraucher und Verbraucherinnen mit einer Beschwerde an die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) Nordrhein-Westfalen gewandt. Der Hintergrund: Sie erhielten personalisierte Werbeschreiben eines Unternehmens, in denen ein Vertrag für einen Internet- und Telefonanschluss angepriesen wurde.
Namensähnlichkeit mit einem zweiten Unternehmen ausgenutzt
Durch die Aufmachung der Schreiben und die Namensähnlichkeit zu einem anderen, sehr bekannten Telekommunikationsanbieter – schreibt die LDI NRW – sei vielen Verbraucher und Verbraucherinnen zudem nicht bewusst gewesen, dass es sich nicht um ein Angebot für einen anderen Tarif bei ihrem bisherigen Anbieter handelte – sondern um das Angebot zum Anbieterwechsel. Infolge unterschrieben die Empfänger oft die Vertragsunterlagen. Erst als sie später den Anbieterwechsel bemerkten, kündigten oder widerriefen sie die Verträge – und wurden dann von dem Unternehmen mit der Forderung einer Schadensersatzpauschale überzogen.
Da war doch mal was mit Telekommunikation?
Vom LDI NRW wird kein Unternehmen namentlich genannt. Aber im Hinterkopf klingelte bei mir etwas. Ich hatte 2023 im Blog-Beitrag Verbraucherzentrale Niedersachsen: Warnung vor Vertragswechsel zu 1N Telecom von einer Warnung der Verbraucherzentrale Niedersachsen berichtet. Zitat aus meinem damaligen Artikel:
Die Verbraucherzentrale Niedersachsen berichtet über eine Beschwerdewelle von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die auf ein Angebot zum Vertragswechsel von der Deutsche Telekom AG zur 1N Telecom GmbH hereingefallen sind.
Das Unternehmen scheint persönlich adressierte Werbeschreiben zu versenden, die für einen Wechsel des Tarifs werben. […]
Während vor allem ältere Telekom-Kunden glauben, nur einen Tarifwechsel zu beauftragen, findet jedoch ein (meist ungewollter) Anbieterwechsel statt. Wer die Portierung der Telefonnummern von der Telekom zum Anbieter widerruft, soll 400 Euro zahlen.
Den Verbraucherzentralen liegen m.W. 18.000 Beschwerden wegen de oben skizzierten Sachverhalts vor. Ich überlasse es den Lesern und Leserinnen, eigene Schlüsse, ob es Ähnlichkeiten gibt, durch Textvergleiche zu ziehen.
Vorher keinen Kontakt zum Unternehmen
Kritisch scheint mir vor allem, dass das Unternehmen persönlich adressierte Werbeschreiben an Verbraucher und Verbraucherinnen verschickte, mit denen man nie in Kontakt stand. Die LDI schreibt dazu: "Die Betroffenen gaben durchweg an, niemals zuvor Kontakt zu diesem Unternehmen gehabt zu haben." Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) Nordrhein-Westfalen, Bettina Gayk, moniert gleichzeitig, dass die Werbeschreiben des Unternehmens "umso detaillierter waren".
- Diese enthielten zum einen die Adresse und die Festnetztelefonnummer der Betroffenen.
- Zum anderen sei ein mit Namen, Adresse und Anschluss vorausgefüllter Auftrag zum Abschluss des angebotenen Tarifs mit dem Unternehmen und zur Kündigung des Vertrags bei dem aktuellen Telekommunikationsanbieter mitgeliefert worden.
- Die Angeschriebenen sollten nur noch die IBAN ergänzen und den Auftrag unterschreiben.
Durch die Aufmachung der Schreiben und die Namensähnlichkeit zu einem anderen, sehr bekannten Telekommunikationsanbieter, war so die LDI, war vielen Verbrauchern und Verbraucherinnen zudem nicht bewusst, dass es sich nicht um ein Angebot für einen anderen Tarif bei ihrem bisherigen Anbieter handelte – sondern um das Angebot zum Anbieterwechsel.
Die Folge: Oft unterschrieben Betroffene die Vertragsunterlagen. Erst als sie später den Anbieterwechsel bemerkten, kündigten oder widerriefen sie die Verträge – und wurden dann von dem Unternehmen mit der Forderung einer Schadensersatzpauschale überzogen.
Auch dies weist frappierende Übereinstimmungen zu dem in meinen Blog-Beiträgen (siehe Verbraucherzentrale Niedersachsen: Warnung vor Vertragswechsel zu 1N Telecom) angesprochenen Sachverhalten auf.
Begründung für die Bußgeldbescheide über 300.000 Euro
Dieses, oben im Text angeklungene, Geschäftsgebaren ist aber kein Grund, für Bußgeldbescheide der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) Nordrhein-Westfalen (LDI). Zum Problem wurde für das Unternehmen, dass man auf Auskunftsersuchen, wo die Daten her kamen, nicht reagiert hat.
Schwere Vorwürfe gegen das Unternehmen
Die LDI, Bettina Gayk, schreibt dazu: "Der Verstoß gegen Auskunftsrechte der Verbraucher und Verbraucherinnen, sowie die hartnäckige Weigerung des Unternehmens, Transparenz über die eigene Datenverarbeitung herzustellen, konnte nicht ohne Antwort bleiben", erklärt Landesbeauftragte, und ergänzt: "Selten bin ich auf so wenig Einsicht bei den Verantwortlichen gestoßen."
Zwei Bußgeldbescheide über 100.000 und 200.000 Euro
Nach Überprüfung des Falles zog die LDI NRW nun Konsequenzen, heißt es in der Mitteilung. Wegen zwei verschiedener (nicht näher bezeichneter) Verstöße wurden Bußgelder in Höhe von 100.000 und 200.000 Euro verhängt. Dabei spielte nicht zuletzt das ignorante Verhalten des Unternehmens – laut LDI NRW – eine Rolle.
"Weder wurde auf Auskunftsansprüche der Betroffenen über die Verarbeitung ihrer Daten geantwortet, noch auf den Wunsch nach Löschung oder auf Widersprüche gegen die Datenverarbeitung [reagiert]", erläutert Gayk. "Dabei waren die Schreiben oder E-Mails dem Unternehmen entgegen seiner Einlassung in den meisten Fällen nachweisbar zugegangen." Auch dieses Verhalten ist mir aus dem oben angerissenen Vorgang – u.a. auch aus Widersprüchen gegen Zahlungsaufforderungen – bekannt.
Pflichtverstöße in Werbeschreiben bemängelt
Die LDI NRW bemängelt zudem, dass die versandten Werbeschreiben nicht die vorgeschriebenen Informationen über die Datenverarbeitung, etwa Angaben zum Verantwortlichen für die Datenerhebung und den Datenschutzbeauftragten, enthielten. Auch sei das Unternehmen regelmäßig intransparent beim Nachweis der Herkunft der Daten geblieben. Die Beschwerdeverfahren verliefen zusätzlich noch einmal sehr schleppend. "Trotz klarer gesetzlicher Vorschriften zur Mitwirkung und vieler Erinnerungen verhielt sich das Unternehmen meiner Behörde gegenüber nur sehr eingeschränkt kooperativ", so Gayk. "Daher war hier eine empfindliche Geldbuße angezeigt."
Es fällt ein Puzzleteil ins Bild
Für mich fällt ein Puzzleteil ins Bild der Vorgänge um die 1N Telecom GmbH, die durch Betroffene, die Verbraucherschutzzentrale und Redaktionsteams der Medien aufgedeckt wurden. Während die LDI NRW sich in obiger Information noch auf die Werbeschreiben des ungenannten Unternehmens aus dem Jahr 2022 bezieht, gibt es in späteren Jahren mehrfach konkrete Warnungen der Verbraucherzentralen vor Schreiben der 1N Telecom GmbH. Das Unternehmen reklamierte Vertragsabschlüsse "auf Basis von Internetbestellungen".
Von diversen Betroffenen ist bekannt, dass diese an Preisausschreiben teilgenommen haben, die von einer Lead One GmbH im Internet veranstaltet wurden. Es besteht der Verdacht, dass die dort erhobenen Daten über Firmen aus Malta und Großbritannien wieder an das obige Unternehmen "als Vertragsabschlüsse" zurück gingen.
Ich lese aus den Verlautbarungen der LDI NRW heraus, dass die komplette Aufklärung, wo die detaillierten Kundendaten, die das Unternehmen verwendete, im Hinblick auf Auskunftsersuchen blockiert wurde.
Sachstand bei 1N Telecom GmbH und TPI Investment GmbH
Unter dem Artikel 1N Telecom GmbH & TPI Investment GmbH, neue Entwicklungen (Oktober 2025), welches einen frappierend ähnlichen Sachverhalt nachzeichnet, finden sich eine ganze Reihe an Folgebeiträgen, die sich mit den betreffenden Vorgängen befassen. So haben Betroffene und Verbraucherzentralen eine Reihe an Klagen eingereicht und waren vor Gericht erfolgreich. Die Rechtsprechung gibt inzwischen in einigen Urteilen den Verbraucherinnen und Verbrauchern Recht und erklärt die Verträge für nichtig.
Es gibt ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen den Geschäftsführer der 1N Telecom GmbH (Stand ist mir unbekannt). Und Betroffene können auch nicht mehr auf "Vergleichsangebote" der oben erwähnten TPI Investment GmbH, die noch Gelder eintreiben will, eingehen. Mir liegen Informationen vor, dass Banken keine Zahlungen mehr an das Konto der TPI Investment GmbH weiterleiten. Und mir liegt auch eine Information vor, dass eine Bank das Konto der 1N Telecom GmbH gekündigt hat. Ein Urteil eines Gerichts in Düsseldorf hat dann die Klage des Unternehmens gegen eine Bank auf Konteneröffnung ebenfalls zurückgewiesen. Für die beiden hier genannten Unternehmen wird es langsam eng für die Beteiligten.



MVP: 2013 – 2016




Wenn Du mein Schmunzeln passend zum Wochenende sehen könntest ;-)
Schön zu lesen, das da was passiert. Jetzt noch die Verantwortlichen hinter Gitter bringen und zwar so das es ein abschreckendes Beispiel für Nachahmer ist!