Amazons 8 Milliarden Dollar "Fluktuations-Problem"

AmazonDer Online-Händler Amazon scheint ein echt fettes Personalproblem zu haben, wie jetzt durch interne Dokumente heraus kam. Die jährlichen Kosten, die Fluktuation der Mitarbeiter verursachen, sollen sich auf 8 Milliarden US-Dollar belaufen.


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Es läuft nicht rund für Amazon – scheint eine Mist-Firma, oder zumindest kein guter Arbeitgeber zu sein. Dass dort "hire and fire" herrscht, ist lange bekannt – und über Streiks hört man auch. Nun sind interne Dokumente öffentlich geworden, die einen Blick in die Details ermöglichen.

Amazon hat auf allen Ebenen eine so hohe Fluktuationsrate an Mitarbeitern, das diese jährlich 8 Milliarden US-Dollar kostet. Nur mal zur Einordnung, um ein Gefühl für die Größenordnung zu bekommen: Der Nettogewinn des Unternehmens für das Geschäftsjahr 2021 betrug 33,36 Milliarden Dollar.

Die Mitarbeiter entscheiden sich doppelt so oft, zu kündigen, wie die Rate der Kündigungen, die durch das Unternehmen ausgesprochen werden. Und die Entlassungsrate von Amazon liegt schon weit über dem Branchendurchschnitt. Dazu heißt es in einer internen Studie: 

"Bedauerte Fluktuation" – d. h. Arbeitnehmer, die sich dafür entscheiden, das Unternehmen zu verlassen – "tritt doppelt so häufig auf wie unbedauerte Fluktuation" – also Entlassungen oder Kündigungen – "auf allen Ebenen und in allen Unternehmen",

In einem Dokument vom Januar 2022 werden die Daten des Vorjahres zitiert, die "darauf hinweisen, dass die bedauerliche Fluktuation zwischen 69,5 % (niedrig) und 81,3 % (hoch) auf allen Ebenen (Mitarbeiter der Stufe 1 bis Stufe 10) liegen". Das deutet auf ein ausgeprägtes Problem der Mitarbeiterbindung hin, meint der Autor der Untersuchung. Ich würde sagen, das ist ja schlimmer als ein "Durchlauferhitzer" – vermutlich haben die große Drehtüren einbauen müssen, um den Strom der neuen Mitarbeiter von der Masse der Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen, irgendwie handeln zu können.

Zur Erläuterung: Stufe 1 würde Einstiegspositionen wie die Tausenden von Lagermitarbeitern des Unternehmens umfassen, während ein Vizepräsident auf Stufe 10 angesiedelt wäre. Der Bericht stellt außerdem fest, dass "nur einer von drei Neueinstellungen im Jahr 2021" 90 oder mehr Tage im Unternehmen bleibt.

Das ist ein echt schwarzes Bild, was da von Amazon gezeichnet wird und könnte dem Unternehmen irgendwann das Genick brechen. Bei einem solchen Arbeitsklima arbeitet man nur dort, wenn die Not einen zwingt. Engadget hat die internen Dokumente in die Finger bekommen und die Details in diesem Artikel aufbereitet.


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11 Antworten zu Amazons 8 Milliarden Dollar "Fluktuations-Problem"

  1. Anonymous sagt:

    (Leider) Das übliche Gebahren solcher "Riesen"! Jedoch es sich "nur" um gut ein Viertel des Nettogewinnes handelt, wird wohl kein Umdenken in größerem Ausmaße stattfinden – zumal bei $Milliardenbeträgen$.
    Schön finde ich es zu lesen, daß es mehr "bedauerte", als "unbedauerte" Fluktuation gibt – die Leute lassen eben (noch) nicht alles mit sich machen…

  2. Paul sagt:

    Emm. Hatte Amazon nicht ein Programm indem jedem der geht ein paar tausend Dollar nachworfen werd. weil sie keine unzufriedenen Mitarbeiter wollen und wer unzufrieden ist soll bitte gehen.
    Sah ich mal im TV.

  3. GüntherW sagt:

    So wirklich was anfangen kann ich mit den Zahlen nicht, da fehlt als Leser total die Relation/Einblick. Was jetzt alles zu den Kosten zählt und wie es in den Bereichen aussieht? Es gibt Branchen da wird fast nie Jemand gekündigt, da kommen auf eine ausgesprochene Kündigung evtl. 100 Mitarbeiter die selber kündigen.

    Daher finde ja eher folgenden Satz interessant:
    "Die Mitarbeiter entscheiden sich doppelt so oft, zu kündigen, wie die Rate der Kündigungen, die durch das Unternehmen ausgesprochen werden."

    Das ist eine Branche mit sehr ungelernten Arbeitern, wenn die Leute was Besseres finden sind sie weg. Dazu machen Leute den Job evtl. zur Überbrückung oder aus Naivität (Amazon ist cool, macht Werbung). Da herrscht naturgemäß halt schon eine hohe Fluktuation. Im Gegenzug bekommt man sicher auch viele "Dullies". Aber wieso kommen auf 2 Leute die freiwillig gehen eine Person die "gekündigt" wird? Der Schritt einen MA zu kündigen ist ja schon heftig. Die Peronalbindung scheint da noch das Geringste Problem.

    Ich hab übrigens keine Ahnung worunter "auslaufende Verträge" zählen. Das ist weder freiwillig gehen noch kündigen, je nach Sachverhalt steckt aber einer der beiden Punkte dahinter.

    • Paul sagt:

      Unter "auslaufende Verträge" würde ich "Zeitarbeits-Verträge" verstehen.
      Die "enden" einfach. Ohne alles.
      Wie das Monatsticket bei der Straba.

      Ich weiß nun nicht warum Amazon so plump vorgeht.
      In Deutschland werden von den Unternehmen eigene "Leiharbeits-Firmen" gegündet. Die stellen die Leute mit einem 20h-Wochenstunden-Vertrag ein und verleihen sie an ihr Muttergesellschaft zu 40h-Wochenstunden…
      Eigenen Mitarbeiter wird "angeboten" von ihrer Festanstellung zur "eigenen" Leiharbeit-Firma zu wechseln. Das ist ganz legal…
      Ist ein Leiharbeiter nicht fix genug oder sinkt der Umsatz wg. schlechtem Management können sind diese Leute von heute auf morgen ihre 40h-Beschäftigung los und werden noch ein paar Tage von der (Schein-)"Zeitarbeits-Firma" bezahlt, eh das Arbeitsamt die Kosten für den den 20h-Stunden job übernimmt.
      (Urlaub wird bekanntlich tageweise genommen, und Krankheit auch. Also werden nur 4h pro Tag bezahlt, weil der Ausleiher ja nix zahlt bzw. einen anderen bekommt…)
      D.h. das Unternehmen braucht niemanden zu "kündigen".
      Die Kündigung erfolgt durch die (Schein-)"Zeitarbeits-Firma"…
      Auch können die Leihkräfte immer wieder geordert werden, ohne das Risiko einzugehen, dass diese auf eine Festanstellung klagen könnten..sie sind ja festangestellt, bei der Leiharbeitsfirma…

      Nebenbei, wie menschenverachtend das ist:
      Die "Arbeitskraft" wird "eingekauft" wie ein Karton M5-Schrauben.
      Kein Betriebsrat muss gefragt oder informiert werden. Die bekommen ja auch sonst nicht mit wenn neue Schrauben auf's Lager gehen.

      Seltsam.
      So ein tolles, soziales(*) Modell (durch eine SPD-Regierung "entwickelt", mit einem Kanzler, der groß in Erdöl macht, Aka Agneda 2010) gibt es nicht in den USA?

      (*) Das unternehmerische Risiko trägt der Arbeitnehmer, die Gewinne landen ausschließlich beim Arbeitgeber. Soziale Marktwirtschaft, oder?

  4. Gabriel sagt:

    Auf der anderen Seite kann man aber auch sagen. Die nehmen jeden. Das machen nun Mal auch nicht viele…

  5. Paul sagt:

    Der Nettogewinn des Unternehmens für das Geschäftsjahr 2021 betrug 33,36 Milliarden Dollar.

    Das ist welcher der 3 Nettogewinne?
    Der für's Finanzamt, der für die Presse, der für Boes?

  6. Paul sagt:

    Wieso so viele gekündigt werden?
    Das sind die die das Wort "Gewerkschaft" gewagt haben zu sagen.
    Oder einen Betriebsrat gründen wollten.
    Schlenker konnte in diesen Fall einfach den Laden schließen und gegenüber einen neuen einrichten.
    Alles legal.
    Wo ist Schlecker heute?

    Das Kapital einer Firma sind seine Mitarbeiter, nicht die Server…

  7. Knusper sagt:

    zwei Beobachtungen:

    In meiner Nähe hat ein Amazonlager eröffnet. Man sucht(e) Mitarbeiter für 12,50 die Stunde. Bei einer Strassenbahnfahrt erlebte ich folg. Szene: "Nee, bei denen fange ich nicht an. Da darf man nicht mal aufs Klo und muss einen durchsichtigen Rucksack tragen." Der Type war tätowiert bis zum Hals. Hat vielleicht nichts zu sagen, doch diese Aussagen finde ich absurd.

    Ich brauchte eine SSD-Platte und war in zwei Läden unterwegs. Schlechtes bis miserables Angebot. Also nach Hause, zur Webseite und zwei Tage später hatte ich Platte.

    • Bernd B. sagt:

      Sie Beide machen da einen groben Fehler:
      – der Verunstaltete überträgt unzulässig (unsere Arbeitnehmerrechte sind weit stärker) angebliches Gebaren von Amazon in US auf DE
      – Sie vermischen das Verhalten eines Anbieters gegenüber Kundschaft (günstige Ware, guter Service) mit seinem Verhalten gegenüber Mitarbeitern – das sind aber oft 2 verschiedene Welten: Ein Laden, in dem man gut einkaufen kann kann dennoch (teilw. gerade deshalb) "die Hölle" für Mitarbeiter sein.

      P.S. 12,50€ waren bis 07/2022 >125% des Mindestlohnes, erst seit 10/22 ist der Abstand marginal.

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