[English]Noch ein kurzer Nachtrag von der BUILD 2025-Entwicklerkonferenz, die Microsoft diese Woche abgehalten hat. Laut Medienberichten will Microsoft auch Outlook mit "Wave 2" eine Copilot-Unterstützung spendieren.
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Mir ist der Sachverhalt bei Dr. Windows in diesem Beitrag untergekommen – auch ZDNet hat den Sachverhalt in diesem Artikel aufgegriffen. Beide Medien haben die Information wohl vorab von Microsoft bekommen.
In Microsoft Outlook sollen die Funktionen Mail und Kalender mittels Copilot so aufgehübscht werden, dass das Lesen, Organisieren und Beantworten von E-Mails unterstützt wird. Ziel ist es, dass Outlook seinen Nutzern hilft, benötigte Informationen schneller zu finden.
Dazu sollen Zusammenfassungen von Suchergebnissen und angehängten Dateien in E-Mails per Copilot generiert werden. Diese Funktion soll nicht nur den Navigationsprozess im Posteingang beschleunigen, sondern auch die Sicherheit erhöhen. Denn die Argumentation ist, dass Copilot Zusammenfassungen des Dateiinhalts liefert, bevor die Dateien geöffnet werden.
Die Nutzer sollen jetzt auch Zusammenfassungen mit relevantem Kontext und Aufgaben in Bezug auf ds Thema eines Meetings erhalten. Das soll die Suche nach den relevanten Materialien vermeiden, der Copilot übernimmt diese Aufgabe. Beide Funktionen sollen laut Dr. Windows ab sofort allgemein verfügbar sein.
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Ich hätte Fragen – meine Gedanken
Das obige Ansinnen habe ich erst einmal zur Kenntnis genommen – eine Presseinformation Microsofts mit mehr dabei nicht untergekommen. Aber so ganz spontan kamen mir Fragen sowie einige Gedanken.
Lässt sich das deaktivieren?
Die erste Frage war, ob es Outlook Classic und/oder die neue Outlook-App betrifft (vermutlich beide). Daran schließt sich die Folgefrage an, ob man diese Funktionalität als Benutzer oder Administrator auf einfachem Weg zuverlässig deaktivieren kann?
Eine schlaue KI in einer Suchmaschine meinte: Um Copilot in Microsoft Outlook zu deaktivieren, navigieren Sie zu Datei > Optionen > Copilot und deaktivieren Sie das Kontrollkästchen "Copilot aktivieren". Dann die OK-Schaltfläche bestätigen, Outlook schließen und die Anwendung neu starten.
IT-Administratoren sollen Copilot über das Microsoft 365 Admin Center oder per Gruppenrichtlinie deaktivieren können. Für die Webversion von Outlook soll sich ein Abonnement auch auf eine Version ohne Copilot herabstufen lassen.
Wie sicher ist das Ganze
Im Rahmen des obigen Sachverhalts stellt sich für Firmen die Frage, wie sicher dieser Copilot-Einsatz eigentlich ist. Mir fällt ad-hoc dazu die Problematik ein, dass die Mails vertrauliche Informationen sowie persönliche Daten von Benutzern enthalten können. Werden die Mail-Inhalte durch Copilot ausgewertet, stellt sich nach DSGVO die Frage nach der Auftragsverarbeitung. Sind die Wege, die die Daten bei der Analyse gehen, bekannt und von Datenauftragsverarbeitungsverträgen abgedeckt.
Weiterhin müssten sich IT-Verantwortliche mit der Frage der Vertraulichkeit der Daten und deren Auswertung durch Copilot befassen. Was passiert, wenn Copilot beim Chef die Gehaltsdaten der Mitarbeiter im Mail-Postfach durchnudelt und dann die Information "irgendwie" beim Bericht eines Mitarbeiters einfließen? Alles im E-Mail-Postfach eines Nutzers in einem "Datensilo für Copilot" vorzuhalten und auf dieses Silo zu begrenzen, wird das "Potential" des LLMs möglicherweise nicht "heben können".
Hier wird bereits ein konzeptionelles Problem des Ansatzes deutlich. Die Leserschaft dieses IT-Blogs ist vermutlich in der Lage, diese Fragen zu verstehen, zu durchdenken und zu den richtigen Schlüssen zu kommen. Aber der Handwerker, der Therapeut, der Dienstleister, der mal eben sein Microsoft 365 gebucht hat, wird sich um diese Fragen keine Gedanken machen – das Wissen fehlt. Geht solange gut, bis die ersten "Katastrophen" passieren.
Kopflastig oder sinnvoll?
Und mich treibt noch eine ganz andere Fragestellung um, nämlich nach der Sinnhaftigkeit des ganzen Ansatzes. Ich muss mich final in der Bewertung stark zurückhalten, da ich seit 32 Jahren aus der Industrie raus bin und meine Abläufe sehr gut ohne AI auf die Reihe kriege. Mit ist aber noch dunkel in Erinnerung, dass es zu meiner Zeit bei Besprechungen eine Einladung – meist mit Agenda und vorzulegenden Informationen – gab.
Ist die heute Arbeitswelt in Büros so komplex und Meeting-orientiert geworden, dass die Leute schlicht nicht mehr wissen, was wann wo zu besprechen ist und was benötigt wird? Ist man wirklich auf eine KI angewiesen, die einem sagt: "Trabe morgen bei Meeting xyz an und bringe das und das mit?" Oder hat "Manager wichtig" so viele Termine, dass er den Überblick verliert?
Bei den Begründungen für die Notwendigkeit des AI-Einsatzes, die ich vom Microsoft Marketing gelesen habe, stellt sich mir immer sofort die Sinnfrage. Mein Eindruck: Da sitzen extrem schlecht ausgebildete Leute bei Microsoft USA, die sich in Meetings verlieren und dann an strukturiertem Vorgehen scheitern. Also soll die AI in Form von Copilot das Ganze richten. Ist das in der heutigen Geschäftswelt in eurem Umfeld als Leser dieses IT-Blogs wirklich so ähnlich?
Nutzen der AI in Frage gestellt
Mein Bauchgefühl, dass vom Marketing ein großer Ballon aufgeblasen und ein Hype-Circle angestoßen wurde, der bald platzen muss, wurde gerade irgendwie bestätigt. Die Woche bin ich bei Golem auf den Artikel ChatGPT, Copilot und Co.: KI-Assistenten bringen laut Studie kaum Zeitvorteile gestoßen. Eine Studie hat die in Unternehmen eingesetzten Chat-Bots und AI-Lösungen a la Copilot untersucht. Da das Zeugs kostet, muss es sich rechnen.
Das ernüchternde (aber erwartbare) Ergebnis war, dass die AI-Ansätze in Unternehmen keine "signifikanten Auswirkungen auf das Einkommen oder die geleistete Arbeitszeit" haben, egal in welcher Branche. Die Studie Large Language Models, Small Labor Market Effects von Humlum und Vestergaard wurde beim National Bureau of Economic Research, einer US-amerikanischen Forschungsorganisation publiziert.
Nutzer von KI-Chatbots sparen durchschnittlich nur 3 Prozent ihrer Arbeitszeit ein, heißt es. Nur bei 3 bis 7 Prozent der Angestellten resultierten Produktivitätsgewinne in höheren Gehältern. Trifft auch irgendwie mein Bauchgefühl: Grundsätzlich sehe ich die Möglichkeiten von LLMs in spezifischen Einsatzbereichen wie Übersetzungen, Bildauswertung in der Medizin, Modelling von molekularen Verbindungen oder Konstruktionsvarianten etc. positiv. Nur stört mich die geradezu zwanghafte Propagierung von Copilot & Co. in allen Bereichen von Anwendungen, egal, ob ich es brauche, will oder nicht. Wie bewertet ihr das gesamte Thema?
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KI für alles ist ein noch schlimmerer IT-Irrweg als alles in die Cloud zu schieben.
ich muss irgendwie an den Notepad denken und die damit verbundene enshittification.
notepad konnte nie viel und wurde alsbald von anderen Editoren locker abgehängt.
Verarbeiten grosser dateien, suchen und ersetzen mit regex, Syntax highlightning, code folding.
Alles Funktionen, die man nie nachgerüstet hat und die mit steigender, eigener Erwartung das ding schnell aus dem rennen warfen.
Aber zum öffnen kleiner plaintext Dateien, insbesondere auf fremden systemen war das Programm ganz brauchbar.
Hier nen Kennwort notieren, da einen Text vor der Weiterverarbeitung von seiner lästigen Formatierung befreien.
Es hätte weiterhin seine kleine niesche besetzen können.
Da hat man sich bei Microsoft gedacht: welche tollen features können wir einbauen, um das ding auch für diese wenigen, verbliebenen Einsatzzwecke völlig unbrauchbar zu machen.
hold my beer, muss jemand gebrüllt haben und hat in ein Programm, in dem man kurz unformatierte Wörter und satzfetzen wie Passwörter ablegt ausgerechnet eine Autokorrektur (automatisches grossschreiben am Zeilenanfang!) und umformatieren mit einer KI incl hochladen in die cloud hinzugefügt. Auch die Markieren Funktion wurde so geändert, dass man nicht mehr erkennt, ob das Leerzeichen am Wortende nun mit in der Zwischenablage gelandet ist oder nicht.
Da klappt einem einfach nur die Kinnlade runter bei so viel Nützlichkeit.
Danke Microsoft, danke! Ihr habt wahrlich gezeigt, dass ihr die Nutzer verstanden habt.
Ihr kennt mich als Nutzer genau so wie sich Geschwisterkinder kennen. Die wissen, wie man mit kleinsten Sticheleien maximales Aggressionspotential entfaltet.
zum Beitrag: meine Aussage bei den geizigen Arbeitgebern ist immer, dass ein zweiter monitor für 100€ mit einer Laufzeit von gut 12 Jahren = 144 Monaten in etwa 10% mehr Produktivität einbringt.
Das ist denen dann immer zu teuer. Sind immerhin 4 CT am Tag. zzgl Stromkosten i.h.v. nochmal 4 CT am Tag. Jeweils brutto.