Nonsense-Projekt: Windows 95 als App

Noch ein kurzes Sonntagsthema, das diese Woche schon mal in Blogs herumgereicht und bejubelt wurde. Es gibt jetzt die Möglichkeit, Windows 95 als App unter anderen Betriebssystemen wie Linux, macOS und Windows auszuführen. Ich habe mir mal das Projekt kurz hinsichtlich der Frage, ob sich das lohnt, oder ob man besser die Finger davon lassen sollte, angesehen.


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Wenn ich die Artikel von diversen Webseiten (hier, hier, hier, hier etc.) so überfliege, ist das Teil ein unbedingtes 'Muss'. Gut, wenn man Langeweile hat (es ist immer noch Sommerloch) und Gefahr läuft, beim Fingerbohren in der Nase das Teil zu brechen, könnte man ja mal den Nostalgie-Hut anziehen und ein Windows 95 in einer App nutzen. Schnell, kostenlos und ohne Risiko unter Linux, macOS oder Windows – ist doch cool. Ich hatte die Berichte mitbekommen und dachte eigentlich, das Thema trotzdem unter den Tisch fallen zu lassen. Als mir der letztgenannte Link zur Gamestar sogar von einem Blog-Leser als Tipp zuging, dachte ich mir, schönes Sonntagsthema, schau mal genauer hin.

Ein Spaß-Projekt von Felix Rieseberg

Slack-Entwickler Felix Rieseberg hat eine Version von Windows 95 in ein Paket gepackt, so dass dieses quasi als Electron-App in einem Fenster unter Windows, Linux oder macOS laufen kann. In einem Tweet schreibt er:

Er selbst bezeichnet das Ganze als Schnapsidee, die schockierend gut funktioniere. Das Projekt findet sich auf GitHub, wo auch die ausführbaren Programme zu finden sind. Keine Ahnung, wie er das lizenzrechtlich gelöst hat, aber diese Windows 95-Elektron-App lässt sich kostenlos für die diversen Plattformen herunterladen. Mich hat natürlich interessiert, was 'shocking well' denn nun heißt.

Windows 95-App
(Quelle: Rieseberg)

Das Ganze ist mehr oder weniger eine Spielerei – warum Felix sich das antut, ist mir nicht ganz klar. Möglicherweise, weil es möglich ist. Nun gut, mag er tun – aber lohnt es sich, eigene Zeit zu verschwenden?

Ich habe es mal kurz in der 32-Bit-Standalone-Fassung unter Windows 7 probiert. Zumindest diese Fassung ist (zumindest in meiner Hardware-Umgebung) faktisch unbrauchbar. Das Teil ist in der Bedienung langsam bis zum Abwinken, gibt man die Maus per ESC aus dem gefangenen Fenster frei, traten anschließend bei mir zwei Mauszeiger auf. Der Mauszeiger wird auch nicht mehr beim Klicken auf das Fenster gefangen. Der Mauszeiger, der im Fenster aktiv war, reagierte aber stark verzögert und lässt sich nicht komplett im Fenster positionieren (sobald der zweite Mauszeiger des Hosts sichtbar ist).

Eine Bedienung ist so faktisch unmöglich, und nach kurzer Zeit fiel auch die Anzeige im Fenster aus, dieses bleibt dann Schwarz. Gut, er hat bereits erste Commits auf GitHub eingestellt, wo Verbesserungen einfließen. Er wird also noch ein wenig am Projekt basteln – zumindest solange, bis er die Lust verliert …


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Noch was?

Seit einiger Zeit gibt es bei mir eine Testumgebung unter Windows, in der ich prüfen kann, ob ein Programm anfällig für DLL Hijacking oder Sicherheitsprobleme ist. In dieser Testumgebung finden sich Module von Stefan Kanthak, die ggf. Alarm schlagen, wenn was nicht sauber programmiert ist (siehe auch mein Beitrag hier). Gleich beim Start von Windows95.exe meldet die Testumgebung, dass ein Einsprungpunkt nicht gefunden wird (siehe folgender Screenshot).

DLL-Hijacking-Fehlermeldung

Das Programm versucht also Win32-API-Aufrufe abzusetzen, wobei eine falsche DLL (aus dem Testbett) aufgerufen wird. Sprich: das Programmpaket ist anfällig für DLL-Hijacking. Die Anwendung startete dann nicht  Beim Updater.exe musste ich gefühlt mehr als ein Dutzend Warndialoge der Testumgebung schließen, um dann zu erfahren, dass das Anwendung nicht mehr funktioniert.

Die ausführbaren Dateien Windows95.exe und der Updater.exe benötigen zwar keine administrativen Rechte. Daher werden viele Nutzer den Sicherheitsaspekt nicht als so gravierend sehen. Auch wenn jetzt keine administrativen Rechte hier im Spiel sind – es ist ungeschickt, dass es diese Abhängigkeiten gibt. Zudem bietet Felix Rieseberg auch .exe-Dateien mit Installern für Windows an, wo dann administrative Rechte erforderlich sein dürften. Angesichts des begrenzten Nutzens sowie der oben angerissenen Probleme würde ich dem Reflex: Musste ausprobieren, da eher eine Absage erteilen. Aber das muss jeder selbst entscheiden …


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19 Antworten zu Nonsense-Projekt: Windows 95 als App

  1. Andreas sagt:

    Außerdem ist das Ganze illegal, da es bereits ein voraktiviertes Windows 95 ist. Kümmert zwar keinen mehr, aber trotzdem.

    • Steter Tropfen sagt:

      Als Design-Nachhilfe für die „Generation Flat" ist Windows 95 jedenfalls bestens geeignet. Da werden so manchem, der bloß noch „Photon" und „Dark Theme" kennt, die Augen übergehen:
      Wow, plastische Fenster! Bereiche mit Rahmen! Erkennbare Eingabefelder! Kontrastreiche Farben! Anpassbare Schriften und Farben! – Genial!

      Vielleicht hilft's als Denkanstoß und künftige Software bekommt wieder eine intuitiv erfassbare Oberfläche???

  2. Nobody sagt:

    Nicht nachvollziehbar, dass der Gag einen solchen Hype auslöst.
    Etwas Ähnliches gab es schon mal:
    https://www.borncity.com/blog/2016/02/02/gimmick-windows-95-im-browser-ausfhren/

  3. Blupp sagt:

    Aus reinem Spieltrieb musste ich das auch mal probieren. Die Problematik mit dem doppelten Mauszeiger trat unter Linux Mint ebenfalls auf. Das 95 konnte auch ganz gut bedient werden, die Lüfter auf der CPU gingen aber auf 100%.
    War mal ein netter Spass. Sollte mich der Nostalgietrieb zukünftig mal wieder ereilen, dann nehm ich doch lieber einen vorhandenen Uralt-PC.

  4. Steter Tropfen sagt:

    Als Design-Nachhilfe für die „Generation Flat" ist Windows 95 jedenfalls bestens geeignet. Da werden so manchem, der bloß noch „Photon" und „Dark Theme" kennt, die Augen übergehen:
    Wow, plastische Fenster! Bereiche mit Rahmen! Erkennbare Eingabefelder! Kontrastreiche Farben! Anpassbare Schriften und Farben! – Genial!

    Vielleicht hilft's als Denkanstoß und künftige Software bekommt wieder eine intuitiv erfassbare Oberfläche???

  5. Rolf Dieter sagt:

    Ich habe immer eine Windows 95 Installation in einer Virtualisierung parat.
    Könnte ja sein, dass mich Microsoft aus Indien anruft, und meine Sicherheitslücken beheben will. :-)

  6. RUTZ-AhA sagt:

    Ich finde das Ganze zwecks Wissenserweiterung für die Jüngeren ganz ok. Damit können sie auf reale und anschauliche Weise nachvollziehen, wie das erste Massen taugliche und einfach benutzbare Windows einmal ausgesehen und funktioniert hat.

    Felix Rieseberg hat nun schon so viel Mühe investiert, er wird weiter ambitioniert daran arbeiten, das Werk zu verbessern.

    Die Frage nach dem Warum stellt sich nicht wirklich. Er möchte sich und anderen Interessierten zeigen, dass es machbar ist. Und ganz nebenbei beweist er sich selbst besondere Fähigkeiten, die sein Selbstwertgefühl stärken.

    Wie Eingangs geschrieben, hat es sogar einen Nutzwert. Der war aber gar nicht das Ziel und ist somit nebensächlich :-)

  7. Die Meldung "Einsprungpunkt 'SymSetSearchPathW' in DBGHELP.dll nicht gefunden" liegt NICHT an Deiner Testumgebung, sondern ist allerhöchstwahrscheinlich ein Fehler des Fricklers, der dieses Programm verbrochen hat.
    Diese STANDARD-Meldung wird von Windows' Modullader ausgegeben, wenn ein Programm eine Funktion einer DLL aufruft, die in dieser DLL nicht existiert.
    Die von Microsoft mit Windows 7 gelieferte DBGHELP.dll enthält den genannten Einsprungpunkt; auch die DBGHELP.dll Deines Testbetts exportiert dieses Symbol, "forwarded" es aber zum gleichnamigen Symbol der System32\DBGHELP.dll

    Die DBGHELP.dll älterer Versionen von Windows exportieren dieses Symbol NICHT.
    Das vom Frickler mit einer aktuellen Entwicklungsumgebung verbrochene Windows95.exe lädt allerhöchstwahrscheinlich die mit Windows 95 gelieferte DBGHELP.dll … die dieses Symbol nicht enthält. Irgendein vom Frickler eingebundener neuerer Schrott will jedoch SymSetSearchPathW verwenden … da eine DBGHELP.dll bereits geladen ist wird das Symbol in dieser gesucht … und nicht gefunden.

    JFTR: solche Anfängerfehler passieren nur dann, wenn Frickler keine vollqualifizierten Pfadnamen verwenden.

    PS: wer Elektron missbraucht frisst auch kleine Kinder! FINGER WEG VON JEGLICHEM MIT EKELTRON VERBROCHENEN SCHROTT!

    • RUTZ-AhA sagt:

      Dein fachliches Statement mag ja in Ordnung sein. Aber aus welchem Grund muss der Kommentar so verbissen, insgesamt extrem negativ und abwertend ausfallen?

      Wenn dein Nachbar in seinem Garten eine Kokuspalme anpflanzt, die hier kein ideales Klima zum Gedeihen vorfindet, dann taugt der Nachbar deshalb nichts mehr?

      Mit Hilfe meines Links weiter oben lässt sich nachlesen, welche Bewandtnis das Projekt hat.

      Und der Kommentar von Ralf Lindemann passt gut dazu :-)

  8. Hans Thölen sagt:

    Windows 95 hatte ich nie auf meinem PC installiert.
    Ich hatte als erstes Betriebssystem Windows 98 SE auf
    dem PC installiert. Das war nach meinen Erfahrungen
    das beste Betriebssystem von Microsoft, bis mit
    Windows 7 ein noch besseres Betriebssystem gekommen
    ist. Jetzt ist W 7 für mich immer noch die absolute Nr. 1

    • Noch besser war Windows NT und später dann Windows 2000, das war auch vom hinschauen schon eine wahre Pracht.

      Okay es gab noch kein Plug & Play aber ich liebe diese alten Windows Systeme aus diesem Grund steht hier auch noch ein Windows NT 3.51, tut was es soll Updates gibts keine mehr also auch kein rumgeflicke ;)

  9. Waltraud sagt:

    Hallo miteinander,

    naja, ich habe mit DOS 3.3 angefangen.
    Daher ist mir Windows 95 bestens bekannt.
    Ich habe die gleichen Probleme mit der Maus.
    Viel habe ich nicht erwartet, aber die Maus war ja in Win 95 schon essentiell.
    Habe dann noch die Browserversion gefunden, die mich ebensowenig überzeugt hat.
    Ja, für die Enkele wäre das schon was, die wischen oder tippen nur. ;-)
    Dann echt lieber einen Uralt-PC, den kann man dann bedienen.

    My 2 Cents.

  10. deo sagt:

    Wenn ich Windows 95 ansehen will, dann schalte ich den Compaq Deskpro 486 ein. Darauf ist auch noch WinNT3.51 im Dualboot.

  11. Ralf Lindemann sagt:

    Ja, das ist Spielerei. Ja, man sollte die Windows 95-App nicht auf einem Produktivsystem testen. Ja, das Nutzungserlebnis liegt auf einer Skala von 0 (schlecht) bis 10 (gut) bei 0. Ich habe die Windows 95-App in einer VM angetestet – es hat keinen Spaß gemacht.

    Grundsätzlich sollte man solche Projekte aber in einem etwas größeren Rahmen sehen. In Zukunft wird sich verschärft die Frage stellen, wie man Artefakte der digitalen Kultur bewahren und archivieren kann, und zwar in Form, die den Zugriff auf Inhalte, aber auch auf die Funktionalität historischer Software technisch sicherstellt. Sonst würde das Archivieren digitaler Kultur wenig Sinn ergeben. – In diesem größeren Kontext finde ich solche Projekte spannend. Die Frage, wie man in 30, 40 oder 60 Jahren, wenn es Windows nicht mehr geben wird …, auf ein klassisches Desktop-Betriebssystem des frühen 21. Jahrhunderts (im Fall von Windows 95: des späten 20. Jahrhunderts) zugreifen kann, hat eine gewisse kulturelle Relevanz. Die Windows 95-App ist in diesem größeren Rahmen zwar ein ganz kleiner Schritt, ein praktischer Nutzen ist zurzeit nicht erkennbar, aber das ist bei Grundlagenforschung ohnehin selten der Fall.

    • Ralf Lindemann sagt:

      Ja, und bessere Grammatik-Checker könnte auch mal entwickelt werden: nicht „…und zwar in Form…", sondern „…und zwar in einer Form, die den Zugriff (…) technisch sicherstellt." muss es heißen.

  12. Markus Köln sagt:

    Kein Nonsense-Projekt.
    Heute habe ich von einem knapp Zwanzigjährigen erfahren, warum Windows95 auf moderner Software so wichtig ist:
    – "es gibt wunderschöne Spiele, die liefen damals nur unter DOS".
    – "W95 ist das letzte MS-Betriebssystem, unter dem die danach noch liefen."

    • Günter Born sagt:

      Aber zwei Fragen beantwortet das Ganze nicht: a) wie ist das mit der Lizenz geregelt und b) läuft das Ganze irgendwann so, dass man die Spiele wirklich nutzen kann. Auf den Sicherheitsaspekt gehe ich gar nicht mal ein. Mein Bauchgefühl mag trügen – aber schauen wir in 6 Monaten mal, was das Projekt macht.

      Zudem gäbe es FreeDOS …

  13. J.G. sagt:

    Das gab es doch mal vor vielen Jahren für das erste Ipad auch. Müsste diese Meldung sein: http://winfuture.de/news,54751.html

    Selbst für Android gab es dies schon 2015 bei "usp-forum.de" zu lesen. Den Link lasse ich mal besser weg, weil man da Windows 95, 98 und XP herunterladen kann. Da nahm man Qemu oder Bochs dafür. Die Überschrift lautet da: "Windows 95, Windows 98 oder Windows XP auf Android Smartphones, Tablets und Fire TV".

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