Office365 an Schulen unzulässig – Microsoft-Lizenzkosten für Bund steigen

[English]Heute zwei Schlagzeilen, auf die ich vor wenigen Stunden gestoßen bin. Der Bund stöhnt über die steigenden Lizenzkosten für Microsoft Software. Zudem haben Datenschützer den Einsatz von Microsoft Office365 an Schulen für unzulässig erklärt.


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Office 365 an Schulen unzulässig

Das ist ein Schlag für Microsoft, der hessische Datenschutzbeauftragte Ronellenfitsch hat den Einsatz von Office 365 an Schulen als unzulässig erklärt. Der Leitsatz der Entscheidung des Datenschützers lautet:

Der Einsatz von Microsoft Office 365 an Schulen ist datenschutzrechtlich unzulässig, soweit Schulen personenbezogene Daten in der europäischen Cloud speichern.

Laut Ronellenfitsch wird seit Jahren in Deutschland darüber diskutiert, ob Schulen die Microsoft-Software Office 365 datenschutzkonform anwenden können. Im August 2017 hat sich der Hessische Beauftragte für Datenschutz und die Informationsfreiheit (HBDI) nach umfangreicher Prüfung zur Deutschland-Cloud von Microsoft als einzige bundesdeutsche Aufsichtsbehörde für den Datenschutz hierzu geäußert.

Erste Einschätzung: Es ist möglich mit der Deutschland-Cloud

In seiner damaligen Stellungnahme hat der HBDI festgestellt, dass Office 365 durch Schulen datenschutzkonform in der Deutschland-Cloud angewendet werden kann, soweit die von Microsoft zur Verfügung gestellten Werkzeuge (z.B. Rollen- und Berechtigungskonzept, Protokollierung etc.) durch die Schulen sachgerecht Anwendung finden.

Deutschland-Cloud wird eingestellt

Im August 2018 hat Microsoft der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass für die Deutschland-Cloud keine Verträge mehr angeboten werden und der Vertrieb dieses Produkts eingestellt wird. Seither haben beim HBDI eine Vielzahl von Lehrkräften und Schulleitungen, aber auch Schulträger hinsichtlich der Nutzung von Office 365 in der europäischen Cloud angefragt. Zudem ist in den vergangenen Monaten durch einzelne Schulträger Office 365 unabhängig von den ungeklärten datenschutzrechtlichen Fragestellungen massiv in die Schullandschaft hinein befördert worden.

Einsatz von Office 365 mit Euro-Cloud unzulässig

In einer Meldung geht der hessische Datenschutzbeauftragte näher auf die Fragestellung ein, warum der Einsatz von Microsoft Office 365 in Schulen derzeit unzulässig ist. Laut dem Datenschutzbeauftragten ist die Nutzung von Cloud-Anwendungen durch Schulen generell kein datenschutzrechtliches Problem. Viele Schulen in Hessen wenden bereits Cloud-Lösungen an. Schulen können sich datenschutzkonform digitaler Anwendungen bedienen, soweit die Sicherheit der Datenverarbeitung und die Teilhabe der Schülerinnen und Schüler gewährleistet ist.

Anders ist die Rechtslage bei Office 365 als Cloudlösung. Seit Jahren befinden sich die Aufsichtsbehörden mit Microsoft in der Diskussion. Dabei ist der entscheidende Aspekt, ob die Schule als öffentliche Einrichtung personenbezogene Daten (von Kindern) in einer (europäischen) Cloud speichern kann, die z.B. einem möglichen Zugriff US-amerikanischer Behörden ausgesetzt ist.

Öffentliche Einrichtungen in Deutschland haben eine besondere Verantwortung hinsichtlich der Zulässigkeit und Nachvollziehbarkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten. Auch muss die digitale Souveränität staatlicher Datenverarbeitung gewährleistet sein. Hinzu kommt ein weiteres Problem, auf das im Herbst 2018 das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie die Öffentlichkeit hingewiesen hat.

Mit der Verwendung des Betriebssystems Windows 10 werden eine Fülle von Telemetrie-Daten an Microsoft übermittelt, deren Inhalte trotz wiederholter Anfragen bei Microsoft nicht abschließend geklärt sind. Derartige Daten werden auch bei der Nutzung von Office 365 übermittelt.


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Der Datenschützer sieht mit der Nutzung von Office 365 in der Cloud eine Verletzung der DSGVO-Vorgaben, die nicht per Elternzustimmung geheilt werden kann. Grund ist, dass die die Sicherheit und Nachvollziehbarkeit der Datenverarbeitungsprozesse nicht gewährleistet ist. Deshalb ist die Datenverarbeitung unzulässig. Der Versuch eine Heilung durch eine Einverständniserklärung der Eltern zu erreichen, würde auch die besonderen Schutzrechte von Kindern z.B. nach Art. 8 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) nicht hinreichend berücksichtigen.

Microsoft muss springen oder ist draußen

Der HBDI kennt die Bedarfe, die insbesondere berufliche Schulen für die Nutzung von Office-Paketen geltend machen. Deshalb besteht auch das Interesse, zusammen mit Microsoft zu einer datenschutzkonformen Lösung zu kommen. Dies liegt jedoch nicht am HBDI oder den anderen bundesdeutschen Aufsichtsbehörden, sondern vor allem an Microsoft selbst. Sobald insbesondere die möglichen Zugriffe Dritter auf die in der Cloud liegenden Daten sowie das Thema der Telemetrie-Daten nachvollziehbar und datenschutzkonform gelöst sind, kann Office 365 als Cloud-Lösung von Schulen genutzt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt kann sich Schule aber anderer Instrumente wie z.B. On-Premises Lizenzen auf lokalen Systemen bedienen.

Heise hat hier einen Beitrag zum Thema veröffentlicht. Das ist jetzt eine weitere Klatsche für Microsofts Cloud-Pläne, hatte doch die niederländische Datenschutzbehörde den Einsatz von Office aus den gleichen Gründen für nicht möglich erachtet. Ich hatte hier im Blog ja einige Artikel mit dem Tenor, dass Microsoft wegen der DSGVO mit Microsoft Office 365 arg unter Druck steht. Sieht so aus, als ob das Microsoft-Management mit seiner Cloud-Orientierung Office 365 in der EU satt an die Wand fährt.

Die Kosten der Abhängigkeit: 73 Millionen Euro/Jahr

Kommen wir zum zweiten Aufreger, den Lizenzkosten, die der Bund für Microsoft-Produkte pro Jahr berappen muss. Heise hat das Thema in diesem Beitrag aufgegriffen und interessante Informationen offen gelegt. Für das Jahr 2018 waren vom Bund in der IT eigentlich nur 47 Millionen Euro an Lizenzkosten für Microsoft-Produkte vorgesehen. Am Ende des Jahres musste der Bund 73 Millionen Euro an Microsoft überweisen, um deren Software nutzen zu können – nicht ganz eine Verdopplung der Sollvorgabe. Öffentlich geworden ist dies durch eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Victor Perli von der Fraktion "Die Linke" bei der Bundesregierung. Hier die Höhe der Lizenzzahlungen für die zwei Spitzenreiter unter den Bundesministerien:

  • Bundesverteidigungsministerium: 62,5 Millionen Euro
  • Auswärtige Amt: 4,7 Millionen Euro

Sprich: Das Bundesverteidigungsministerium (und nicht die Truppe) schießt mit Office – weit übers anvisierte Ziel hinaus. Und für 2019 liegt die Schätzung bei über 57 Millionen Euro, wobei das Verteidigungsministerium noch keine Zahlen geliefert hat.

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(Quelle: Pexels / Pixabay CC0 Lizenz)

Im Innenministerium sind für 2019 schon 19 Millionen Lizenzkosten für Microsoft eingeplant. Sieht so aus, als ob der Bund am Nasenring von Microsoft hängt und durch die Manege gezogen wird.

Open Source wird zwar geprüft, aber die Anforderungen werden dann auf Microsoft Produkte zugeschnitten. Die Forschungseinrichtung CERN hatte wegen der Lizenzproblematik kürzlich beschlossen, weg von Microsoft und hin zu Open Source-Lösungen zu migrieren (siehe CERN goes Open Source: Ene, mene, muh, und raus bist Du, Microsoft). Insgesamt zahlen alle Bundesbehörden ca. 1/4 Milliarde Lizenzgebühren an Microsoft, wie ich im Artikel Bundesbehörden: Viertelmilliarde Lizenzgebühren an Microsoft 2018 berichtete.

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4 Antworten zu Office365 an Schulen unzulässig – Microsoft-Lizenzkosten für Bund steigen

  1. Andreas sagt:

    "Microsoft muss springen oder ist draußen"

    Bezweifle ich stark. Datenschutzbeauftragte in Deutschland sind Papiertiger. Sie können nur juristisch unverbindliche Empfehlungen aussprechen, haben jedoch keinerlei Befugnisse, auch für deren Durchsetzung zu sorgen oder Sanktionen gegen Datenschutzverstöße zu verhängen.

    Das wird laufen wie in so vielen Bereichen: Die alltägliche Praxis an den Schulen verlangt eine Lösung – die Welt dreht sich ja weiter, auch wenn sich die Politiker noch nicht einig/im klaren sind, wie man sich verhalten soll.

    Das Problem wird dann jahrelang von einer Legislaturperiode zu nächsten verschleppt, bis die Verwendung von nicht-datenschutzkonformen Produkten aus dem Hause Microsoft zum Standard geworden ist und sich niemand mehr traut, an diesem Status Quo zu rütteln.

    Da sich inzwischen auch alle daran gewöhnt haben, verläuft das ganze im Sande. Was vor 10 Jahren irgendein Datenschutzbeauftragter mal angemerkt hat, interessiert dann sowieso keinen mehr.

    Und falls irgendein Verband/Verein vors Verwaltungsgericht zieht, um die Lage gerichtlich klären zu lassen – die Trägheit der Verfahren vor diesen Gerichten ist hinlänglich bekannt, das wird dann bestimmt auch 10 Jahre bis zu einem endgültigen Urteil dauern.

  2. Bernard sagt:

    Der Datenschutzbeauftragte Ronellenfitsch kann sich bald eine neue Stelle suchen…

    Oder man ignoriert ihn von Seiten der Politik einfach. Schliesslich will nicht nur München, sondern ganz Niedersachsen wieder Software von Microsoft haben.

    Gut, dass es Korruption nur in der dritten Welt gibt…

    • Andreas sagt:

      "Der Datenschutzbeauftragte Ronellenfitsch kann sich bald eine neue Stelle suchen"

      Muss er nicht. Um seine jetzige Amtszeit antreten zu können, musste er sich aufgrund seines fortgeschrittenen Alters bereits eine Ausnahmegenehmigung besorgen. Und das ist jetzt KEIN Witz, sondern eine Information aus dem näheren Umfeld von Herrn Ronellenfitsch.

  3. RUTZ-AhA sagt:

    Das sich überhaupt noch Datenschutzbeauftragte finden, die bereit sind, sich diesem "Augsburger Puppenkiste Theater" Datenschutz zu widmen, lässt darauf schließen, dass der Job gut bezahlt wird.
    Selbstwertgefühl muss dann eben zurück stehen, denn sie wissen ja, es ist ein Kampf gegen Windmühlen..

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