Brexit: 81.000 .eu-Domains von Briten suspendiert

Die EU hat 81.000 .eu-Domains, die von in Großbritannien ansässigen Personen  registriert wurden, nach dem Brexit am 1. Januar 2021 suspendiert. Die Domain-Inhaber bekommen 3 Monate, um die Domäne eventuell zurück zu bekommen.


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Ich hatte bereits zum 1. April 2018 im Blog-Beitrag Brexit-Schatten: Keine EU-Domains mehr für Briten über die Angelegenheit berichtet. Damals gab es noch 317.000 .eu-Domains, die von Briten gehalten wurden. Möglicherweise hat der 1. April einige Leute im Glauben gelassen, dass das ein April-Scherz sei. War aber kein April-Scherz. Fakt ist aber, das eine .eu-Domain für Webseiten nur von EU-Bürgern registriert werden darf. Die EU-Kommission hatte seinerzeit die entsprechende Information veröffentlicht.

As of the withdrawal date, undertakings and organisations that are established in the United Kingdom but not in the EU, and natural persons who reside in the United Kingdom will no longer be eligible to register .eu domain names or, if they are .eu registrants, to renew .eu domain names registered before the withdrawal date.

Ab dem Austrittsdatum sind Unternehmen und Organisationen, die im Vereinigten Königreich, aber nicht in der EU ansässig sind, sowie natürliche Personen mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich nicht mehr berechtigt, .eu"-Domänennamen zu registrieren oder, wenn sie .eu"-Registranten sind, .eu"-Domänennamen zu verlängern, die vor dem Austrittsdatum registriert wurden. War 2018 noch eine lange Zeit bis zum Brexit und das Thema ist 'aus dem Radar' verschwunden – obwohl für die Betroffenen im Blog-Beitrag bereits Optionen aus einem eco-Positionspapier genannt wurden. Ich hatte dann nochmals 2019 im Beitrag Brexit, .eu-Domains und der internationale Datenverkehr auf die Problematik hingewiesen …

Brexit is done; .eu-Domains supendiert

Nun ist der Brexit am 1. Januar 2021 passiert. Aktuell werden wohl noch 81.470 .eu-Domains von Briten gehalten. The Register berichtet hier, dass 50.000 Briten, die insgesamt diese rund 81.000 .eu-Domains registriert hatten, sich am Neujahrsmorgen verwundert die Augen rieben. Denn die .eu-Domains waren suspendiert, sprich weder die Webseiten noch die dort gehosteten E-Mail-Adressen funktionierten noch.

Hintergrund ist die Regeländerung für den Domain-Registrar EURid, die die von .eu-Domains verwaltet. Die Europäische Kommission hat diese Regeländerung dem Registrar auferlegt. Diese Regel sieht zwingend vor, dass der Besitz eines .eu-Domänennamens von der Mitgliedschaft des Domäneninhabers in der Europäischen Union abhängig ist.

Standardmäßig ist es so, dass Domain-Registrare eine bestehende Domain-Inhaberschaft nicht widerrufen, solange die Domain-Gebühren bezahlt werden und es keine erfolgreiche Anfechtung der Domain-Inhaberschaft gibt. Das kann z.B. ein Beschlagnahmungsantrag der Strafverfolger oder gerichtlich entschiedener ein Streit um eine Markenverletzung sein. Jetzt gibt es aber bei .eu-Domains die Vorgabe: Kann nur von EU-Bürgern gehalten werden.

Für die Betroffenen ist das alles recht problematisch, da durch den Brexit-Hickhack die Regeln für die Domain-Inhaberschaft, laut The Register, seit Freigabe der .eu-Top-Level-Domain bereits drei Mal geändert wurden. 

  • Im Jahr 2018, entschied die EU, dass jede .eu-Domain, die von einem Briten oder mit einer britischen Adresse registriert wurde, einfach gelöscht werden würde. Das hätte auch Briten unter den .eu-Domaininhabern betroffen, die in der EU leben und arbeiten, weshalb diese mit Klagen drohten.
  • In der letzten Fassung der EU-Domain-Regeln heißt es nun, dass der Wohnsitz in der EU liegen muss. Das bedeutet, dass britische .eu-Domain-Inhaber, die eine Adresse in Großbritannien angegeben haben, von der Domain-Suspendierung betroffen sind.

The Register schreibt, dass jeder britische .eu-Domain-Inhaber, der die Registrierungsadresse seiner Domain von einer britischen Adresse zu einer Adresse innerhalb der EU verlegt, seine .eu-Domain behalten kann. Dazu heißt es:

Die Registrierungsdaten können durch die Angabe einer rechtmäßig gegründeten Einrichtung in einem der in Frage kommenden Unionsmitgliedstaaten oder durch die Aktualisierung des Wohnsitzes in einem Unionsmitgliedstaat oder durch den Nachweis der Staatsangehörigkeit eines Unionsmitgliedstaates unabhängig vom Wohnsitz aktualisiert werden.

Dabei gilt eine Frist von 3 Monaten, bis die Domain verfällt. Die Domains bleiben für diese drei Monate – bis zum 31. März 2021 – gesperrt. Hat der Domainbesitzer bis dahin keine physische registrierte Adresse in der EU angegeben, wird die Domain im Jahr 2022 am Markt neu angeboten. Für Leute, die möglicherweise über Jahre eine .eu-Domain halten und mühsam ein Geschäft aufgebaut haben, ein herber Schlag. Ich tippe darauf, das es wohl bald Dienstleister geben wird, die den Betroffenen eine EU-Residenzadresse gegen Bares anbieten, damit dieser Residenzpflicht Genüge getan wird.


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Und was ist mit EU-Bürgern, die in Großbritannien ansässig sind? Diese benötigen keine Adresse innerhalb der EU, um ihre .eu-Domain zu behalten. Die Domain-Inhaber müssen der EURid allerdings eine E-Mail mit ihrem Nachweis der Staatsbürgerschaft schicken. Ziemliches Kuddelmuddel, was zeigt, wie komplex die Brexit-Geschichte in konkreten Fällen ist.

Kritisch wird es auch für europäische Firmen, die die Rechtsform der britischen Limited gewählt haben. Die Limited ist wesentlich günstiger zu haben als eine kleine GmbH. Durch den Brexit ist ab dem 1.1.2021 die zivilrechtliche Grundlage für eine Limited in der EU entfallen – das BGH hat da diverse Urteile gefällt. Diese fallen auf den Status einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zurück. Der IHK-Beitrag hier beleuchtet die Details und die Situation für Betroffene. Auch von der IHK-München gibt es einige ältere Ausführungen zum Thema.


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10 Antworten zu Brexit: 81.000 .eu-Domains von Briten suspendiert

  1. DiWÜ sagt:

    Die Macht der Gewohnheit?
    "Nun ist der Brexit am 1. Januar 2020 passiert."

    Ihnen noch alles gute im Neuen Jahr.

  2. No sagt:

    Ohne indiviuelle Vorwarnung (Anschreiben der Domain-Inhaber) ist das ziemlich kleinlich (um keine Polemik gegen Bürokraten zu nutzen)

    • Günter Born sagt:

      Die Thematik ist seit 2018 in Diskussion – und die drei Monate Übergangszeit wurden m.W. genau aus diesem Grunde gewährt.

    • Thomas sagt:

      Stimmt eigentlich. Da hätte wirklich eine Vorwarnung kommen müssen. Von wem? Natürlich von den Brexiteers: die haben den ganzen Schlamassel schließlich angerichtet. Und da Boris ja immer wieder in bester Donald-Manier laut verkündet hat, dass das großartige Vereinigte Königreich bestens auf den Brexit vorbereitet ist und alles viel schöner, toller und besser wird, hat seine Regierungsadministration bestimmt daran gedacht, alle Betroffenen zu informieren. Bestimmt!
      God save the Queen.

  3. Oliver L sagt:

    Das sollte jeder wissen, der sich eine .eu-Domäne registriert hat.
    Außerdem kann man sich ja sehr schnell eine neue Domäne registrieren, der Art [alteEUDomäne]-fuck-eu.sb (.sb für Small Britain). Kein Mitleid.
    Ich hätte gedacht, die Briten wären genug Europäer, um die Fehlentscheidung innerhalb von einem Jahr zu revidieren durch eine Neuabstimmung und mehr jüngere, die dann auch zur Wahl gehen. Aber wenn sie es denn so wollen, sollen sie sich in ihrem Commonwealth wohl fühlen – echte Europäer waren die Mehrheit der Briten noch nie, d. h. was über die EWG hinaus ging.
    Und ich würde einen Teufel tun, mit Firmen aus Nicht-EU-Staaten Geschäfte zu machen, wenn es EU-interne gibt mit vergleichbaren Leistungen. Schon allein, weil ich hier deutliche höhere und einfachere Rechtssicherheit habe und diese auch einfacher einklagen kann im Fall der Fälle. Bye bye, ihr Insulaner. Die jungen und gebildeten sind aber jederzeit sehr gerne wieder willkommen in unserer kosmopolitischen Gesellschaft, die über Jahrzehnte effektiv Kriege verhindert und dazu geführt hat, dass ich mich in Belgien, den Niederlanden, Portual etc. genau so heimisch fühle wie in anderen unserer deutschen Bundesländer. Ich bin dort Gast und liebe die fremde Kultur. Landesgrenzen innerhalb der EU sehe ich mehr auf Landkarten und als Verwaltungsbezirke als in den Köpfen. Und das ist schön, genauso wie der Euro! Meine Meinung.

    • Thomas sagt:

      "Die jungen und gebildeten sind aber jederzeit sehr gerne wieder willkommen in unserer kosmopolitischen Gesellschaft, die über Jahrzehnte effektiv Kriege verhindert und dazu geführt hat, dass ich mich in Belgien, den Niederlanden, Portual etc. genau so heimisch fühle wie in anderen unserer deutschen Bundesländer."

      Alle Daumen hoch! Genau so ist es. Da gibt es nichts weiter hinzuzufügen.

    • Andi sagt:

      Tja, so unterschiedlich können Sichtweisen sein.
      Was hat die EU mit Europa zu tun? Ich kann auch sehr gut ohne dieses inkompetente Bürokratiemonster leben. Deswegen fange ich noch lange keinen Krieg mit irgendwelchen Nachbarn an.
      Wohl in den 68ern hängen geblieben?
      Zum Glück sehen immer mehr Menschen (keineswegs nur in Deutschland), wohin uns dieses erzwungene "Europa" führt, dass in Wirklichkeit nichts mit den Menschen, sondern nur mit Wirtschaftsinteressen zu tun hat.

    • Dekre sagt:

      etwas merkwürdig dieser politischer Beitrag von Oliver L
      Nur kurz zum blogfremden politischen Beitrag:
      Man sollte sich mal intensiv mit der Geschichte der EU beschäftigen. Dann könnte man eventuell etwas klüger sein.
      Abdriften zum Euro -Wer meint , das ist für die Bürger geschaffen. Irrsinn. Der Euro und die EU sind wie die Vorgänger EWR und Vorgänger Wirtschafts- und Stahlunion nicht für die Menschen, den Mensch, die Bürger geschaffen, sondern für den Großindustiellen. Den Euro gibt es bereits seit 1998 für die Wirtschaft. Für die "Menschen", "Bürger" (egal wie es man es nennen möchte für die Industrie) ist es dann auch zum 01.01.2002 eingeführt und das betrügerisch.
      Das war mein politischer Kommentar.

      Zum eigentlichen Thema:
      Es ist einfach lächerlich für einige Briten (es geht ja nur über die Länderkennung) die eu-Domäne zu sperren. Das ist völlig sinnfern und steht wohl nicht im Vertrag?
      Aber Sinnfernheit völlige Absurditäten sind gang und gäbe.

      Mir ist aufgefallen, dass mit den ersten Gerüchten der "Streichung" der eu-Domäne für britische Internetseiten viele deutsche Unternehmen ihre Domäne von "x.de" auf "x.com" und viele auch "x.eu" auf "x. de" bzw. "x.com" geändert haben. Wohl nach den Motto: "Man kann nie wissen".

      Die Welt ist schon verrückt. Eigentlich geht es. Aber dann kommt die Behörde und sagt: "SO NICHT!!"

  4. Triceratops sagt:

    Das Theater mit der .eu Domain kann man sich Theoretisch Sparen, in dem man sich eine.com Domain nimmt. Oder eine Domain des eigenen landes wie z.B.:

    Frankreich = .fr
    Deutschland = .de
    Großbritannien = .uk
    Italien = .it
    usw.

    dann sollte es keine Domainprobleme geben, falls das eigene Land aus der EU austritt. Sehe ich zumindest so.

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