Problembär: Neue Harddisks mit 4K Sektoren

Seit Mitte 2010 bis Anfang 2011 beginnen viele Hersteller die Sektorgröße von Festplatten auf 4 KByte umzustellen. Was stillschweigend abläuft, kann zukünftig Anwender in arge Bredoullie bringen. Der Beitrag geht kurz auf dieses Thema ein.


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Gelegentlich gibt es Probleme, von denen man nicht mal weiß, dass man sie hat oder bekommen könnte. Vor knapp 10 Jahren gab es schon einmal mit der Einführung der LBA-Adressierung [1] massive Probleme mit der Unterstützung durch Betriebssysteme wie Windows 2000 oder Windows XP ohne SP1.

Vor ein paar Tagen bin ich von einem Leser meines Blogs [10] auf ein Problem aufmerksam gemacht worden, was künftig einige Benutzer in den Wahnsinn treiben könnte. Hier der Kommentar des Lesers.

Ich vermisse in diesem Blog Beiträge zu folgendem akuten Problem, auf dass ein Windows 7-Nutzer eines Notebooks zwangsläufig stößt, wenn er auf die neueren 2,5-Zoll-750GB-Festplatten aufrüsten will: Diese Platten sind meines Wissens alle mit dem Advanced Format auf 4kB sektoriert (und nicht mehr mit den bislang üblichen 512 Byte-Sektoren). Das Klonen dieser Platten z. B. mit Acronis erzeugt zwar auf den ersten Blick funktionierende Windows 7-Platten, aber u. a. mit dem fatalen Mangel einer nicht mehr funktionierenden Update-Möglichkeit. Z. B. ist die Installation von SP1 oder eines anderen Updates von Windows 7 dann nicht mehr möglich. Es gibt zwar einen Microsoft-Hotfix dazu (KB982018), der ist aber aus gleichem Grunde nicht installierbar. Im Internet ist bisher dazu kaum Hilfreiches zu finden – vor allem nichts leicht Nachvollziehbares und vor allem Zusammenhängendes. Mir ist es jedenfalls nicht gelungen, das Problem mit diesen Informationen zu beheben. Mich wundert, dass noch nicht mehr darüber zu lesen ist, da diesen Upgrade-Wunsch sicherlich immer mehr Notebook-Nutzer verspüren werden. Und da man von der andersartigen Sektorierung dieser größeren Platten nur wenig mitbekommt und bisher auch kaum Warnungen dazu (weder von den Festplatten-Herstellern noch von Microsoft) zu lesen sind, läuft man in dieses Problem dann zwangsläufig. Zugegeben: Es ist von neuer Hardware verursacht, aber gehört sicherlich auch zu den Hinweisen, die ein Power-Notebook-Nutzer von Windows 7 in diesem Zusammenhang eventuell brauchen kann. Denn immerhin gibt es dazu keine akzeptable Lösung von Microsoft.

[Anmerkung: Im Original-Kommentar war noch von 2 KB Sektorgröße die Rede, was der Leser aber nachträglich korrigiert hat. Ein Gedankenaustausch mit Michael Bormann ergab, dass er ebenfalls mit dem Problem konfrontiert wurde.]

Extended Format – 4 K Sektorgröße, das steckt dahinter

Seit Mitte 2010 bis Anfang 2011 beginnen die Festplattenhersteller mit der Einführung neuer Produktmodelle, die statt der in den letzten 3 Jahrzehnten üblichen Sektorgröße von 512 Byte mit 4 KByte Sektoren arbeiten. Dieses Advanced Format mit der 4 KB Sektorgröße ermöglicht die effizientere Speicherung von ECC-Daten zur Fehlerkorrektur. In White Papers von Western Digital wird zudem angegeben, dass durch die effizientere Speicherung der Daten 7 – 11 % mehr Speicherkapazität auf dem Medium herausgeholt werden kann (was aber in der Praxis nicht ausgenutzt werden kann). Unter [2, 3, 4] finden sich Artikel, die auf das neue Speicherformat eingehen.

Problembär Windows XP

Um die Kompatibilität der neuen Festplatten zu älteren Betriebssystemen zu erhalten, verwenden die Festplattencontroller eine Art Emulationsmodus, bei dem die 4 KByte Sektoren in acht 512 Sektoren bereitstellt (512e). Da das Betriebssystem nur die 512 Byte-Blöcke "sieht" und 4 KB ein Vielfaches von 512 Byte ist, sollten theoretisch keine Probleme auftreten.

Leider gibt es bei Windows XP das Problem, dass dort der erste Block einer Partition auf der Logical Block Address (LBA) 63 zu liegen kommt. Dies führt dazu, dass die Blöcke der 4 KB Sektoren nicht mit den acht 512 KByte Sektoren übereinstimmen. Die Emulation muss also immer auf zwei benachbarte 4-KB-Sektoren zugreifen, was zu einem Performanceverlust der Festplatte führt.


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Die Artikel unter [4, 5, 11] gehen auf diese Thematik ein. Um dieses Performanceproblem in den Griff zu bekommen, kann ein Partition-Alignment vorgenommen werden, bei dem die Sektoren immer auf gerade LBA-Werte starten. Unter [6, 7, 15] finden sich Hinweise, dass von Western Digital ein WD-Align-Tool zum Ausrichten der Partitionsdaten angeboten wird. Auch bei Festplatten- und Partitionstools von Paragon-Software oder Acronis habe ich den Hinweis auf die Unterstützung von Partitions-Alignment gefunden.

Unter Windows Vista und Windows 7 tritt dieses Problem übrigens nicht auf, da diese Betriebssysteme die Partition ab Sektor 2048 einrichten.

Und trotzdem knallt es bei Windows 7

Wer sich nun beruhigt zurücklehnt, kann durchaus böse Überraschungen erleben. Unter [8] berichtet ein Benutzer, dass er nach der Installation von Windows 7 auf einer Western Digital-Festplatte keine Updates mehr fahren konnte, weil der Update-Dienst nicht mehr lief und einen Neustart des Systems erforderte, der aber nichts half. In diesem Fall konnte das Problem zwar durch Installation des "Intel Rapid Storage Technology" Tool bzw. des Chipsatz-Treibers behoben werden.

Aber es gibt Hinweise (wie die des eingangs zitierten Blog-Lesers), die massive Probleme bei Einbau einer Festplatte mit 4 KB Sektorgröße feststellen: Da klappen Updates nicht mehr [13, 17], die Windows-Installation scheitert [16] oder die SP1-Installation macht Probleme. Michael Bormann berichtete, dass bestimmte Logitech-Treiber bzw. Produkte nicht mehr erkannt wurden (bezog sich aber auf Windows XP). Bei genügend Suchaufwand wird man auf weitere Fundstellen stoßen.

Das sollte zwar nach der Theorie alles nicht auftreten, da ja Windows 7 die Sektoren ab der LBA 2048 in der Partition anordnet. Scheinbar gibt es in der Praxis aber Fälle, wo Treiber oder Tools direkt auf die Sektoren der Festplatten zugreifen, aber durch die 512 Byte Sektorgrößen-Emulation nichts von der auf der Festplatte verwendeten 4 KByte Sektorgröße mitbekommen. Und dann gibt es offenbar Probleme.

Dass ein Problem existiert, wird spätestens mit dem Microsoft KB-Artikel 982018 [9] deutlich. Das angebotene Hotfix greift sowohl in die Extensible Storage Engine API (ESENT), die für Updates verantwortlich ist, als auch in diverse Treiber für NTFS, USB-Store, Storage etc. ein. Im KB-Artikel ist ausgeführt, dass die Treiber damit die wirkliche Sektorgröße zurückliefern können. Dies ermöglicht Schreibzugriffe, die an den 4 KB Sektorgrenzen ausgerichtet sind (Storage Access Alignment).

Disk-Tools bereiten Probleme

Tools zum Partitionieren, Sichern oder Clonen von Festplatten haben das Problem, dass sie ggf. die Funktionen zum Festplattenzugriff umgehen und so zusätzliche Probleme bereiten können [14]. Kennt das Tool das neue Extended Format mit den 4 KB Sektorgrößen nicht, kann beim Partitionieren, Kopieren oder Sichern einiges schief gehen. Wird z. B. ein Partitionsbackup einer älteren Platte mit 512 Byte-Sektoren angefertigt und diese Sicherung auf eine neue Festplatte mit 4 KByte Sektorgröße zurückgelesen, kann es Ärger geben. Das Clonen scheint zwar auf den ersten Blick geklappt zu haben. Aber spätestens wenn Updates scheitern oder Treiber Probleme bereiten und Geräte nicht mehr erkannt werden, sollte man da das hier skizzierte Problem als Ursache denken.

Jedenfalls sieht es so aus, als ob Imaging-Tools bei diesem Ansatz scheitern und ein unsauberes System zurücklassen, welches früher oder später mächtig Ärger bringt.

Empfehlung für Windows 7-Benutzer

Im Moment kann ich bezüglich des obigen Problems keine Lösung bieten. Das von Microsoft angebotene Hotfix scheint keine wirkliche Abhilfe zu bringen. Momentan kann ich nur folgende Empfehlungen aussprechen:

  • Verzichten Sie auf die Verwendung von Festplatten mit 4 KByte-Sektorgröße als Systemplatte.
  • Verzichten Sie auf Imaging-Tools zum Clonen von Systemen auf Festplatten mit 4 KByte-Sektorgröße.

Unter dem Strich bleibt bei Notebooks momentan nur auf Festplatten mit 512 KByte-Sektoren zu setzen (da man selten die Möglichkeit hat, zwei Festplatten zu verwenden). Bei Desktop-Systemen können Sie Festplatten mit 4 KByte Sektoren als Datenplatten einsetzen, als Systemlaufwerk verwenden Sie die bisherigen Festplatten mit 512 Byte Sektorgröße.

Muss eine Systemplatte mit 4 KByte Sektorgröße trotzdem benutzt werden, sollten Sie Windows 7 mit integriertem SP1 installieren. Denken Sie bei auftretenden "unerklärlichen" Problemen mit Updates und Treibern oder Disk-Tools an die 4-KByte-Sektorgrößen-Problematik.

Und dass mit dem Überspringen von Plattengrößen von 2 Terabyte das nächste Problem lauert, hat die c`t unter [12] thematisiert.

Links:
1: LBA-Problemstellung (Wikipedia)
2: Western Digital's Advanced Format: The 4K Sector Transition Begins
3: Exploring WD's Advanced Format HD Technology
4: Advanced Format Festplatten in der Praxis
5: Windows XP bekommt Probleme mit neuen Harddisks
6: Eigenschaften der 4K-Sektorgröße (Advanced Format)
7: Festplatten mit 4 KByte Sektorgröße

8: Solution of windows 7 update problem for WD7500BPKT
9: Update für Windows 7/Server 2008 R2 für 4 K Disks
10: Windows 7-FAQ mit Leserkommentar
11: XP Users: Beware of 4K "Advanced Format" Drives!
12: Die 2 Terabyte Grenze (c't FAQ)
13: ESENT/JET corruption on 4K sector hard disk drive
14: Neue HDDs mit 4K Sektoren und alte Imager/Partitionierer
15: WinTotal-Artikel
16: Error Installing Windows 7 on Advanced Format Disk Drives
17: Microsoft Forendiskussion


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Weitere Infos zu Windows 7 finden sich in meinen Windows 7-Titeln.


(c) by Günter Born www.borncity.de
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3 Antworten zu Problembär: Neue Harddisks mit 4K Sektoren

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