In Deutschland werden Millionen Solaranlagen betrieben, ein Großteil der Komponenten wie Solarmodule oder Wechselrichter stammen aus China. Das ARD-Politikmagazins Monitor ist der Frage nachgegangen, wie sicher diese Anlagen sind und ob China einen Blackout verursachen könnte.
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Ist es ein Sommerloch, Thema, oder reale Gefahr: Chinesische Komponenten in deutschen Solaranlagen, die dann in chinesische Clouds eingebunden sind und ggf. per Fernwartung abgeschaltet werden können. Hier im Blog hatte ich das Thema ja wiederkehrend, von Schwachstellen in Wechselrichtern (siehe Deye-Wechselrichter: Schwachstellen und Zugriff des Anbieters auf das Netzwerk) bis hin zu konkreten Abschaltungen von Wechselrichtern (Deye deaktiviert Solar-Wechselrichter in USA, UK und Pakistan und Deye-Wechselrichter arbeitet nach Firmware-Update nicht mehr (19. Dez. 2024)), aufgegriffen. Die Artikellinks am Beitragsende zeigen sie Problematik deutlich.
ARD-Magazin Monitor stellt die Sicherheitsfrage
Ich bin zum 14. August 2025 über Mastodon auf die Vorankündigung eines TV-Berichts der ARD-Sendung Monitor auf das Thema gestoßen, was vorab im Tagesschau-Beitrag Solaranlagen: Gefahr aus China? ins Netz gestellt wurde. Das Video der Sendung sollte sich später über diese dieser Mediathek-Seite abrufen lassen.
Es wird die Frage gestellt, ob China Deutschlands Solaranalagen aus der Ferne abschalten und so einen Blackout verursachen kann. Denn eines ist sicher: Die Preise für Wechselrichter und Solarkomponenten chinesischer Hersteller liegen unterhalb der Produkte aus deutschen oder europäischen Firmen und finden sich in immer mehr Anlagen. Im ARD-Beitrag wird der Marktanteil Chinas bei diesen Komponenten auf 80 % geschätzt.
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Im Bericht wird Akku-Doktor und Ingenieur Andreas Schmidt gezeigt, der sich mit Solaranlagen, Akku-Speichern und ähnlichem befasst und zahlreiche Videos auf Youtube veröffentlicht hat. Er demonstriert, wie ein Wechselrichter leicht abgeschaltet werden kann – dazu ist nur ein Befehl an die Firmware erforderlich. Auch die Diskussion um die Abregelung von elektrischen Solaranlagen bei zu viel Stromüberschuss durch die Energieversorger, bei großen Erzeugern vorgeschrieben, verdeutlicht, dass eine ferngesteuerte Abschaltung möglich ist.
Der ARD-Beitrag zitiert zudem das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), welches vor einer "Manipulation von Energieinfrastruktur durch Hersteller oder Dritte" warnt und dabei ausdrücklich auch Solaranlagen meint.
Die kritische Komponenten in elektrischen Solaranlagen sind die sogenannten Wechselrichter, die den Gleichstrom der Solarzellen in Wechselstrom zur Netzeinspeisung bereitstellen. Eigentlich jeder Hersteller von Solarkomponenten und Wechselrichter verlangt, dass diese per Internet mit seinen Servern verbunden werden. Das ist auch beim deutschen Hersteller SMA der Fall. Die Hersteller behalten so die Kontrolle und können die Anlagen steuern (z.B. Akku-Ladung gemäß Prognose, Abregelung von Lastspitzen, Firmware-Updates, und so weiter). Auch die Aufbereitung der gewonnenen Solarenergiemengen sowie Anlagenzustände können die Besitzer von Solaranlagen so "aus der Cloud" abrufen.
SMA-Vorstandschef Jürgen Reinert sagte im Gespräch mit Monitor, dass die elektrischen Stromnetze über die Kontrolle der Wechselrichter von den (chinesischen) Herstellern gestört werden könnten, was sogar zu einem Blackout führen kann. Anbieter Huawei aus China versichert zwar auf Anfrage von Monitor, dass die gesetzlichen Bestimmungen "nur innerhalb der Volksrepublik Chinas und gerade nicht in Deutschland und Europa gelten" würden.
Fachleute sind ob der großen Marktmacht Chinas beunruhigt und sind sich einig, dass Chinas kommunistische Partei großen Einfluss auf die chinesischen Hersteller hat. Die Firmen sind per Gesetz dazu verpflichtet, mit der chinesischen Regierung zusammenzuarbeiten und könnten sich im Fall der Fälle den Vorgaben nicht entziehen.
Bart Groothuis, niederländischer EU-Abgeordneter und ehemaliger Chef der Cybersicherheitsbehörde des Verteidigungsministeriums in den Niederlanden, urteilt ganz klar: "Es gibt ein klares Gesetz, das chinesische Firmen verpflichtet, zu tun, was der Staat verlangt." Im Fall von Konflikten, z.B. mit Taiwan, könnten plötzlich die politischen Möglichkeiten Europas oder Deutschlands durch chinesische Eingriffsmöglichkeiten auf Solaranlagen-Komponenten eingeschränkt werden.
Bart Groothuis fürchtet, China könnte die Marktmacht der Technikhersteller auf das deutsche und europäische Netz ganz gezielt nutzen, etwa bei geopolitischen Konflikten wie mit Taiwan. "Dann hat China Einfluss auf uns und schränkt unsere politische Souveränität ein", so Groothuis gegenüber Monitor.
Sicherheitsexperte Manuel Atug, der sich auch mit KRITIS-Fragen befasst, kritisiert bei der ARD die Anfälligkeit des deutschen Stromnetzes und die Abhängigkeit von chinesischen Herstellern. "Mehr als 80 Prozent aller Wechselrichter stammen aus chinesischer Hand – solange keine konkreten Gegenmaßnahmen ergriffen werden, ist der Zugriff schlicht gegeben."
Und die Politik? Bundesinnenminister Alexander Dobrindt erklärt auf Monitor-Nachfrage: "Ich kann nicht verhindern, dass Solaranlagen ferngesteuert werden, vor allem nicht bei diesem hohen Aufbaumaß." Man könne auch Zweifel haben, ob es durch fremde Eingriffe bei Balkonkraftwerken zu einem hohen Schadenspotential kommen könne, zitiert Monitor Dobrindt.
Zwar gilt ab 2027 in der EU der "Cyber Resilience Act", der höhere Sicherheitsstandards für vernetzte Geräte vorschreibt. Dummerweise stehen Wechselrichter für Solaranlage bisher nicht auf der Liste besonders sensibler Produkte. Die zuständige EU-Kommissarin Henna Virkkunen erklärt gegenüber Monitor, man wolle die Risiken nun gemeinsam mit der europäischen Cybersicherheitsagentur prüfen. "Wir haben gemeinsam mit Kommissar Jorgensen angekündigt, dass wir jetzt mit der Arbeit beginnen werden." Mit anderen Worten: Die EU kommt reichlich spät in die Pötte und es sieht nicht gut aus. Wenn man dann noch die digitale Souveränität in Sachen Cloud und Software in Europa sieht, rangieren wir auf Dritte-Welt-Niveau.
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Einfach nur deutsche Wechselrichter nehmen, oh wait…
Bzgl. der fatalen Abhängigkeit hat Herr Atug natürlich recht, gleiches gilt aber generell für jede Software und Firmware und Hardware aus Drittländern.
Aber immerhin hat man so schonmal einen Sündenbock projeziert, wenn hier mal das Licht ausgeht.
Den letzten Satz sollten wir streichen – wenn es andere Gründe gibt, wird das bei einem Brown-Out sicherlich festgestellt. Zudem führt der Satz vom Sündenbock nicht weiter. Der Monitor-Beitrag hat klar ein Risiko benannt und die Politik schläft.