Belgisches Gericht urteilt: Das TCF-Framework ist nicht DSGVO-konform

Paragraph[English]Ein belgisches Gericht hat jetzt über eine Klage von Datenschützern zum TCF-Framework geurteilt. Die Richter sehen das TCF-Framework als nicht DSGVO-konform an. Damit bekommt die Online-Werbebranche um Microsoft, Google und Co. ein Problem, weil sie die Cookie-Zustimmung über das TCF-Framework einsetzt.

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Nachfolgender Post auf Mastodon greift diesen Sachverhalt auf und schreibt, dass die lästigen Einwilligungs-Cookie-Popups, mit denen Big Tech die Einwilligung zum Werbetracking abfragt, nicht mit der DSGVO konform seien.

TCF is illegal

Hintergrund: Google, Microsoft, Amazon, X und die gesamte auf Tracking basierende Werbeindustrie verlassen sich auf das "Transparency & Consent Framework" (TCF), um eine Einwilligung für die Datenverarbeitung über Cookies zu erhalten. Das TCF wird bei 80 % der Internetseiten verwendet.

Konkret wird seit von den Werbenetzwerken in Europa das TCF seit sieben Jahren als rechtlichen Absicherung für Real-Time Bidding (RTB) eingesetzt. Über RTB werden Anzeigeplätze auf Websites und in Apps versteigert. RTB verfolgt, was Internetnutzer sich im Internet ansehen und teilt dies dann kontinuierlich mit einer Vielzahl Unternehmen. Dadurch kennen die Firmen, die Werbung schalten wollen, die Interessen der Internetnutzer. Da laut Kritikern das RTB-System es unmöglich macht, zu wissen, was dann mit den Daten geschieht, sei es auch nicht möglich, die notwendigen Informationen für die Einwilligung der Nutzer zum Werbetracking zu erteilen, so der Vorwurf.

Zum 15. Mai 2025 hat das belgische Berufungsgericht entschieden, dass das TCF nicht mit der DSGVO konform sei. Dieses belgische Urteil ergibt sich aus einer Kette von Beschwerden und Rechtsstreitigkeiten in ganz Europa, die Dr. Ryan 2018 gegen Real-Time Bidding (RTB) angestrengt hatte.

Die aktuelle Entscheidung (Download des Urteils in English) geht auf eine Klage der belgischen Datenschutzbehörde zurück, die von verschiedenen Beschwerdeführern eingereicht wurde. Diese wurden von Dr. Johnny Ryan, dem Direktor für Durchsetzung beim Irish Council for Civil Liberties, koordiniert. Die Gruppe der Beschwerdeführer sind laut dieser Mitteilung: Dr. Johnny Ryan von Enforce, Katarzyna Szymielewicz von der Panoptykon Foundation, Dr. Jef Ausloos, Dr. Pierre Dewitte, Stichting Bits of Freedom und die Ligue des Droits Humains.

Dr. Johnny Ryan kommentierte das Urteil: "Die heutige Entscheidung des Gerichts zeigt, dass das von Google, Amazon, X und Microsoft verwendete Einwilligungssystem Hunderte von Millionen Europäern täuscht. Die Tech-Industrie hat versucht, ihre riesigen Datenverstöße hinter gefälschten Einwilligungs-Popups zu verstecken. Die Tech-Unternehmen haben die Datenschutz-Grundverordnung in ein tägliches Ärgernis verwandelt und nicht in einen Schutzschild für die Menschen."

heise hat das Urteil, welches weitreichende Folgen für die Werbenetzwerke hat, in diesem Artikel mit weiterführenden Informationen, Einschätzungen und Kommentaren aufgegriffen. Hielke Hijmnans von der belgischen Datenschutzaufsichtsbehörde APD ist zufrieden: "Dass diese Entscheidung des Marktgerichts, ebenso wie die Entscheidung des EuGH 2024, unsere Position bestätigt, dass der TC String ein personenbezogenes Datum ist und dass IAB Europe als Verantwortlicher für die Verarbeitung der Nutzerpräferenzen im Rahmen des TCF fungiert."

Der Verband der Onlinewerbeindustrie, IAB Europe, der das TCF ursprünglich aufgesetzt hatte, äußert sich laut heise ebenfalls zufrieden. Einmal wurde die Entscheidung der Vorinstanz aus formalen Gründen aufgehoben. Das dort ausgesprochene Bußgeldzahlung von 250.000 Euro wird also nicht fällig, schreibt heise. Der Verband ist über den TC-String hinaus nicht verantwortlicher Datenverarbeiter, merkt der heise-Beitrag an. Zudem habe die IAB Europe bereits das TCF 2.2 entwickelt,  welches dem Urteil aus Verbandssicht bereits Rechnung trage.

Hier im Blog kommt seit Herbst 2024 inzwischen eine Einwilligung über Contentpass zum Einsatz. Eine Lösung, die Abonnenten einen werbefreien Besuch der Webseiten ermöglicht, und die immer mehr Publisher stat der Cookie-Einwilligungs-Popups verwenden. Viel kommt bei der Contentpass-Lösung an Einnahmen für mich nicht zusammen, da die Abonnements über alle Contentpass-Seiten verteilt werden. Die Einnahmen decken bestenfalls 10 % der monatlichen Kosten, die ich für die Contentpass-Einwilligung zahle. Aber ich bin so von der IAB Europe-Cookie-Einwilligung weg.

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10 Antworten zu Belgisches Gericht urteilt: Das TCF-Framework ist nicht DSGVO-konform

  1. Christian Krause sagt:

    "Zudem hat die IAB Europe bereits das TCF 2.2 entwickelt, welches dem Urteil aus Verbandssicht bereits Rechnung trage."
    Genau mein Humor.
    Wir haben die Versionsnummer inkrementiert und machen bis zum nächsten Urteil weiter wie bisher.

  2. Luzifer sagt:

    Tja die WerbeMAFIA, genauso unbelehrbar wie die ContentMAFIA…Selbstverteidigung der einzige Weg der wirklich hilft!
    Wie so vieles im Real Life auch: Hilf dir selbst!

    • User007 sagt:

      Gier ist nicht belehrbar! 🤷‍♂️

    • mw sagt:

      Gibt es eigentlich valide Untersuchungen, ob die ganze online Werbung eigentlich überhaupt zu einer Steiegerung der Verkaufszahlen führt. Ich kann mir das nicht vorstellen. Durch den Einsatz von UBO erhalte ich aber sowieso kaum Werbung aus dem Web. Und wenn, dann bewirkt das eher das Gegenteil: Kaufverweigerung.

      • Tom sagt:

        Genauso sieht's (hier auch) aus! Schon einmal versucht, diesen Blog hier ohne Werbe-/Trackingblocker aufzurufen (ich weiß, Herr Born kann da selbst nicht viel machen)? Dann schnell schon mal einen Termin beim Augenarzt des Vertrauens machen! Das ist nämlich auch das große Thema: ein bisschen unaufgeregtes und statisches hier und da, damit könnte ich leben – wenn die Gier aber überhand nimmt (und das tut sie im gesamten INTERNET ohne Werbeblocker), wird eben "auf Teufel komm raus" geblockt.

        • Günter Born sagt:

          In obigem Beitrag ging es um das Thema Tracking, und eher nicht um das Thema Werbung an sich.

          Zu deiner Aussage: Das muss jeder selbst wissen, wie er verfährt – ich surfe immer ohne AdBlocker – bisher muss ich diesbezüglich noch keinen Augenarzt aufsuchen.

          Ansonsten hatte ich meine Position bzgl. Werbung und AdBlocker im Beitrag Ausblick: So sieht meine Planung für die Blogs aus ausgeführt. Dem ist wenig hinzuzufügen.

          PS: Aktuell überlege ich zudem, ob ich den Werbeanbieter wechsele und ganz aus der Google-Welt aussteige, um mit einem deutschen Werbevermarkter zu arbeiten. Wenn das klappt, könnte ich die Zahl der Anzeigen reduzieren. Am Ende des Tages bleibt halt immer die Frage "was bleibt am Ende des Tages auf dem Tisch und ist es sinnvoll, weiter zu machen".

          • KT sagt:

            Leider sind Adblocker heutzutage zwingend erforderlich. Selbst das News-Portal von Bing (Was leider besser ist als Google, da Bing die news selbst hostet und so die Paywall-Clickbaits umgeht) ist voll von Werbung, die mit Aufmerksamkeitsweckenden Bildern ist. Diese Bilder sind jedoch selten das, was man gerne auf dem Bildschirm haben möchte.

            Aber auch sonst ist auf vielen seriösen Seiten wie Ebay Kleinanzeigen nur unschönes Zeug. Wenn ich beruflich am Arbeitsplatz einen ausgemusteten Bürostuhl einpflegen möchte und dann großflächig auf 70 % des Bildschirms Damenunterwäsche beworben wird, während der Chef plötzlich hinter mir steht und gleich wieder geht, ist das eine eher unschöne Sache.

            Wer jetzt meint, dass ich alles ohne Gegenleistung kostenlos abschmarotzen möchte, dem sei gesagt, dass das Internet mal anders war. Damals haben viele Leute kostenlos und gerne Inhalte zur Verfügung gestellt. Auch ich gehörte dazu und habe viel Zeit und Geld investiert ohne was dafür zu verlangen. Einfach weil ich mein Hobby teilen und anderen helfen wollte. Bis dann letztlich Werbefinanzierte kommerzielle Projekte Seiten und Foren wie meine verdrängt und unauffindbar gemacht haben. Diese sind dann diejenigen, die darüber jammern, dass Adblock-User nur Schmarotzen.

            • Günter Born sagt:

              Wenn Du meine verlinkten Blog-Beiträge überflogen hättest, wäre der "ohne Gegenleistung kostenlos abschmarotzen möchte" in Bezug auf meinen Kommentar obsolet gewesen. Ich stelle es den Lesern frei, ob sie einen AdBlocker verwenden – weise aber darauf hin, dass der "edle Ritter"-Ansatz für viele Seiten nicht wirklich funktioniert.

              Ich habe keine Probleme damit, wenn einzelne Leute die AdBlocker aktivieren. Einige Leser spenden – wobei es mir bei Leuten, wo es finanziell knapp ist, das mit dem Spenden nicht wirklich recht ist – was ich auch kommentiert habe.

              Wo ich aber ein gewisses Problem mit habe, ist der Umstand, wenn jemand diese "Meinung jubelnd wie eine Monstranz vor sich her trägt". Es ist am Ende des Tages ganz einfach: Wenn die zur Finanzierung eines Angebots erforderliche Basis weg bricht, wird das Angebot verschwinden.

              Zum TCF: Ich habe über Jahre versucht, die Werbeanbieter zur Bereitstellung von cookie-less-Anzeigen zu überreden. Ohne Erfolg (hätte den Blog nicht finanziert bzw. mein Anbieter meinte "wir sind dran, wird aber nicht funktionieren" – und Google ist ja kürzlich bzgl. Third Part Cookies sperren um 180 Grad zurück gerudert. 's isch wie es isch, sagt man doch. Wie oben erwähnt, prüfe ich aktuell, ob ich wenigstens von Google weg komme.

  3. Klaus sagt:

    Hallo Herr Born
    Zur gefälligen Info

    https://netzpolitik.org/2025/urteil-zu-werbe-einwilligungen-ringen-um-deutungshoheit/
    Auszug:
    Tatsächlich hat das Gericht die ursprüngliche Entscheidung der belgischen Behörde nun aus formalen Gründen annulliert, wie auch die Datenschutzbehörde selbst bestätigt. Das verhängte Bußgeld in Höhe von 250.000 Euro muss IAB Europe dem Urteil zufolge trotzdem zahlen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Klaus

    • Günter Born sagt:

      Danke, my bad – ich hatte mir das Urteil weder auf flämisch noch in der englischsprachigen Übersetzung genau durchgelesen. Du hast Recht, das Gericht schrieb in der Urteilsbegründung: "Nach Prüfung ist das Gericht der Auffassung, dass die Kammer für Streitigkeiten des GBA in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen zu Recht eine Geldbuße in Höhe von 250.000,00 Euro verhängen konnte.

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die angefochtene Entscheidung zwar, wie im Zwischenurteil dargelegt, verfahrensrechtlich fehlerhaft ist, dass aber die von IAB Europe gegen die angefochtene Entscheidung vorgebrachten materiellrechtlichen Einwände unbegründet sind, abgesehen davon, dass die angefochtene Entscheidung feststellt, dass IAB Europe als (gemeinsamer)
      für die Verarbeitungen, die vollständig im Rahmen des OpenRTB-Protokolls erfolgen, verantwortlich ist.

      Das Marktgericht bestätigt auch die in der angefochtenen Entscheidung
      gegen IAB Europe verhängten Sanktionen, die sich ausschließlich auf die Verarbeitungen im Rahmen des TCF beziehen. Eine Rückverweisung der Rechtssache an die Kammer zur Beilegung von Streitigkeiten ist nicht erforderlich und rechtlich auch nicht geboten."

      Ist wohl in der Lesart, dass die Geldstrafe bestehen bleibt.

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