Bald umfassende Satellitenüberwachung überall?

Kleiner Technologiebeitrag in Sachen Privatsphäre und Überwachung. Die Satellitentechnik ist bald soweit, dass jeder überall lückenlos aus dem Weltraum überwacht werden kann.


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Einige Beispiele, was Satellitenfotos zeigen

Die Seite MIT Technology Review hat hier einen entsprechenden Bericht zum Thema veröffentlicht. Im Bericht wird skizziert, wie Aufnahmen von Satelliten bereits jetzt zur Strafverfolgung von Einzelpersonen genutzt werden.

Da gibt es den Mann namens  Curtis W. Croft, der 2013 illegal Marihuana in seinem Hinterhof irgendwo in Oregon angebaut hatte. Die Polizei von Grants Pass, Oregon, erhielt diesbezüglich einen Tipp. Bevor die Polizei los schlug, warfen sie einen Blick auf Google Earth. Die Aufnahme war zwar vier Monate alt, zeigte aber Pflanzen, die auf dem Gelände, das Croft besaß, wuchsen. Die Polizei machte eine Hausdurchsuchung und beschlagnahmte 94 Hanf-Pflanzen.

Im Jahr 2018 entdeckte die brasilianische Polizei im Bundesstaat Amapá mit Hilfe von Echtzeit-Satellitenbildern einen Ort, an dem Bäume gerodet worden waren. Als sie diese Stelle vor Ort inspizierten, entdeckten sie, dass das Gelände zur illegalen Herstellung von Holzkohle genutzt wurde, und verhafteten acht Personen im Zusammenhang mit dem Projekt.

Chinesische Regierungsbeamte haben die Existenz uigurischer Umerziehungslager in der Provinz Xinjiang immer geleugnet oder heruntergespielt und sie als "Berufsschulen" dargestellt. Aber Menschenrechtsaktivisten haben mit Satellitenbildern gezeigt, dass viele der "Schulen" von Wachtürmen und Stacheldrahtzäunen umgeben sind. Auch Berufsschulen müssen eher nicht mit Nato-Draht vor Eindringlingen geschützt werden.

Auflösung wird künstlich begrenzt

Die kommerziell verfügbaren Satellitenbilder werden jedes Jahr schärfer und häufiger. Im Jahr 2008 waren 150 Erdbeobachtungssatelliten im Orbit; inzwischen sind es 768. Das erlaubt bisher (noch) keine Echtzeitüberwachung. Datenschutzbeauftragte warnen davor, dass die Innovation bei Satellitenbildern Regierungen, Firmen und Einzelpersonen bald die Fähigkeit gibt, alles und jeden in Echtzeit zu überwachen.

Kommerzielle Satellitenbilder sind derzeit stark genug, um ein Auto abzubilden. Es lässt sich aber nicht die Marke und das Modell des Fahrzeugs identifizieren. Farmer können über die Satellitenaufnahmen die Gesundheit der Pflanzen im Auge behalten. Man kann aber bisher keine Menschen direkt überwachen und deren Kommen und Gehen verfolgen. Diese Anonymität ist bewusst, denn die US-Bundesgesetze beschränken die von kommerziellen Satelliten aufgenommenen Bilder auf eine Auflösung von 25 Zentimetern. Militärische Spionagesatelliten können Bilder erfassen, die weitaus detaillierter sind, obwohl Details als geheim eingestuft sind.

Die Technologie wird besser, die Bedürfnisse sind da

Aber die Satellitenbilder verbessern sich in einer Weise, die Investoren und Unternehmen zwangsläufig nutzen wollen. Das Imaging-Unternehmen Planet Labs unterhält derzeit 140 Satelliten, genug, um jeden Ort der Erde einmal täglich zu passieren. Maxar, ehemals DigitalGlobe, der 1997 den ersten kommerziellen Erdbeobachtungssatelliten startete, baut eine Konstellation auf, die in der Lage sein wird, Spots 15 Mal am Tag zu überfliegen. BlackSky Global verspricht, die meisten Großstädte bis zu 70 Mal am Tag zu überfliegen. Das mag nicht ausreichen, um jede Bewegung einer Person zu verfolgen, aber es würde zeigen, zu welchen Tageszeiten sich beispielsweise das Auto einer Person typischerweise in der Einfahrt befindet.

Einige Unternehmen bieten sogar Live-Video aus dem Weltraum an. Bereits 2014 begann ein Silicon Valley-Startup namens SkyBox (später umbenannt in Terra Bella und von Google und dann Planet gekauft), HD-Videoclips mit einer Länge von bis zu 90 Sekunden zu bewerben. Und ein Unternehmen namens EarthNow sagt, dass es "kontinuierliche Echtzeit-Überwachung" "mit einer Verzögerung von nur etwa einer Sekunde" anbieten wird, obwohl einige denken, dass es seine Fähigkeiten überbewertet. Jeder versucht, einer "lebenden Karte" näher zu kommen," sagt Charlie Loyd von Mapbox, der für Unternehmen wie Snapchat und den Wetterkanal maßgeschneiderte Karten erstellt. Aber es wird weder morgen noch am nächsten Tag ankommen: "Wir sind extrem weit weg von hochauflösenden Vollzeitvideos der Erde."


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Einige der radikalsten Entwicklungen in der Erdbeobachtung betreffen nicht die traditionelle Fotografie, sondern Radar-Sensorik und hyperspektrale Bilder, die elektromagnetische Wellenlängen außerhalb des sichtbaren Spektrums erfassen. Wolken können den Boden im sichtbaren Licht verbergen, aber Satelliten können ihn mit einem Radar durchdringen. Per Radar lässt sich die Höhe eines Objekts bis auf einen Millimeter genau bestimmen. Die NASA verwendet seit den 1970er Jahren Radar mit synthetischer Apertur, aber bis im vergangenen Jahr waren diese Daten für den kommerziellen Gebrauch gesperrt.

Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis erste Geschäftsmodelle eine Vollüberwachung per Satellitenbild ermöglichen – es sei denn, der Gesetzgeben schiebt da einen Riegel vor.


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9 Antworten zu Bald umfassende Satellitenüberwachung überall?

  1. Dat Bundesferkel sagt:

    Bezüglich der Satellitenüberwachung mache ich mir tatsächlich bedeutend geringere Sorgen – diese taugt nur bei stationären Objekten, die sich nicht bewegen (und das wird sich auch geraume Zeit nicht ändern).

    Sehr viel kritischer sind die schier unendlichen Netzwerke an gewerblichen, behördlichen und privaten Kameranetzwerken in Verbindung mit Smart-Home- und mobilen Endgeräten und / oder Drohnen.
    Gerade bekannte dt. Hersteller haben wiederholt bewiesen, daß sie nicht imstande sind, Zugänge zu solchen Netzwerken abzusichern (Hallo BOSCH, Hallo ABUS – schön sind sie, die Standard-Passworte 12345 und root:toor Zugänge), die leider keine Einzelfälle sind, sondern sich ständig wiederholen.

    Mittels Shodan (und anderen) Browser-Erweiterungen lassen sich derlei Überwachungssysteme spielend einfach aufspüren.

    Dazu natürlich das obligatorische Gemeckere über soziale Netzwerke und Systeme wie WhatsApp und deren unterbelichteten Nutzer, die rechtswidrig unter Missachtung des Persönlichkeitsrechts und Datenschutzes fleissig private Daten (Fotos, Namen, Standorte etc.) ihrer "Freunde" posten.

    tl;dr
    Die Satelliten sind m. E. das kleinere Übel…

  2. RUTZ-AhA sagt:

    "….bis erste Geschäftsmodelle eine Vollüberwachung per Satellitenbild ermöglichen – es sei denn, die Gesetzgeber schieben da einen Riegel vor."

    Gesetze sind dazu da, übertreten/missachtet/ignoriert zu werden. Diese Praxis wird weltweit so gehandhabt.
    Auch bei uns geht der Staat mit den schlechtesten Beispielen voran. Das zeigt sich nur nicht immer und überall für die Öffentlichkeit sichtbar.
    Unsere Regierung lässt sich auch nicht von Gerichtsurteilen höchster Instanzen beeindrucken.
    Notfalls werden Politikern mißliebige Gesetze eben nachträglich angepasst, oder neue erfunden.

  3. 44Fove sagt:

    Die Möglichkeiten der Satellitenüberwachung werden wachsen und damit auch die Begehrlichkeiten. Die Überwachungsorgane des Staates, die Strafverfolgungsbehörden, das Militär und die Geheimdienste haben ein enormes Interesse an dieser Technik.
    Und weil das so ist, wird diese Technik mit all ihren Möglichkeiten auch eingesetzt – unabhängig von der jeweiligen Gesetzeslage. Orwell läßt grüßen.

    • Steter Tropfen sagt:

      Es ist nicht nur „der Staat", der solche Interessen hat. Womit finanzieren sich denn Facebook, Google & Co.? Doch nicht allein mit Werbebannern. Im Gegensatz zu demokratisch legitimierten Regierungen können internationale kommerzielle Unternehmen sich alles erlauben. Störende Gesetze werden umgangen, indem man den roten Gnubbel, der auf Google Maps den Firmensitz darstellt, einfach woanders hin verschiebt.

      Prinzipiell ist es für JEDEN, der Macht anstrebt, elementar wichtig, seine potentiellen Opfer zu überwachen. Die asozialen Netzwerke haben allein den Zweck, herauszufinden, wie das einzelne Individuum gestrickt ist. Die Beobachtung per Satellit braucht man dazu höchstens übergangsweise.
      – Mit ausreichend statistischen Daten kann man bald für jede Person voraussagen, wohin sie morgen gehen wird. Und man weiß, welche News man ihr aufs Phone schicken muss, um sie gezielt lenken zu können.

  4. Andreas K. sagt:

    Wenn dann Diebesbanden, gestützt durch gehackte oder gekaufte Informationen, Häuser ausräumen, weil das Auto seit 2 Tagen in der Einfahrt fehlt …

    • L. v. A. sagt:

      Jeden Tag siehst Du in der Zeitung (wenn Du noch eine hast…) Traueranzeigen mit genauen Terminen von Trauerfeiern sowie Vor- und Nachnamen der Hinterbliebenen nebst Traueranschriften…

  5. Manuhiri sagt:

    Also darf man davon ausgehen, daß sowohl vom Raketenschweif einer Buk-Rakete als auch vom Trümmerfeld der MH370 Bilder existieren?

    • RUTZ-AhA sagt:

      Mit Sicherheit, aber die lassen sich mit entsprechendem Now How nach Bedarf verfälschen.
      Damit hat jede Seite die ihrer Meinung nach geeigneten Beweise.

  6. Christian59 sagt:

    …Mist, ich muss langsam meinen Alu-Hut tarnen,
    sonst fall' ich auch noch irgendwie auf auf all den
    hoch aufgelösten Satellitenbildern ;-)

    Gruss, Christian

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