Vivaldi-Entwickler beschwert sich in einem Brief an die EU über das Vorgehen Microsofts beim Edge

Edge[English]Jon von Tetzchner, CEO von Vivaldi und früherer Gründer von Opera, beides Browser, die als Alternative zu Chrome oder Edge gedacht waren, hat einen offenen Brief an die EU-Kommission geschrieben. Darin beklagt er die Praxis Microsofts, die Nutzer davon abzuhalten, einen anderen Browser als den Microsoft Edge zu verwenden und Nutzern den Browser geradezu aufzuzwingen. Er dokumentiert Microsofts unfaire Praktiken und beruft sich auf den Digital Markets Act (DMA) als Basis, um Microsoft zu zwingen, wettbewerbswidriges Verhalten zu unterlassen.


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Microsoft nervt mit dem Edge

Ich hatte hier im Blog ja häufig über das nervige Gebaren Microsofts berichtet, den Edge-Browser wie "sauer Bier" unter die Anwenderschaft zu bringen. Ich hatte beispielsweise im Beitrag Windows 10, der Edge, die Bugs und die nervende Popup-Anzeige über eine nervende Popup-Anzeige mit Werbung für den Edge und Bing als Suchmaschine berichtet.

Nerv-Popup-Anzeige im Edge 91

Die Versuche Microsofts lassen sich schon gar nicht mehr zählen. Ich hatte schon länger vor, eine Beschwerde an die EU-Kommission zu schicken, bin aber kein Marktteilnehmer.

Digital Markets Act als Hebel?

Andererseits ist der Digital Markets Act der EU in den letzten Wochen aktiv geworden, und die EU-Kommission hat erste Gatekeeper in diesem Bereich aufgelistet (siehe EU benennt sieben Unternehmen als "Gatekeeper" für EU Digital Markets Act). Microsoft geht zu den sieben benannten Unternehmen, wobei aber die EU-Kommission den Microsoft Edge-Browser in der Liste der 22 Plattformen (noch) explizit ausgenommen hat (siehe EU-Kommission benennt 22 Plattformen als Gatekeeper unter dem Digital Markets Act).


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EU Gatekeeper
Gatekeeper; Quelle: EU-Kommission

Ich hatte im Artikel ausgeführt, dass die Kommission vier Marktuntersuchungen eingeleitet hat, um die Argumente von Microsoft und Apple weiter zu prüfen, die argumentieren, dass einige ihrer Kernplattformdienste trotz Erreichen der Schwellenwerte nicht als Gateways eingestuft werden können. Bei Microsoft geht es um die Suchmaschine Bing, den Edge-Browser und das Microsoft Werbenetzwerk. Die Untersuchung sollte innerhalb von höchstens 5 Monaten abgeschlossen sein.

Die Restriktionen des Digital Markets Acts (DMA) sollen in den nächsten Monaten greifen. Gatekeeper werden besondere Regeln auferlegt, so dass der freie Wettbewerb nicht behindert werden darf und ein Lock-In der Nutzer nicht statthaft ist.

Beschwerde von Vivaldi

Nun hat Vivaldi CEO Jon von Tetzchner einen offenen (Beschwerde-)Brief an die EU-Kommission geschrieben. Martin Geuß ist das aufgefallen; die 11 Seiten lassen sich hier als PDF-Dokument nachlesen. Dort führt Tetzchner seine Erfahrungen, die bis in die 1990er Jahre zurückreichen, wo Microsoft den Internet Explorer mit Windows bündelte und damit andere Browseranbieter platt machte. Microsoft würde ständig nach Wegen suchen, den (Windows-) Nutzern seinen eigenen Browser (zuerst Internet Explorer, jetzt Edge) aufzuzwingen.

In Anbetracht der Tatsache, dass das der DMA in den kommenden Monaten vollständig in Kraft treten wird, bringt Vivaldi mit dem offenen Brief an die EU-Kommission seine Besorgnis über das jüngste Verhalten von Microsoft zum Ausdruck. Microsoft habe zwar öffentlich stets eine konstruktive Haltung gegenüber der DMA zum Ausdruck gebracht. DIe Handlungen des Unternehmens erzählten eine andere Geschichte, schreibt der Vivaldi CEO. Die letzten Monate hätten Microsofts konzertierte Bemühungen offenbart, entweder absichtlich die neue Verordnung zu missachten oder seine Marktmacht auszubauen, bevor das DMA vollständig in Kraft tritt.

Diese Missachtung des DMA manifestiert sich laut Vivaldi in einer Vielzahl von Bereichen, aber insbesondere auch in der Art und Weise, wie Microsoft auf dem Browsermarkt agiert:

  • Microsoft zeigt Nutzern, die nach einem alternativen Browser suchen, verstärkt Popups in Windows, die die Aufforderung enthalten, den Edge als Browser zu verwenden.
  • Microsoft positioniert den Edge-Browser in Windows als Standard und erschwert den Nutzern den Versuch, diese Vorgaben außer Kraft zu setzen, um nutzerfreundliche Einstellungen u verwenden. Ende 2021 hatte ich im Beitrag Windows 11: Microsoft erzwingt Edge-Browser in Protokollen berichtet, dass Microsoft den Edge-Browser unter Windows 11 als Standard bei Protokollen erzwingt. Eine Umleitung auf Browser von Drittanbietern ist damit unmöglich.
  • Microsoft ignoriert zunehmend die Standard-Browsereinstellungen und setzt sie außer Kraft, auch in Outlook und Teams (ich hatte im Beitrag Outlook und Teams sollen Links standardmäßig im Edge öffnen berichtet).
  • Microsoft führt de facto eine Standard-Exklusivität für Edge ein und erschwert es anderen Browser-Anbietern, dagegen anzugehen. Microsoft nutzt beispielsweise seine Bing-Chat-Funktion zum Wettbewerbsvorteil, indem es von den Benutzer zur Verwendung von Edge zwingt.

Der CEO von Vivaldi fordert Microsoft auf, sein Vorgehen zu überdenken und sich an die in der DMA festgelegten Grundsätze und Ziele der Fairness und der Anfechtbarkeit zu halten. Nur durch die Einhaltung dieser Grundsätze kann ein wirklich wettbewerbsfähiges und nutzerzentriertes digitales Ökosystem gedeihen, heißt es im offenen Brief. Im offenen Brief dokumentiert Jon von Tetzchner  alle Sauereien Microsofts in Bezug auf den Edge, die den Nutzern diesen Browser aufzwingen sollen. Der Brief endet damit, dass die EU mit Microsoft und den Mitbewerbern schauen soll, wie die ein fairer Wettbewerb in diesem Bereich möglich ist. Notfalls soll der DSA angezogen werden, um Microsoft zu einem wettbewerbsgerechten Verhalten zu zwingen. Ich denke, der Brief kommt gerade zur rechten Zeit, da die Untersuchung der EU-Kommission zum Edge noch läuft. Wenn Microsoft diesbezüglich die Gräten eingezogen werden (erste Rückzieher hat Redmond ja bereits gemacht) und die unsägliche Edge-Anpreisungen entfallen, sollte das den Nutzern nur Recht sein.

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31 Antworten zu Vivaldi-Entwickler beschwert sich in einem Brief an die EU über das Vorgehen Microsofts beim Edge

  1. Sven B. sagt:

    Wie lächerlich ist das denn? Ist da jemand frustriert weil er keine Rolle Spielt und die Konkurrenz das bessere Produkt abliefert? Ich muss sagen Edge ist einfach nur top.

  2. T Sommer sagt:

    Vivaldi ist eine gelungene Chromium Browser Variante und ich nutze ihn ständig.
    Installiert man das Teil auf PC oder MAC und startet eine Internet Suche – na, welche Suchmaschine wird genutzt – ja "BING" – soviel zum Thema "Microsoft".
    Wenn mir das Gebaren von MS nicht gefällt, warum ist deren Suchmaschine dann hier Standard? Es sind 9 Suchmaschinen hinterlegt – Bing, Yahoo, DuckDuckGo, Ecosia, Quant, Startpage, Wikipedia Google und You.
    Das ist auch eine Form von Scheinheiligkeit!

    Wäre schön, wenn man bei der Ersteinrichtung wählen könnte welche Suchmaschine es sein darf, oder zumindest eine Suchmaschine wie DuckDuckGo als Default eingestellt wäre. Zumal Vivaldi gleich 3 Arten von Suchmaschinen nutzt – Standard, Privatfenster und Bildsuchmaschine.

    • Martin sagt:

      Das Eine schließt das Andere nicht aus! Vivaldi wird von Microsoft Geld dafür bekommen, dass sie Bing als Standardsuchmaschine einstellen. Sie werden das Geld eben benötigen. Mozilla bekommt auch Geld von Google, dass sie deren Suchmaschine als Standard einrichten. Auch die sind leider auf das Geld angewiesen!

      In beiden Fällen können sie dennoch ihre Geldgeber für deren sonstige Verhaltensweisen kritisieren! Da ist nichts scheinheilig! Man könnte eher Microsoft Scheinheiligkeit vorwerfen, denn die geben Vivaldi Geld, wodurch Vivaldi zwar überlebt. Aber das Ziel ist ja, bei den Benutzern über Bing einen Zehen mehr in die Tür zu bekommen. Langfristig natürlich den kompletten Fuß und dann drehen sie Vivaldi den Geldhahn zu. Mit der Folge/dem Wunsch, dass die dann wohl untergehen.

  3. HackIT0 sagt:

    Microsoft Edge ist ein Zwangsbrowser in Windows 10 geworden, keine Deinstallation möglich. Microsoft hatte nichts gelernt aus der Strafe von 561 Millionen Euro im Jahre 2013 mit den Internet Explorer in Windows 7.
    Ich blockiere die Spyware "Edge" via GPO. Zudem versucht das Teil bei jeden Update sich als Standard-Anzeige für PDF-Datei zu registrieren. Das nervt. Bei Firefox habe ich via GPO die PDF-Anzeige deaktiviert seit dem JavaScript in PDFs ausführbar wurden. (Für Ransomware ist JavaScript interessant.)

  4. Luzifer sagt:

    wo verhindert den MS das ich alternative Browser verwende? Werbung ist keine Verhinderung!
    Auf meinem Rig laufen: Edge; Opera; Firefox, Vivaldi, Chrome; TorBrowser parallel, man muss ja testen können ob seine Software / Site auch auf allen richtig läuft.

    Verhindert wird da gar nix, wenn der User zu "dumb" ist da selbst zu wählen, naja dann sollte man den gar nicht erst an ein Informationstechnisches Gerät lassen!

    MS ist sicher nicht der Engel mit blütenweiser Weste, aber Werbung in den eigenen Produkten für weitere eigene Produkte … na dann mal her mit den Infos: Welcher Arbeitgeber macht den Werbung für die Konkurenz? Ich kenne keinen!
    Oder vertreibt einer von euch gar Waren der Konkurenz im eigenen Unternehmen?

    Solange Windows sich nicht weigert die Firefox.exe* zu installieren ist da alles vollkommen in Ordnung

    *hier beliebigen Browseer einsetzen

    Aber schon klar, wenn man halt mit dem eigenen Produkt nicht punkten kann …

    • Ärgere das Böse! sagt:

      Wieso hat man den Edge-Deflector u.ä. benutzt, und wieso funktionieren diese Umleitungen nicht mehr?

    • Martin sagt:

      Sie blenden da etwas ganz Entscheidendes aus dem Artikel und der Realität aus: Microsoft wendet, wie beschrieben, aktive Strategien an, um andere Browser in ihrer Funktion zu behindern! Das ist Machtmissbrauch! Windows ist ein Betriebssystem und es muss dem Benutzer *völlig* freigestellt und *möglich* sein, den Browser seiner Wahl für *alles* zu benutzen, wofür man einen Browser verwenden kann. Microsoft/Windows hat da nichts auf den hauseigenen Edge umzubiegen, Punkt!

      • 1ST1 sagt:

        Die anderen Browser funktionieren nach wie vor uneingeschränkt.

        • Anonymous sagt:

          Jein. Verknüpfungen, Dateiendungen und Protokolle müssen/mußten händisch umgestellt werden. :-/

        • R.S. sagt:

          Jein.
          Bestimmte Aufrufe werden auf den Edge umgeleitet, auch wenn man andere Browser installiert und als Standardbrowser definiert hat.

          Und dieses Verhalten ist nicht i.O.!

          Wenn ich einen Browser als Standardbrowser definiere, dann haben ALLE Aufrufe an diesen Browser weitergeleitet zu werden, außer, ich wähle explizit einen anderen Browser aus (z.B. im Kontextmenü).

          • 1ST1 sagt:

            Das hat nichts mit der Funktionalität des Browsers zu tun, die unterschiedlichen Browser stellen die Seiten nach wie vor richtig dar.

            Was du meinst, ist das Umgehen der Einstellung des Standardbrowsers durch manche Microsoft-Programme, ja das stört mich auch, aber dann muss man halt mal in Outlook den Link kopieren und manuell in die Adresszeile von Firefox eintragen. Das hat, so absurd es klingt, aber sogar einen Vorteil, man sieht tatsächlich die Adresse, und nicht das was in der Mail angezeigt wird. Im Fall von Phishing hat man mit der Vorgehensweise sogar noch ein zusätzliches Sicherheitslayer…

          • Bernd Bachmann sagt:

            Was sind denn das für „bestimmte Aufrufe"? Ich kann mich nicht erinnern, auf meinem privaten PC jemals den Edge zu sehen bekommen zu haben.

            (Ok, anscheinend geht es vor allem um Links aus Outlook. Das würde es erklären — MS Office verwende ich privat schon seit Jahren nicht mehr. Aber auf meinem Firmen-PC gehen die auch im Firefox und nicht im Edge auf. Edge brauche ich dort nur, weil manches SAP-Zeugs nicht im Firefox läuft. Dafür kann aber Microsoft nichts.)

      • Luzifer sagt:

        Nochgmals: Die Browser funktionieren einwandfrei! Wenn MS windowseigene Funktionen auf dem windowseigenen Browser darstellt ist das da ihr gutes Recht! Welche Firma lässt den die Konkurenz ins eigenen Unternehmen? Her mit den Daten!

        Und wer nicht dumm ist kann sogar das einstellen!

        • Mira Bellenbaum sagt:

          Deine Antwort geht völlig am Thema vorbei!

          Es geht um Links, die Du in Anwendungen wie z.B. Outlook anklickst!
          Da öffnet sich immer der Edge, egal welchen Browser Du installiert und als
          Standardbrowser definiert hast!

          Und nein, auch Mircosoft darf nicht alles dürfen.

  5. 1ST1 sagt:

    In Outlook 365 wird seit ein paar Wochen Edge beim Klicken auf Links in Mails auch verwendet, selbst wenn sonst Firefox oder eine andere Alternative als Standardbrowser voreingestellt ist. Das stört auch mich, hatte aber noch keine Zeit mal zu schauen ob man das per Gruppenrichtlinie abstellen kann.

  6. Sebastian sagt:

    Damit macht er das was er schon bei Opera sehr erfolgreich gemacht hat. MS über die EU Geld rausleiern. Scheint schon ein wenig Teil seines Geschäftsmodels zu sein aber es trifft mit MS natürlich auch nicht den falschen.

  7. Mira Bellenbaum sagt:

    Wer keine Möglichkeiten hat, den Edge zu bändigen,
    dem kann ich nur wärmsten den MSEdgeRedirect empfehlen.

    Dann werden auch (wieder) alle links im eingestellten Standardbrowser geöffnet.
    https://github.com/rcmaehl/MSEdgeRedirect/releases

    • Werner Hermann sagt:

      Das blöde ist wie viel Aufmerksamkeit und Aufwand man inzwischen betrieben muss, um den Edge zu bändigen.
      In ein Betriebssystem gehört maximal ein "Basic-Browser" ohne die ganzen Extras.
      — Erweitere Rechtschreibprüfung, …die ggfls Passwörter überträgt,
      — Bing das sich als Suchmaschine nicht löschen lässt,
      — irgendein Einkaufs-Gedöns
      — und der neuste Schrei: Ein VPN das sich ungefragt aktiviert
      ( und wieder auch Passwörter überträgt ? PW die weder MS noch
      die NSA/FBI ganz sicher nicht entschlüsseln können ? Für diesen Fall funktionieren
      die entsprechenden Schnittstellen zu den Behörden gaaanz sicher nicht ! )
      — Und das eingebaute Ki-Gedöns verwendet die täglich erlernten Daten
      ( durch die Verwendung ) ganz bestimmt auch nicht …niemals !

      Der Anfang von Edge-Chromium war ja noch vielversprechend … aber inzwischen
      blocke ich das Teil wo ich nur kann.

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