Leistungsschutzrecht: Google muss mit französischen Verlegern verhandeln

Die französische Wettbewerbsbehörde hat Google auferlegt, mit französischen Verlegern zu verhandeln. Es geht um das neue Leistungsschutzrecht, welches seit Herbst 2019 in Frankreich gilt. Demnach müssen Google oder Facebook den Verlegern eine Vergütung zahlen, wenn sie deren Inhalt in News-Suchergebnissen anzeigen.


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Es ist eines der umstrittensten Gesetze in der EU, das Leistungsschutzrecht für Presseverleger – eingeführt von nationalen Staaten – und in Deutschland wegen Formfehlern zunächst gescheitert. Konkret geht es darum, dass News-Aggregatoren und Suchmaschinen für die Schlagzeilen-Vorschau an die Verleger zahlen sollen. Es reicht also einen Link unterzubringen, um auf eine Nachricht zu verlinken. Schon soll der verlinkende an den Verleger des Artikels zahlen. Das Leistungsschutzrecht zielt vor allem drauf ab, Google mit seinem Dienst News dafür bluten zu lassen, dass dort kurze Artikelanrisse und ggf. Bilder auf Zeitungsartikel angezeigt werden.

Kurzer Rückblick

In Deutschland wollten Zeitungsverleger über die VGMedia (Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte von Medienunternehmen mbH) Zahlungen von Google erzwingen, weil der Suchriese Artikel mit Titel und einem kurzen Anrisstext in seinen Ergebnisseiten bei der Websuche anzeigt. Basis war in Deutschland das vergurkte Leistungsschutzrecht – ich hatte im Blog-Beitrag Irrsinn Leistungsschutzrecht und mein Blog dazu Stellung genommen. Der Schuss der Verleger ging nach hinten los – die VGMedia hat keine signifikanten Einnahmen generiert (siehe).

In Spanien hat man von Verlegerseite ebenfalls versucht, Google anzuzapfen, weil dort ebenfalls News als Titel mit einem kurzen Anrisstext in der Suche aufgelistet wurden. Das Ende vom Lied: Google hat in Spanien schlicht sein Google News eingestellt – und damit war das Problem aus Google-Sicht erledigt (siehe). Für die Verleger ging der Schuss nach hinten los, da deren Leserschaft in Folge der Auslistung schrumpfte.

Im Frühjahr 2019 kam, am Ende einer großen und erfolgreichen Lobby-Schlacht der Verleger, das EU-Leistungsschutzrecht (Artikel 11), welches wieder Dollarzeichen in die Augen der Verleger zauberte. Die VGMedia will von Google einen Milliarden schweren Lizenzvertrag und sämtliche Verlage und Sender in der EU vertreten (siehe). Google lehnt das (in meinen Augen mit Recht) als haltlose Gedankenspiele ab. Netzpolitik.org hat sich für Deutschland 2019 in diesem Artikel zum Thema geäußert.

Frankreich ist bisher das einzige Land, das das neue Recht der Urheberrechtsreform der Europäischen Union für Presseverlage in ein nationales Gesetz umgesetzt hat. Das Gesetz trat im Oktober 2019 in Kraft. Der Artikel 15 der EU-Urheberrechtsrichtlinie (früher Artikel 11), erlaubt es der Presse, Geld von Plattformen wie Google und Facebook zu verlangen, wenn diese Presseinhalte Inhalte online veröffentlichen. In diesem Blog-Beitrag hatte ich erwähnt, dass Google die französischen Verleger aber abblitzen ließ – das wurde auch im Blog-Beitrag Google zahlt französischen Verlegern keine Vergütung für News-Auszüge thematisiert. Um keinen Traffic über Suchmaschinen zu verlieren, gewähren die meisten Verleger Google inzwischen die kostenlose Nutzung der Preview-Anzeigen in seinen Diensten.

Wettbewerbsbehörde zwingt Google zu Verhandlungen

Nun hat die französische Kartellbehörde (Autorité de la Concurrence) Google dazu verdonnert, in den kommenden drei Monaten Verhandlungen mit französischen Verlagen und Presseagenturen über eine Vergütung von bislang kostenlos genutzten Inhalten zu führen. Das geht aus dieser Mitteilung hervor. Diese Weisung erging, nachdem sich Presseverlage und Agence France-Presse (AFP) Beschwerde gegen Google eingereicht hatten.

Der Hintergrund: Google hatte beschlossen, Artikelauszüge, Fotos, Infografiken und Videos in seinen verschiedenen Diensten (Google Search, Google News und Discover) nicht mehr anzuzeigen, wenn der Verlag keine kostenlose Genehmigung erteilt. Die Behörde ist nun der Ansicht, dass die Praktiken von Google beim Inkrafttreten des Gesetzes über das Leistungsschutzrecht wahrscheinlich einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen und den Pressesektor ernsthaft und sofort beschädigen würden. Die Behörde vermutet unfaire Handelsbedingungen, die Google den Verlagen und Nachrichtenagenturen auferlegt.

Ziel der ausgesprochenen vorläufigen Maßnahmen ist es, Verlagen und Presseagenturen, die dies wünschen, die Möglichkeit zu geben, nach Treu und Glauben Verhandlungen mit Google aufzunehmen, um sowohl die Bedingungen für die Wiederherstellung als auch die Anzeige ihrer Inhalte zu erörtern Entschädigung, die damit verbunden sein kann. Die Verhandlungen müssen binnen 3 Monaten aufgenommen werden.

Während des Verhandlungszeitraums muss Google die Anzeige von Textextrakten, Fotos und Videos gemäß den vom betreffenden Verlag oder der zuständigen Presseagentur gewählten Methoden beibehalten. Um eine ausgewogene Verhandlung zu gewährleisten, sehen die Schutzmaßnahmen außerdem einen Grundsatz der Neutralität hinsichtlich der Art und Weise vor, in der die geschützten Inhalte der betroffenen Redakteure und Agenturen in den Diensten von Google indexiert, klassifiziert und allgemeiner dargestellt werden.


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Die Vergütungspflicht soll rückwirkend bis zum 24. Oktober 2019 gelten. Diese Anordnung erfordert, dass die Verhandlungen tatsächlich zu einem Vergütungsvorschlag von Google führen. Google muss Verhandlungen innerhalb von 3 Monaten nach Aufforderung zur Eröffnung von Verhandlungen eines Presseverlegers oder einer Presseagentur führen.

Google wird diese Maßnahmen vorerst umsetzen, könnte aber gerichtlich dagegen vorgehen. Einige weitergehende Informationen lassen sich bei Golem nachlesen. Persönlich halte ich das für einen Irrsinn, was in Sachen Leistungsschutzrecht abgeht und bin gespannt, wie Google das mittelfristig löst.


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6 Antworten zu Leistungsschutzrecht: Google muss mit französischen Verlegern verhandeln

  1. DerDirk sagt:

    Ehe die Verleger „Leistungsschutzrecht" buchstabieren können, hat Google News zu gemacht. Dann ist das Geschrei wieder groß.
    Und die Idee, die Abgaben rückwirkend zu verlangen ist auch sehr witzig.
    Unglaublich, dass die Verleger es einfach nicht lernen.

  2. Ärgere das Böse! sagt:

    Ich würde den Spiess umdrehen und entweder Geld von den Verlegern für das Auflisten verlangen oder die entsprechenden Funktionen in Frankreich schliessen.

    In der Schweiz ist es so, dass der Leserschwund daher rührt, weil sämtliche Medien zu rot-grünen Propaganda-Tröten verkommen sind.
    Die Medien sind selbst schuld, wenn ihnen die Leser davon laufen, und sie dann mit irgendwelchen schrägen Begründungen von überall her Geld erhalten müssen.

    • Fitz Carraldo sagt:

      "In der Schweiz ist es so, dass der Leserschwund daher rührt, weil sämtliche Medien zu rot-grünen Propaganda-Tröten verkommen sind."

      Dann musst Du die "Weltwoche" oder das "Extrablatt" abonnieren, da findest Du die einzig wahren Nachrichten für Reichsbürger-Symphatisanten und Hohlerdenanhänger.

      Und erst heute, durfte sich des Herrliberger Regents Töchterlein in der "Sonntagszeitung" über die bösen Sozis elaborieren. Leider ist der Artikel hiner einer neo-liberalen, den schnöden Mammon einforderden Paywall versteckt ! (https://www.tagesanzeiger.ch/der-bundesrat-muss-aufhoeren-jedem-sagen-zu-wollen-was-er-zu-tun-hat-230125707151)

      Siehst Du, wie gut ich ohne begründende Argumente irgendwas unterstellen kann ?

      • Ärgere das Böse! sagt:

        Die Weltwoche ist ausgewogen. Trotz dass sie dem feudalistisch-kapitalistischen Roger Köppel gehört.

        "In der Schweiz ist es so, dass der Leserschwund daher rührt, weil sämtliche Medien zu rot-grünen Propaganda-Tröten verkommen sind."
        Das ist meine Erfahrung, so von wegen von der Moderation ins Gegenteil geänderten Leser-Kommentaren (NZZ) bis zu wieder gelöschten oder gar nicht veröffentlichten Kommentaren, weil sie nicht der rot-grünen Leitmeinung entsprachen (Alle).

  3. deoroller sagt:

    Dieser Quatsch käme nicht auf, wenn Europa auch Suchmaschinen hat, die Googles Marktmacht aufbrechen und für einen Wettbewerb sorgen. Wenn man sich mal die Marktanteile der Suchmaschinen ansieht, so ist Europa absolute Diaspora. Man meint, es ist sogar gewollt, dass man das die anderen machen lässt, um sich aus der Verantwortung herauszuhalten, aber dann zu kommen und die Hand aufzuhalten für Services, für die man selbst unfähig ist, die man aber eigentlich selbst aufbauen und unterhalten müsste.

    • Ärgere das Böse! sagt:

      Das Problem dürfte sein, die Bekanntheit und Akzeptanz von Google zu erreichen. Alle versuchen es, keine Suchmaschine schafft es.

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