Schleswig-Holstein goes Open Source …

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Der Landtag von Schleswig-Holstein hat in einer Sitzung am 14. Juni 2018 eine Absichtserklärung für eine möglichst weitreichende Nutzung von Open Source-Software verabschiedet. Einfaches Ziel ist die vollständige Ablösung von closed Source-Software.


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Das Ganze geht auf einen Antrag der Jamaica-Koalition, bestehend aus CDU, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP zurück. Im Antrag vom 1. Juni 2018 (Drucksache 19/756) heißt es:

Nutzung von Open-Source-Software

Der Landtag wolle beschließen: Angesichts zunehmender Digitalisierung kommt der Softwarearchitektur und damit der Auswahl und Beschaffung von Software durch das Land eine immer größere Bedeutung zu. Der Landtag begrüßt daher die aktuelle Softwarestrategie des Landes, die die Chancen unterschiedlicher Softwareentwicklungswege nutzt.

Neben dem Einsatz kommerzieller Software muss hierbei Open-Source-Software eine besondere Rolle spielen. Dies ist notwendig, um die wirtschaftliche und politische Abhängigkeit von einzelnen Herstellern und Lizenzmodellen zu verhindern.

Eine diversifizierte Strategie unter zunehmender Einbeziehung von Open-Source Software vermeidet zudem potentielle Risiken durch eventuelle herstellerspezifische Sicherheitslücken für die Gesamtheit der IT-Landschaft, indem Risiken auf einzelne Anwendungskomponenten eingrenzbar bleiben.

Schließlich erhöhen offene Schnittstellen, Standards und Software auch die Verbrauchersouveränität und ermöglichen innovative(re) Anwendungen, die allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang ermöglichen, ohne hierfür proprietäre Software einsetzen zu müssen.

Der Landtag bittet daher die Landesregierung, die Softwarestrategie vorausschauend fortzuführen, um eine moderne und leistungsfähige Verwaltung zu gewährleisten und möglichst viele Verfahren bei wesentlichen Änderungen oder der Neuvergabe auf Open-Source-Software umzustellen. Dazu sind die entsprechenden Ausschreibungsbedingungen laufend zu prüfen und ggf. zu überarbeiten. Wesentliche Zielgrößen im Rahmen der Softwarebeschaffung bei gegebener Funktionalität sollen dabei Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Usability (Bedienbarkeit), Interoperabilität und Zukunftssicherheit bleiben.

Das Zentrale IT-Management wird gebeten, bis zum ersten Quartal 2020 zu berichten, wie und in welchem Zeitfenster das Ziel der vollständigen Ablösung von Closed Source durch Open-Source-Software zu erreichen ist. Das ist eine vollständig konträre Entwicklung zur Rolle Rückwärts, die München mit Oberbürgermeister Reiter (SPD im Verbund mit der mitregierenden CSU) bezüglich LiMux hingelegt hat.

Die Kollegen von t3n berichten hier, dass die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen in Schleswig-Holstein mit großer Mehrheit den Antrag zur bevorzugten Nutzung von Open-Source-Software (am 14. Juni 2018) verabschiedet. Auch wenn das Ganze weniger weitreichend als in München ist, stellt das Ganze ein Signal dar, wie die öffentliche Hand in diesem Bundesland mit seiner IT aufgestellt sein will.

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7 Antworten zu Schleswig-Holstein goes Open Source …

  1. Nobody sagt:

    Was lernen wir daraus?!
    Es kann vorkommen, dass auch die größten Gauner mal was richtig machen.

  2. Gerd sagt:

    Ein CSU-Parteibuch ist zwar sehr hilfreich, wenn man in Bayern zünftigen Mist bauen will, aber nicht unbedingt erforderlich. Den OB von München stellt die Schröder-Partei Deutschlands.

  3. Sam sagt:

    Witzig finde ich, das man in der Formulierung der Absichtserklärung OpenSource gegen Lizenzkosten stellt – als wenn Open Source immer Lizenzfrei wäre. Das sagt mir, dass die, die das entschieden haben, nicht wirklich ausreichend Hintergrundwissen haben.
    Und Firmen wie Microsoft erkennen das, es gibt ja schon lange das Gerücht, das Microsoft plant Windows zu Open Source zu machen. Neue Bibliotheken bringen sie ja schon als Open Source raus.

  4. Robert sagt:

    Vermutlich geht es dabei weniger um Lizenzkosten generell als um solche, die mit Knebelverträgen aufkommen. Wie früher Oracle hat MS bei Datenbank-Lizenzen auch den "pro Core"-Faktor. Tauscht man ein Stück Blech gegen neue Hardware, klingelt die Kasse, weil eher selten CPUs mit weniger oder abschaltbaren Kernen aufzutreiben sind, obwohl die bisherigen den Dienst schnell genug verrichten. Ohne Mehrwert für den Kunden kann also regelmäßig und legal nach mehr Geld gefragt werden. Und das für eine nahezu haftungsbefreite Branche, Respekt.

    Mal schauen, wann die Reifenhersteller eine "pro PS"-Lizenz einführen ;-)

  5. Rene sagt:

    Es gab doch Mal vor längerer Zeit ein Rechenbeispiel.
    Dort wurde errechnet, wie viel plus ein Senat/Regierung/Land u.s.w. machen könnte, wenn man sich komplett von MS lösen würde.

    Wenn ich mich recht erinnere, ging ein großer Teil der Ersparnisse auf die Neuentwicklung von Software drauf. Es gibt zwar schon vieles aus dem Regel. Wie z.B. Datenbanken, Office, Warenwirtschaftssysteme u.s.w. aber leider müssen viele dieser Anwendungen noch speziell angepasst werden.
    Dann war das Problem der Schulungen. Fast alle Mitarbeiter müssten geschult werden. Es bleibt vermutlich ein kleiner Teil an Gewinn übrig. (Auf ein Jahr gerechnet)

    Ich will sagen, das solche Projekte durchaus Sinn ergeben. Gerade aus dem Gesichtspunkt, das man sich von den USA trennen sollte. Die Cowboy Politik ist doch ehr als schwierig einzustufen.
    Dann sollten solche Projekte min. auf 10 Jahre ausgelegt sein. Weil erst ab 10 Jahren macht man wirklich so viel plus, das es sich nachhaltig lohnt.

    Aber vermutlich wird es ein halbgares Projekt, weil irgend ein Lobbyist von MS sich erfolgreich bei einem Regionalpolitiker eingeschleimt hat.

    Ich würde es begrüßen, wenn Europa sich zusammensetzt und ein eigenes Betriebssystem entwickelt.

  6. Al CiD sagt:

    Lieber spät als nie, eine Entscheidung zugunsten der Transparenz.
    …und man kann nicht alles nur über Kostenfaktor entscheiden.

    Open Source heißt nicht umsonst und die Anpassung an die behördlichen Erfordernisse und Gegebenheiten ist immer mit Mehrkosten verbunden, dafür dürfte man flexibler sein in der Zukunft… und unabhängiger.

    Großes Plus:
    Es ist eine Partei übergreifende Entscheidung, somit dürfte ein Rückschritt wie in München fast ausgeschlossen sein… hoffentlich, es sind ja Politiker. ;-)

    Europa – Eigenes Betriebssystem?
    Wir haben in Europa einige auf Linux basierte Distributionen, da braucht man das Rad nicht neu zu erfinden, man muss nur Gebrauch davon machen.

    Ein Beispiel nebst andere:
    SolydXK – auf Debian basiert mit Schwerpunkt auf KMU, haben vor Kurzem sogar sämtliche ihrer Server nach Europa verlagert

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