35 Jahre Intel 8088-Prozessor–eine persönliche Betrachtung

Laut diesem heise.de-Artikel und unter Bezug auf Wikipedia wurde der Intel 8088-Prozessor, der durch den IBM PC zu einem riesen Erfolg wurde, am 1. Juli 1979 vorgestellt. Daher nutze ich an diesem Wochenende die Gelegenheit zu einem kurzen Rückblick – denn damit liegen 35 Jahre persönlicher Computergeschichte hinter mit.


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Meine Situation in 1979 und die Jahre danach ….

Ich muss gestehen, die Vorstellung der Intel 8088-CPU ist total an mir vorbei gerauscht – und selbst, wenn mir ein Zeitungsartikel zum Thema unter die Augen gekommen wäre, ich hätte wenig damit anfangen können. Als ich 1976 mit dem Studium der Physikalischen Technik an der FH-Jülich begann, waren programmierbare Taschenrechner das höchste der Gefühle (ich selbst hatte kurz vorher noch mit einem Rechenschieber operiert und nun einen Taschenrechner, der trigonometrische Funktionen und Potenzierung, Logarithmierung etc. beherrschte). Rechnertechnik? Fehlanzeige – wir durften für den FORTRAN-Programmierkurs ab 1977 an einem Lochkartenstanzer ein paar Programmzeilen eintippen. Wurde dann abgeholt und im Batch-Modus an einer IBM-Großrechenanlage laufen gelassen. Am Folgetag bekamen wir dann den Papierausdruck – meist mit den Fehlermeldungen. Aber, hey, ich hatte immer genügend Papier, um meine Vorlegungen mitzuschreiben. Als ich später noch PL/1 und Basic als Wahlfächer hatte, bekam ich auch Zugang zu einem Mulby-Rechner der Aachener Firma Kranz – war ein riesiger Schrank im Rechnerraum der FH – aber meine Welt bestand aus einem Teletype-Writer.

Im Juni 1979 hatte ich gerade meine Diplomarbeit am Forschungszentrum Jülich (damals noch Kernforschungsanlage Jülich) beendet. Ging um eine Fotodiodenzeile, heute in jeder Kamera verbaut. Damals gab es von der Reticon-Zeile wohl insgesamt 6 Exemplare weltweit. Eine hatte ein junger Forscher in der KFA ergattern könnte – und der Spruch "wenn das Teil kaputt geht, war's das mit der Diplomarbeit" lag mir noch im Ohr. Dat Teil ging fast kaputt – jedenfalls stellte ich mitten in der Messphase fest, dass die Ansteuerelektronik Probleme machte. Nach längerem Studium der Schaltpläne kam ich zum Schluss, dass man mit ein paar gelöteten Drähten das Teil wieder zum Funktionieren bringen könne. Hat geklappt und ich konnte die Messungen fertig machen. Ich erinnere mich noch gut an den ersten Tag im Labor. Da stand eine PDP 11 von der Firma Digital Equipment als Messrechner (genau genommen gab es auch noch eine PDP 8 im Labor – die wurde mit Lochstreifen gefüttert). Mit großen Augen stellte ich fest, dass dieser Computer so gar nicht mit Lochkarten gefüttert wurde, sondern ein Diskettenlaufwerk besaß. Die Floppy-Disks waren groß wie Mini-Pizzas (8 Zoll) und plötzlich musste ich mich mit Befehlen wie Pip, Copy,  Squeze etc. unter dem Betriebssystem RT 11 befassen …

Ach ja, im Juli, August habe ich wohl die ganze Bibliothek der KFA-Jülich und der Stadtbücherei Jülich durchwühlt und alles an "moderner Literatur" in Richtung Computertechnik gefressen. Es ging da aber um die Zuse Z1, Kernspeicher, Lochstreifenleser und was weiß ich was – Technik aus den 50er bis 60er Jahren. Ein 8088 kam da überhaupt nicht vor.

Im ersten Job im Flugzeugbau war eine PDP 11/04 meine Heimat – und ein PET 2001 mit 8 Bit Motorola 6502 CPU flog auch da herum (ein paar Maschinenbefehle habe ich schon mal in ein Basic-Programm eingebaut – aber ich mochte die Maschine nicht wirklich). Und immer noch keinen Plan hinsichtlich des 8088-Prozessors. Na ja, in der Zeit habe ich auch maschinenbautechnisch Ultraschall-Tauchbäder für die zerstörungsfreie Werkstoffprüfung an Tornados oder Airbus-Maschinen konstruiert sowie Prüfverfahren entwickelt. Die Programmierung der PDP 11/04 mit der Prozesssprache INTRAN für zerstörende Werkstoffprüfung war nur eine Teilaufgabe. War damals ziemlich weit weg von dem, was ich momentan blogge.

Erst im Oktober 1980 heuerte ich bei einer großen Chemiefirma in einem Ingenieurbereich an, um dort Mikroprozessoren für Automatisierungsprojekte (Anlagensteuerungen) einzusetzen. Im Gebrauch waren Intels 8080– und 8085-8-Bit-Prozessoren, die mit Intel ISIS II-Systemen (ähnlich wie CP/M) als Entwicklungsumgebung programmiert wurden. Damals habe ich in Assembler, Fortran und PL/M Steuerungsprogramme, Überwachungssoftware für Anlagenparameter und auch Echtzeit-Betriebssysteme geschrieben. Technische Highlights: RAM-Speicher zwischen 1 und 4 KByte, EPROM-Speicher zwischen 4 und 16 KByte. War aber unglaublich, was wir an Programmen auf diese EPROM-Speicher brennen konnten.

Und so 1981 muss auch ein ZX 81 (mit Zilog Z80 CPU) in meine Finger gekommen sein. Erst als Selbstbausatz, den ein Kollege von einer Dienstreise nach München aus der dortigen Vobis-Zentrale mitbrachte. Das Teil konnte ich zum Gestehungspreis direkt wieder verscherbeln, da ich für den gleichen Preis (oder ein paar DM mehr) ein zusammengebautes Exemplar von Vobis Aachen bekommen hatte. War geil, ich habe da einen Monitor und einen Disassembler in BASIC geschrieben, um das ROM zu analysieren. Doof war aber das Sichern des Programmcodes auf Kassetten – auch damals waren die "Backups" häufig nicht mehr lesbar, so dass man immer auf mehrere Kassetten Sicherungskopien anfertigen musste. 

… und wie der 8088 in meine Finger kam

Seit dieser Zeit wusste ich, dass Intel da einen neuen 16-Bit-Prozessor, den 8086, anbot – und es gab eine kastrierte Variante in Form des 8088-Prozessors. Intern ein 8086, aber mit Anschlüssen beim Datenbus, die auf die vorherige 8 Bit-Rechnerkomponenten (Controller etc.) abgestimmt war. Und dann, es muss wohl Oktober 1983 gewesen sein, kam dann auch ein 8088-System in meine Finger – oder ich wie die Jungfrau zum Kind zu diesem System.

Der erste IBM PC/XT, der in Europa in den Verkauf ging, lief durch unsere Abteilung. Und weil ein Kollege gerade in den Sack gehauen hatte – er wollte lieber Unix bei Nixdorf machen – fiel die heiße Kartoffel in meinen Schoß. Der IBM PC/XT war mit MS-DOS 1.0, CP/M und dBASE II, USCD-Pascal und einer fotokopierten Microsoft-Dokumentation ausgeliefert worden (die gedruckte Doku war nicht fertig geworden). Kurz vor Auslieferung des IBM PC/XT an den Kunden war noch MS-DOS 2.01 von IBM gekommen. Aber da konnte ich mich nicht um die Feinheiten der 8088-CPU kümmern – sondern musste nach dem Sprung ins kalte Wasser (Null Ahnung von MS-DOS, keine dBASE II-Kenntnisse), die beim Kunden im Rohzustand vom Kollegen zusammen genagelte dBASE-Anwendung zum Laufen bringen. Habe ich auch auf die Reihe bekommen und nebenbei eine Menge gelernt.


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Privat dann dauerte es noch ein paar Jährchen, bis ich mit einen Amstrad PC 1512 mit 20 MByte Festplatte geleistet habe. Finanzieren wollte ich das Teil übrigens mit meinem ersten Buch (zum Basic dieses Rechners). Hat mehr schlecht als recht geklappt – aber ein 8080/Z80-Disassembler, an einem Wochenende als Fingerübung in Turbo Pascal geschrieben, ich wollte das lernen, ließ sich samt einigen Erläuterungen recht profitabel an eine Computerzeitschrift verscherbeln – so dass die Finanzierung des PC gesichert war. In den folgenden Jahren sind dann Bücher zu Turbo Pascal, Turbo und QuickBasic, was zum A86-Assembler (des 8088/8086) und die MS-DOS-Programmierhandbücher entstanden. Beim ersten MS-DOS-Programmierhandbuch konnte ich von der fotokopierten Microsoft-Dokumentation, die mir IBM seinerzeit für den ersten IBM PC/XT in die Hand drückte, profitieren. Niemals danach bekam man mit einem Rechner so viel Insider-Dokumente von Microsoft zur Software. Geschätzt 250 Bücher später stoppeln wir mit Android und haben ggf. die gleichen Probleme wie damals.

Die Zeit vergeht – und wie schaut's bei Euch aus?

Die Zeitschriften des Dr. Dobbs Journal of Softwaretools, die ich aus den USA importiert habe, wurden von mir regelrecht gefressen. Den Quellcode von 386BSD, den das Ehepaar Jolitz dort publiziert hat, habe ich aber nicht abgetippt, denn irgendwann so Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrtausends fiel mir eine Diskette mit so einem merkwürdigen System namens Linux (war irgend eine Version 0.x) in die Finger. Ich hab's dann unter UMSDOS so weit zum Laufen gebracht, dass X Window und ich glaube xfce sichtbar war. Da das alles aber nur in Schwarzweiß tat, gab es immer lange Pausen zwischen den einzelnen Tests der Linux-Versionen – Windows war einfach verfügbarer und tat meist auf Anhieb.

Ja, und damit wird mir klar, dass seitdem viel Zeit vergangen ist. Damals waren wir jung, enthusiastisch und wollten unbedingt (wie Bill Gates und Steven Wozniak) die Welt aus den Angeln heben. Heute sind wir nun ja leider nicht mehr jung – und bevor wir die Welt aus den Angeln heben, überlegt man, wie das wohl gehen könne, ohne sich das Kreuz zu verheben oder das nächste Zipperlein einzufangen.

Und damit wären wir bei euch. Ich weiß, dass einige meiner Blog-Leser damals noch nicht einmal geboren waren – andere hatten da schon einen guten Teil ihres Berufslebens verbracht. Daher die Frage: Habt ihr die Einführung des Intel 8088 erlebt? Was war eure erste CPU oder euer erster Rechner, mit dem ihr Gehversuche unternommen habt? Gibt's sonst nette Erinnerungen zum Thema aus diese Zeit? Kommentare sind willkommen.

Sofern Blogger hier mitlesen, könnte ja sogar eine kleine Blog-Parade "Mein erster Rechner/meine erste CPU" entstehen, wo ihr das Thema aus eurer Sicht aufgreift und vielleicht eine kurze Story veröffentlicht. Da Trackbacks nicht immer zuverlässig funktionieren, wäre ich über einen kurzen Backlink im Kommentarbereich dankbar. Schönen Sonntag.


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7 Antworten zu 35 Jahre Intel 8088-Prozessor–eine persönliche Betrachtung

  1. Tim sagt:

    Ach bei mir war es anfänglich in der mittleren bis späteren Schulzeit zuerst ein
    Commodore 16+4 (glaub ich) gefolgt von einem C64 und dem 128D.
    Hauptsächlich wurde damit halt gespielt.
    Der Amiga ging dann jedoch an mir vorbei und nach einer Computerlosen Pause gabs nen echt teuren 286er, der später selbst auf einen (den ersten) Fehlkauf 386SX-25, gefolgt von einem AMD 386DX-40 aufgerüstet wurde… Ich hab da auch noch ganz gruselige Speicherpreise im Kopf. Eigentlich bin ich seit dem 286er brav die ganze Leiter Hardwareseitig mit raufgeklettert, begleitet anfänglich von OS/2, MS-DOS und Windows seit Version 3.
    Vor Version 3 hatte Windows für mich noch keine Bedeutung, obwohl es irgendwo auf einer Diskette rumdümpelte. Zu der Zeit freute sich MS ja noch über "Raubkopien" zur Verbreitung… und dann kam ja auch schon das Internet um die Ecke, das früher viel "netter" war…

  2. Tim sagt:

    Mein größtes Kopf Tisch Kurios Erlebnis hatte ich mit dem Händler Vobis…

    Die verkauften damals Rechner ohne (die neuen) CD-Rom Laufwerke und lieferten die damals wirklich noch Systemwichtigen Treiber auf CD Rom mit…

    Das muss so die Zeit gewesen sein als Windows 95 erschien… auf ~30 Disketten ;)

  3. Hans Brender sagt:

    gestartet mit einem sündhaft teuren Taschenrechner von HP, erster Rechner dann PET 2001, dann CBM 3032, dann der erste 8086 mit dem Namen Sirius und einer legendären Tastatur mit Funktions-Tasten (der steht bei mir im Museum) MS-DOS 1.25 und CPM, 80186 von Siemens (erste Platte formatiert mit 5 MB: und das dauerte, dann Schneider PC 1512, Tandon (mit der ersten Wechselplatte)….

  4. David sagt:

    Sehr Interessanter Artikel :) Gestartet habe ich auch mit einem Amstrad PC1512 und zwei Diskettenlaufwerken. Sagenhafte 360kb Speicherkapazität umfasste eine 5,25" Diskette ;) Später habe ich den Arbeitsspeicher von 512 kb auf maximal 640 kb erhöht. Das war schon ein Luxus. Man brauchte dann nicht unbedingt bei jeder Anwendung die Config.sys bzw. Autoexec.bat verändern. An Software lag MS-DOS 3.1 und eine GEM (Graphical Environment Manager) Version dabei. GEM oder auch Windows 3.0 haben mich damals nicht wirklich begeistert. Das Power-Tool damals war der Norton Commander :) Die ersten Programmier Schritte habe ich damals mit GW-Basic unternommen.

  5. HansS sagt:

    Der erste IBM-PC mit 8088 landete irgendwann 1982 auf meinem Schreibtisch. Festplatte war natürlich noch Fehlanzeige, dafür gab's aber immerhin 128 KB Arbeitsspeicher und zwei 5,25″-Floppys: Links MS-DOS und rechts abwechselnd Multiplan, WordStar und dBASE. Viel Blech und wenig Leistung, aber die Software empfanden wir damals als revolutionär, und die Unabhängigkeit vom Großrechner war ein großer Fortschritt.

  6. Detlef sagt:

    Mein erster Rechner war ein Commodore VC20, danach habe ich mir den Commodore C128 mit dem man auch das Betriebssystem CP/M laufen lassen konnte. Danach holte ich mir den ersten PC, ein Commodore PC20 mit MS-DOS, ich glaube, das ich damals 6500 DM auf dem Tisch gelegte habe, für ein PC mit zwei 51/4 Zoll Diskettenlaufwerk. Ich war so stolz auf das Gerät.
    Ich fand die Zeit damals sehr schön, die ganze Entwicklung mitzuerleben.

  7. Thomas sagt:

    In meiner Jugend hatte ich noch kein Interesse an Computertechnik. Angefangen habe ich 1989 mit einen IBM AT 286 mit 12 MHz und 20 MB Festplatte. Das Gerät hatte immerhin schon 640 KB RAM und DOS 3.1. Von Amaris hatte ich einen BTX Decoder. Den montierte mir damals die Telekom. Das waren meine ersten Gehversuche. Zu Windows bin ich erst ab Version 3.1 gekommen.

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