Nachbetrachtung: Vodafone verlässt mit Peering öffentlichen Internetknoten

Noch ein Thema, was seit einigen Tagen locker auf der Liste "mal was zu schreiben" steht. Ende der ersten November-Woche 2025 wurde bekannt, dass Vodafone mit seinem Peering den öffentlichen Internetknoten verlässt. Zukünftig soll ein privater Anbieter das Peering übernehmen. Hier ein kurzer Blick auf den Sachverhalt.

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Die Meldung zum Vodafone Open Peering-Exit

Ein Blog-Leser hatte bereits zum 8. November 2025 im Diskussionsbereich des Blogs gefragt, ob ich das Thema "Vodafone und deren Rückzug von öffentlichen Peering Points" im Blog thematisieren könne. Seiner Meinung nach sei dies nicht mit der Netzneutralität vereinbar und es werde dort "wird nur Geld gewittert, da man dann ähnlich wie die Telekom Geld für private Peerings verlangen kann".

Der Leser hatte auf den heise-Beitrag Vodafone verlässt öffentliche Internetknoten sowie die Diskussion Vodafone Deutschland beendet Public Peering zum Jahresende im Glasfaser-Forum verlinkt.

  • So in Kurzfassung lautet die Aussage, dass Vodafone sich in Teilen vom öffentlichen Peering mit anderen Internet-Providern und Backbone-Betreibern an neutralen Standorten und damit vom deutschen Internetknoten DE-CIX zurückzieht.
  • Laut heise werden auch bestehende direkte Zusammenschaltungen mit großen Datenquellen – mit Ausnahme großer Streamingdiensten wie Youtube sowie und Hyperscaler (Cloud-Anbietern) – von Vodafone eingestellt.
  • Stattdessen hat Vodafone  sich laut dieser Meldung für das deutsche Unternehmen Inter.link entschieden, um eine automatisierte, hochwertige Interkonnektivität zwischen seinen europäischen Netzwerken und denen von Drittanbietern von Internetdiensten (ISPs), Content-Anbietern und anderen Betreibern bereitzustellen.

Inter.link ist in mehreren Ländern vertreten, hat 30 Knoten in Deutschland und bietet laut Vodafone eine automatisierte Backbone-Infrastruktur auf Carrier-Niveau mit Geschwindigkeiten von 100 Gigabit pro Sekunde (Gbps) oder 400 Gbps und verbindet wichtige Knotenpunkte verschiedener Netzwerke innerhalb des gesamten Internet-Ökosystems. 1 Gbps unterstützt in der Regel rund 1,5 Millionen Instant Messages. Allerdings ist dieser Dienst kostenpflichtig.

Warum braucht man (öffentliches) Peering?

Unter dem Begriff Peering wird der Zusammenschluss von gleichrangigen Computernetzwerken zum Datenaustausch, z. B. zwischen zwei Internetzugangsanbietern, verstanden.

Peering

Peering; Quelle: Wikimedia McSush CC BY-SA 3.0

Obiges Bild zeigt, dass Peering zwischen Anbietern, wobei öffentliches Peering in einem gemeinsam genutzten Netz stattfindet. Peering-Anforderungen können akzeptiert werden, wenn auf der Basis der operativen Anforderungen eine gegenseitig akzeptierte Entscheidung für das Peering vorliegt.  Für öffentliches Peering wird der deutsche Internetknoten DE-CIX verwendet, wobei es die Vereinbarung gibt, dass der Datentransfer zwischen den Netzen für die Teilnehmer kostenlos ist.

Wie argumentiert Vodafone?

Vodafone schreibt, dass durch die Nutzung des Inter.link-Systems namens FlexPeer anstelle herkömmlicher physischer Internetknoten Drittanbieter ihre Kapazitäten in den Festnetz- und Mobilfunknetzen von Vodafone nach Bedarf effizient skalieren können, um ihre Kunden in ganz Europa zu bedienen. Sie können mehrere Standorte über eine einzige „Layer 2"-Datenverbindung verbinden und die Kapazität an den tatsächlichen Datenverkehr anpassen, ohne die Benutzererfahrung zu beeinträchtigen.

Vodafone begründet diesen Schritt der Zusammenschaltung mit Inter.link damit, dass man den zunehmenden Komplexitäten einer schnell wachsenden, mehrschichtigen kommerziellen Internetumgebung gerecht werden will. Der Schritt hin zu Inter.link erhöhe die Ausfallsicherheit und minimiere den Betriebsaufwand (für Vodafone). Gleichzeitig werde ein effizienter Internetdatenverkehr zwischen Endnutzern, ihren Anbietern und den genutzten Diensten – wie Video-Streaming, Messaging oder Social-Media-Anwendungen – aufrechterhalten.

Der Übergang zu einem automatisierten und flexiblen Verbindungssystem werde für Vodafone und seine Großhandelskunden Zeit, Ressourcen und Peering-Kosten (Kosten für die Verbindung verschiedener Netzwerke) reduzieren. Dieser Ansatz sei besonders vorteilhaft für die Verwaltung der zahlreichen Punkte, die die Infrastruktur verbinden, um den Internetverkehr direkt auszutauschen. Außerdem entlastet er das Vodafone-Ingenieurteam, das bei steigendem Datenaufkommen plant, wohin der Datenverkehr geleitet wird.

Wann wird das umgesetzt?

Vodafone wird den Dienst in Zusammenarbeit mit Inter.link in Deutschland im Dezember 2025 einführen. Dort verwaltet Vodafone derzeit über 4.000 Verbindungen mit anderen Anbietern. Das Unternehmen plant, den Dienst im Jahr 2026 auf weitere Länder auszuweiten. Inter.link hat selbst eine Verbindung zum deutschen Internetknoten DE-CIX.

Warum gibt es Kritik?

Der Leser sieht in der Entscheidung einen Schritt, der nur zum Nachteil für die Kunden wird. Hintergrund ist, dass dieses Routing aus dem Vodafone-Netz über Inter.link zum deutschen Internetknoten DE-CIX oder in andere Netze die Zeiten (Latenz) erhöhen könne – es wird ja ein Zwischenschritt über Inter.link erforderlich.

Der Leser argumentiert, man müsse nur mal nach "Telekom Peering" suchen. Zu den Hauptverkehrszeiten sei das Telekom-Netz derart ausgelastet, dass viele Dienste (oft hinter Cloudflare) nicht zu benutzten sind. Hier kommt es darauf an, welche Verkehrslast Inter.link abbilden kann.

Die zweite Gefahr ist, das das Routing von Vodafone über Inter.link für bestimmte Dienste des öffentlichen Netzes plötzlich Geld kosten könne. Also Google müsste zahlen, wenn z.B. YouTube-Videos im Vodafone-Netz abgerufen werden. Hier schreibt Vodafone aber, dass große Streaming-Anbieter sowie Hyperscaler (Cloud-Anbieter) von obiger Lösung ausgenommen werden. So bleibt nur abzuwarten, was der Schritt von Vodafone für deren Kunden bedeutet.

 

 

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4 Antworten zu Nachbetrachtung: Vodafone verlässt mit Peering öffentlichen Internetknoten

  1. Luzifer sagt:

    Tja mit Privat Peering lässt sich Kohle verdienen, mit öffentlichen Peering nicht… da ist doch für einen komerziellen Aasgeier alles klar! Gewinnmaximierung über alles. Service war noch nie Vodafones Ding.

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    Hier schreibt Vodafone aber, dass große Streaming-Anbieter sowie Hyperscaler (Cloud-Anbieter) von obiger Lösung ausgenommen werden. So bleibt nur abzuwarten, was der Schritt von Vodafone für deren Kunden bedeutet.
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    Naja ist auch klar, stell dir vor als Vodafone Kunde hättest du keinen Zugang zu Youtube Disney+ Netflix & Co.
    Was denkt man da wie lange Vodafone noch Kundschaft hätte? Reicht ja wenn man die "Kleinen" ausnimmt wie ne Weihnachtsgans ;-P

    • Froschkönig sagt:

      Du meinst öffentliche Peers wie die *CIX verdienen kein Geld mit dem Peering? Ich glaube, du bist da einer großen Sache auf der Spur, bitte weiter forschen!

  2. Anonymous sagt:

    Die o.g. Ausführungen zum Peering sind so leider nicht ganz richtig:

    Peering ist – egal ob es sich um ein öffentliches oder ein privates Peering handelt – erstmal die grundsätzlich Vereinbarung eine direkte IP-technische Zusammenschaltung zweier Netze herzustellen, vergleichbar mit einem Tor im Gartenzaun zweier benachbarter Grundstücke.

    Öffentliches Peering erfolgt i.d.R. über "neutrale" IXPs wie z.B. dem DE-CIX, ECIX, BCIX, AMS-IX, etc. welche die entsprechend Plattform betreiben um den Datenverkehr zwischen den verschiedenen Teilnehmern auszutauschen. Dies ist keineswegs gänzlich kostenfrei aber vergleichsweise günstig (i.d.R. ein paar Hundert Euro pro Monat pro genutztem Port + Peering-Service des IXP + ggf. Leitung zur entsprechenden Lokation), auch weil es quasi eine "Traffic-Flatrate" ist.

    Privates Peering kann sowohl an IXPs und über IXP-Infrastruktur erfolgen als auch abseits davon an gänzlich anderen Lokationen welche z.B. nur vom jeweiligen ISP genutzt werden. Die Kosten dafür *können* ähnlich gering sein wie beim öffentlichen Peering, können aber auch *deutlich* teurer ausfallen. Die exakte Kostenstruktur hängt letztendlich vom "Gewichtsverhältnis" der beiden Peering-Parteien ab, auch was das Verhältnis des zu erwarteten Traffics betrifft. "Auf Augenhöhe" kann das in Richtung "jeder trägt seine Kosten" gehen, bei anderen Relationen kann es für eine Partei sehr teuer werden oder für eine Partei gänzlich uninteressant überhaupt ein Private Peering einzurichten (siehe Vergleich oben mit dem Tor im Gartenzaun: Wenn ich davon nichts oder gar Nachteile davon habe, warum soll ich dann eines bauen & mit betreiben…?).

    Für kleinere bis mittlere ISPs ist öffentliches Peering und eine "offene Peering-Policy" recht interessant weil sie Traffic sehr kostengünstig abwickeln können ohne ihre teuren Verbindungen zu ihren Upstream-ISPs (IP-Transit) belasten zu müssen. Diese ISPs verdienen den Großteil des Geldes auch mit ihren Endkunden.

    Ab einer gewissen Größe wird es für ISPs auch interessant mit dem eigentlichen Traffic Geld zu verdienen und da ist Peering, ganz besonders öffentliches Peering, kontraproduktiv. Aus kommerziellen Gesichtspunkten ist es für diese ISPs besser, Peering-"Kunden" in IP-Transit-Kunden "umzuwandeln" und dies wird – je nach Strategie – mehr oder minder stark forciert (sehr aggressives Negativbeispiel dazu: DTAG).

    Speziell durch den Erwerb des europäischen Kabelgeschäfts von Liberty Global (Unitymedia, UPC, etc.) und dessen Integration in das eigene Netz dürfte Vodafone nun auch diese Größe und "kritische Masse" erreicht haben, von war das m.E.n. ein zu erwartender (und aus Vodafone-Sicht logischer) Schritt…

  3. Fritz sagt:

    Mir ist das alles zu eindimensional gedacht.

    Bei Vodafone sind die unterschiedlichen Peering-Arten icherlich genau bekannt.
    Zusätzlich kennen sie (im Gegensatz zu uns) aber auch ihren Traffic und ich bin mir sicher, sie haben recht genaue monetäre Simulationen mit den Daten der letzten Monate durchgeführt.

    Ein überragend großer Anteil des Traffics in Deutschland dürfte heutzutage aus Videostreaming bestehen. Bei Vodafone ganz besonders, da sie ja schon früh und recht aggressiv entsprechende Kombipakete und die passende Hardware dazu vermarktet haben. Demzufolge dürften Verhandlungen mit Netflix, Amazon Prime und Co. sehr einfach sein (oder schon Rahmenvereinbarungen existieren), da sie ihnen ja in erheblichem Umfang zahlende Kundschaft zuführen.

    Zweiter großer Brocken dürften große Cloud-Anbieter sein, allen voran M365, die für viele zur beruflichen, schulischen oder universitären Arbeit auch alternativlos sind.

    Dritter Brocken sind vermutlich Verbindungen zu den anderen großen deutschen ISPs (das eigene Netz eingeschlossen) für lokalen Angebote wie etwa "Schul-Cloud", Gematik und nicht zu vergessen auch die im Homeoffice genutzen VPN-Verbindungen zu den jeweiligen Arbeitgebern.

    Erst danach kommt man langsam zu Traffic, bei dem ein zentralisiertes Peering Sinn macht. Je nachdem, ob man da noch im Prozent- oder Promillebereich herauskommt, kann man entscheiden, ob eine (relativ dünne, wie etwa bei der Telekom) Leitung zum DE-CIX überhaupt noch Sinn macht oder ob man diese Einzelfälle mit über den Upstream abfrühstückt.

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