Da schwingt schon etwas Wehmut mit – obwohl vermutlich kaum einer meiner Blog-Leser etwas mit Dr. Dobbs of Software-Tools anfangen kann. Und die Webseite www.drdobbs.com kennt auch kaum jemand (ich packe mich an die Nase, ich hatte sie auch vergessen). Trotzdem …
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… als ich diese Nachricht las, war ich schon betroffen. Nach 38 Jahren verschwindet Dr. Dobby Ende des Jahres von der Bildfläche. Andrew Binstock schreibt zwar, dass man in 2014 fast 10 Millionen Seitenabrufe habe (nach 8 und 9 Millionen in den letzten zwei Jahren eine Steigerung). Wenn ich aber sehe, dass mein Nischenblog auf mehr als 2 Millionen Seitenabrufe kommt, sind die Dr. Jobbs-Besucherzahlen wohl zu gering gewesen, um das Angebot weiter zu finanzieren. Wie Binstock schreibt, stellt der Eigentümer, United Business Media (UBM), das Angebot zum Jahresende ein. Es gibt keinen neuen Content mehr, die Redaktion schließt. Das vorhandene Material wird aber weiter im Web abrufbar sein.
So bleibt mir nur der wehmütige Blick zurück. Dr. Dobbs of Softwaretools war in den achtziger Jahren des vorigen Jahrtausends eine der für mich "heißesten Zeitschriften" im IT-Bereich. Wilde Geschichten gab es damals. Weil ich keine Kreditkarte besaß, habe ich das Magazin über Markt+Technik aus den USA importieren lassen. Heute gibt's Markt+Technik in der Form ja nicht mehr (dieser MuT-Verlag ist eine Neugründung). Aber damals hat Markt+Technik noch solche Schlenker für seine Autoren gemacht .
Gab noch wildere Sachen. Ich erinnere mich, im Quellcode des von Bill und Lynne Jolitz geschriebenen 386BSD herumgefuhrwerkt zu haben – lange bevor ich eine Diskette mit einem komischen Betriebssystem Namens Linux 0.3, geschrieben von einem jungen Finnen mit dem seltsamen Namen Linus Torvalds, in die Finger bekam.
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Tja, und zwei Hefte stehen noch bei mir im Schrank. Denn als Steigerung der "wilden Sachen" habe ich mit den Dr. Dobbs Editoren Projekte über den großen Teich abgewickelt. In einem der oben abgebildeten Hefte gab es einen Artikel A TARGA Viewer in Borland Delphi. War eine wilde Geschichte, heise.de wollte die Story zwar, das Teil ist aber nie in der c't gelandet, sondern wurde hinter einer Paywall im Web angeboten (hab das aber erst nach Jahren rausgefunden, als mir Google einen Link ausspuckte). Ich hatte mir die englischen Rechte zurückbehalten und die Editoren von Dr. Dobbs Journal haben meinen englischsprachigen Artikel direkt übernommen und abgedruckt. E-Mail ging damals noch mit langsamen Analog-Modems.
Und es gab zwei Dr. Dobbs CDs, eine zu Dateiformaten und eine mit Hand-on PostScript Programming. Die letztgenannte wurde von mir eigenhändig in Word für DOS 4.5 oder 5.0 gesetzt. Die erstgenannte CD enthielt Auszüge aus meinem Buchtitel "The Fileformats-Handbook", welches ich mit International Thompson Publishing in England gemacht hatte.
Lang ist's her – zwischenzeitlich schreibe ich keine englischsprachigen Bücher mehr und mit dem Markt für Druckerzeugnisse geht es auch den Bach runter. Aber jetzt genug Nostalgie – ich weiß, dass ich langsam alt werde. Und für die Mannschaft von Dr. Dobbs ist es schade – aber so ist der Lauf der Welt. Jedenfalls war es eine geile Zeit, so zwischen 1985 bis 1997, mit dem Dr. Dobbs Journal of Software-Tools …
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Ich bin ganz erstaunt, dass es die noch gibt/gab – hatte die auch schon einige Jahrzehnte nicht mehr auf der Reihe.
Doch, habe die Seite bis heute gelesen. Man bekommt man fast alles überall im Internet, aber richtig fundierte und weitergehende Artikel, bei denen man sich anstrengen muss, sind auch nicht gerade so häufig. Die habe ich hier oft gefunden. Deshalb wirklich schade. Leider merkt man auch immer mehr Softwareprodukten an, dass die Programmierer ihr Handwerk nicht verstehen und von Copy&Paste leben.
@Sam, @Ralf: Respekt, gibt also wirklich Leute, die Dr. Dobbs noch kennen. Die Site war mir nicht geläufig, obwohl ich da schon gelegentlich mal drauf gewesen sein muss.
Ich habe aber nochmals nachgesehen, welche Themen die so behandelten. Und da war mir klar, warum mein Fokus da verloren gegangen ist. Aus dem Programmierumfeld habe ich mit 1985 aktiv und dann 1993 ziemlich zur Gänze zurückgezogen. Bücher zu solchen Themen zu machen, war witzlos. Du saßt 3 bis 5 Monate an einem Thema Vollzeit dran und hast am Ende 3.000 Exemplare für 3.000 Euro Tantiemen verkauft. Gab nach 1993 gelegentlich kleine Rückfälle in Form von Buchprojekten. Aber die Ergebnisse haben mich immer wieder auf den Boden der wirtschaftlichen Tatsachen zurückgeholt. Die letzten Titel zu VB und C# habe ich mit Sohnemann geschrieben, als er nach dem Studium auf Jobsuche war, viel Freizeit hatte und wir quasi damit eine Arbeitsprobe als Referenz schaffen wollten. War am Ende des Tages aus diesem Blickwinkel die richtige Entscheidung, aus wirtschaftlicher Sicht aber ein Fehler.
Leidtragende dieser Abwärtsspirale sind die jungen Entwickler, die kaum noch tiefgehende Infos zur Einarbeitung finden. Mal sehen, wie die Entwicklung weiter läuft, wenn dieses Internet of Things-Ding auf die Menschheit losgelassen wird ;-)
Es gab viele gute Zeitschriften. Zum Beispiel das Perl Journal, das mir geholfen hat, viele Dinge mit Perl zu automatisieren und eine Menge freier Wochenenden verschafft hat :-)). Oder das C/C++ Users Journal , dessen Sourcecode heute noch auf Dr. Dobbs verfügbar ist. Die englischen Zeitschriften haben mir eigentlich immer auch besser gefallen, weil so viele Grundlagenartikel enthalten werden. Gerade in der Anfangszeit der 80er/90er Jahre waren viele Grundlagenartikel enthalten und nicht nur Beiträge, die Werbung für ein Softwareprodukt/Framework machen wollen und doch nur an der Oberfläche bleiben.
Ich kenn's auch noch. Lange genug Dr.Dobb's verkauft – neben den dicken M+T-Born-Schinken. :-)