Windows 10 Zwangsupdate: Entschädigung in Finnland

Ein Windows 10-Nutzer aus Finnland hat sich mit Microsoft wohl (außergerichtlich) auf einen Schadensersatz für ein Windows 10-Zwangsupdate geeinigt. Das geht aus einer Mitteilung des finnischen Consumer Disputes Board hervor.


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Das Ganze wurde vor wenigen Stunden durch Tero Alhonen über Twitter an seine Follower verbreitet.

Worum geht es genau?

Im ersten Jahr des Erscheinens von Windows 10, also Juli 2015 bis Juli 2016 hat Microsoft ja bestehenden Windows 7- und 8.1-Systemen das kostenlose Upgrade auf Windows 10 angeboten. Dabei kamen auch mehr oder weniger trickreiche Ansätze von Microsoft zum Einsatz, um unwillige Upgrader zum Update auf Windows 10 zu verführen. Ich hatte im Blog ja einige Artikel zu diesem Thema.

(Quelle: neowin.net)

Alles in allem eine unschöne Geschichte. In Finnland hatte Microsoft sich zudem in 2018 verpflichtet, auf das Windows 10-Zwangsupgrade zu verzichten – in Deutschland wurde eine Unterlassungserklärung wirksam (siehe mein Beitrag Microsoft unterlässt Windows 10-Zwangsupgrade in Finnland).

Zurück zum aktuellen Fall: Bei einem finnischen Nutzer war im Mai 2016 das Zwangsupgrade auf Windows 10 unter Windows 8 geladen worden, ohne dass der Kunde dem unter Windows 8 zugestimmt hatte. Nach der Installation von Windows 10 lieferte das nicht mal zwei Jahre alte Gerät eine Fehlermeldung, dass das Gerät repariert werden sollte.

Das Gerät wurde auch zur Kameraüberwachung des Eigentum des Nutzers verwendet. Das betreffende Objekt befand sich wohl in einer anderen Ortschaft, so dass sich eine Fernüberwachung per Kamera anbot. Diese Funktion der Kamerasoftware war nun mit dem aktualisierten Windows 10-System nicht mehr verfügbar.

Der Kunde kontaktierte, laut diesem finnischen Artikel fünfzehn Microsoft-Kundendienstmitarbeiter, die aber die Probleme nicht lösen konnten. Der Betroffene gab an, dass er viel Zeit damit verbrachte habe, Dateien wiederherzustellen und einige Ausgaben für Ersatzteile und Wartungskosten hatte.


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Schadensersatzforderung an Microsoft

Der Besitzer des Computers forderte von Microsoft 3.000 Euro Schadensersatz, um seinen Aufwand zur Korrektur des Zwangsupgrades kompensiert zu bekommen. Microsoft argumentierte dagegen, dass der Benutzer die notwendige Hilfe vom kostenlosen Kundensupport erhalten hatte. Laut Microsoft habe man keine Verantwortung für die von Anwendern erstellten Steuerungsprogramme (hier zur Videoüberwachung).

Interessant war: Microsoft stritt jedoch nicht ab, dass das neue Betriebssystem ohne Erlaubnis des Benutzer heruntergeladen werden konnte. Anmerkung: Die Haarspalterei war meistens, dass die Nutzer danach der Installation zustimmen mussten. Aber der Download ohne Zustimmung führte bereits in anderen Fällen dazu, dass Microsoft sich außergerichtlich einigte oder einstweilige Verfügungen – lange nach dem Ende der Zwangsupdate-Periode – akzeptierte.

In Finnland gibt es das Kuluttajariitalautakunta (Consumer Disputes Board, wohl so etwas wie eine Schiedsstelle für Verbraucherbeschwerden gegenüber Firmen). Der Fall kam vor dieses Gremium. Diese traf dann folgende Feststellungen:

  • Nach Ansicht des Consumer Disputes Board handelt es sich bei den in der vom Verbraucher erworbenen Windows 8-Lizenz enthaltenen Updates um Dienstleistungen nach dem Verbraucherschutzgesetz. Der Händler muss nachweisen können, dass die Dienstleistung ordnungsgemäß erbracht wurde.
  • Nach Ansicht des Vorstands des Consumer Disputes Board ist es klar, dass Microsoft kein vertragliches Recht hatte, das neue Betriebssystem ohne Erlaubnis des Benutzers zu installieren.
  • Nach Ansicht des Consumer Disputes Board wurde die Dienstleistung nicht professionell und sorgfältig und im Interesse des Kunden, wie vom finnischen Verbraucherschutzgesetz gefordert, erbracht.
  • Das Board stellt fest, dass es einen Fehler gab und Microsoft den Zusammenhang zwischen dem Fehler und dem verursachten Schaden nicht bestritten hat.

Mein finnisch ist zu schlecht (bzw. nicht vorhanden). Daher wundert mich eine weitere Aussage, dass Microsoft den Ausschuss für Verbraucherbeschwerden für den verursachten Schaden verantwortlich machte.

Kundenforderung 'unvernünftig'

Interessant sind die weiteren Details. Microsoft hielt die Forderungen des Mannes für unangemessen. Dazu gehörten unter anderem 2.300 Euro für den Arbeitsaufwand in Ansatz zu bringen.

Der Mann glaubt aber, dass Microsoft ihn auch für neue Überwachungskameras bezahlen sollte, es sei denn, Microsoft stellt sicher, dass er mit dem neuen Betriebssystem arbeiten könne.

Der Vorstand des Consumer Disputes Board wie diese Forderung des Geschädigten im Hinblick auf die neuen Kameras zurück, da dieser keine Erklärung für den Kauf der Sicherheitskameras geben konnte. Zudem schlossen sich die Mitglieder des Boards der Argumentation Microsofts an, dass die angesetzten 2.300 Euro für den Arbeitsaufwand nicht belegt seien.

Allerdings wurde die Schadensersatzforderung des Nutzern nicht zurückgewiesen. Der Vorstand des Consumer Disputes Board schätzte, dass dem Mann aufgrund des vom Windows 10-Upgrade erzeugten Fehlers sofortige Ersatz- und Servicekosten von etwa tausend Euro und Reisekosten von hundert Euro entstanden. Diese muss Microsoft kompensieren.

Die Vorschläge des Consumer Disputes Board sind zwar nicht bindend, aber die Firmen willigen in der Regel ein. Dann andernfalls geht ein Verfahren vor Gericht – und dies bedeutet, dass ein Unternehmen ein entsprechendes Urteil kassieren könnte. Solche Urteile scheut Microsoft aber wie der Teufel das Weihwasser und strebt Vergleiche an.

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2 Antworten zu Windows 10 Zwangsupdate: Entschädigung in Finnland

  1. deoroller sagt:

    Ein Verfahren vor Gericht scheut jeder Konzern mit Leichen im Keller. Konzerne haben immer irgendwelche Leichen im Keller, die sie unter der Decke halten wollen, bis sie verwest sind.

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