Eklat: Irische Datenschutzbehörde verhängt 390 Millionen Euro Strafe gegen Meta und klagt gegen Beschluss

[English]Es läuft auf einen weiteren Eklat hinaus. Die irische Datenschutzbehörde (DPC) hat ein Bußgeld von 390 Millionen Euro gegen Meta wegen benutzerbezogener Werbung auf Facebook und Instagram verhängt. Meta darf demnach keine Werbung über persönliche Daten der Benutzer ohne deren explizite Zustimmung mehr schalten. Das Ganze wurde erst nach massivem Protest der restlichen 26 Datenschutzbeauftragten anderer europäischer Länder verhängt. Gleichzeitig hat die DPC angekündigt, gegen den eigenen Beschluss zu klagen.


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Blog-Leser hatten bereits auf das Thema hingewiesen (danke dafür). Ich bereite das Thema mal etwas breiter auf, das dieses viel Sprengstoff bietet, sowohl für Meta, als auch für die irische Datenschutzbehörde und für Europa.

Worum geht es im Kern?

Die beiden Meta-Töchter Facebook und Instagram haben in ihren AGB Klauseln, die die Zustimmung der Benutzer beinhalten, dass die Plattformen nutzerbezogene Daten verwenden, um auf deren Basis personalisierte Werbung auszuspielen. Dies ist das Kerngeschäft von Metas Business-Modell. Während andere Webseiten für personalisierte Werbung eine Cookie-Zustimmungslösung verlangen, versuchte Meta diese Zustimmung global über die AGB zu bekommen. Wer den AGB nicht akzeptiert, kann die Plattform nicht nutzen. Das widerspricht aber der der Ansicht von noyb und Datenschützern der Datengrundschutzverordnung (DSGVO, GDPR), und die Organisation nyob hatte Beschwerde bei der irischem Datenschutzbehörde (DPC) eingereicht.

Der DPC-Beschluss gegen Meta

Die irische Datenschutzkommission (DPC) hat zum 4. Januar 2023 zwei Entscheidungen veröffentlicht und gegen Meta Ireland eine Geldstrafe in Höhe von 210 Millionen Euro (für Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung im Zusammenhang mit ihrem Facebook-Dienst) und 180 Millionen Euro (für Verstöße im Zusammenhang mit ihrem Instagram-Dienst) verhängt. Meta Ireland wurde außerdem angewiesen, seine Datenverarbeitungsvorgänge innerhalb von 3 Monaten in Einklang zu bringen.

Die Untersuchungen betrafen zwei Beschwerden über die Dienste Facebook und Instagram, die jeweils die gleichen grundlegenden Fragen aufwarfen. Eine Beschwerde wurde von einer österreichischen betroffenen Person (in Bezug auf Facebook) eingereicht, die andere von einer belgischen betroffenen Person (in Bezug auf Instagram).

Bei der österreichischen Person handelt es sich um Max Schrems von der Organisation noyb. Die Beschwerden wurden am 25. Mai 2018 eingereicht, dem Tag, an dem die DSGVO in Kraft trat.

Hintergrund war, dass Meta Ireland im Vorfeld des 25. Mai 2018 die Nutzungsbedingungen für seine Facebook- und Instagram-Dienste geändert hatte. Meta wies in den Nutzungsbedingungen auch darauf hin, dass es die Rechtsgrundlage änderte, auf die es sich stützt, um die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Nutzer zu legitimieren. (Gemäß Artikel 6 der Datenschutz-Grundverordnung ist die Datenverarbeitung nur dann rechtmäßig, wenn und soweit sie mit einer der sechs genannten Rechtsgrundlagen übereinstimmt).

Vorher hatte sich Meta Ireland auf die Einwilligung der Nutzer in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Facebook- und Instagram-Diensten (einschließlich verhaltensorientierter Werbung) gestützt. Mit der Änderung versuchte Meta sich für die meisten (aber nicht alle) ihrer Verarbeitungen auf die Rechtsgrundlage "Vertrag" zu stützen.

Der Eklat der DPC

Meta stützte sich darauf, dass durch die Zustimmung ein neuer Vertrag zustande kam, durch den die personalisierte Werbung ausgespielt werden können. Die Organisation noyb führte dagegen Beschwerde, weil der Nutzer keine Wahlfreiheit hatte, wenn er die Plattformen nutzen wollte.


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Die irische Datenschutzbehörde (DPC) startete nach der Einreichung der Beschwerden in 2018 eine Untersuchung der Vorgänge, und kam zum Ergebnis, dass die Informationen über die Rechtsgrundlage, auf die sich Meta Ireland stützt, den Nutzern nicht klar dargelegt wurden. Das führte dazu, dass die Nutzer nicht klar genug wussten, welche Verarbeitungen ihrer personenbezogenen Daten zu welchem Zweck und auf welcher der sechs in Artikel 6 der Datenschutz-Grundverordnung genannten Rechtsgrundlagen durchgeführt wurden.

Die DPC schlug Meta Ireland nach der Prüfung wegen des Verstoßes gegen diese Bestimmungen sehr hohe Geldbußen vor und wies das Unternehmen an, seine Verarbeitungen innerhalb einer bestimmten, kurzen Frist in Einklang mit den Vorschriften zu bringen. Gleichzeitig kam die DPC zum Schluss, dass der Aspekt der "erzwungenen Einwilligung" in den Beschwerden nicht aufrechterhalten werden konnte. Dieser Punkt wurde also abgewiesen – Meta hätte lediglich klarer die Verarbeitungsgrundlage herausarbeiten müssen.

Im Rahmen eines von der Datenschutz-Grundverordnung vorgeschriebenen Verfahrens wurden die Entscheidungsentwürfe der DPC den anderen Aufsichtsbehörden in der EU/im EWR, den so genannten betroffenen Aufsichtsbehörden (CSA), vorgelegt.

  • In der Frage, ob Meta Ireland gegen seine Transparenzverpflichtungen verstoßen hat, stimmten die CSAs den Entscheidungen des DPC zu, vertraten aber die Meinung, dass die vom DPC vorgeschlagenen Geldbußen erhöht werden sollten.
  • Zehn der 47 CSAs erhoben Einwände in Bezug auf andere Elemente der Entscheidungsentwürfe. Diese Gruppe von CSAs vertrat insbesondere die Auffassung, dass es Meta Ireland nicht gestattet werden sollte, sich auf die Rechtsgrundlage des Vertrags zu berufen, da die Bereitstellung personalisierter Werbung (als Teil des umfassenderen Pakets personalisierter Dienste, die als Teil der Facebook- und Instagram-Dienste angeboten werden) nicht als notwendig angesehen werden könne, um die Kernelemente einer angeblich viel eingeschränkteren Form des Vertrags zu erfüllen.

Die DPC war anderer Meinung und vertrat die Ansicht, dass die Facebook- und Instagram-Dienste die Bereitstellung eines personalisierten Dienstes mit personalisierter oder verhaltensbezogener Werbung beinhalten und offenbar auch darauf beruhen. Nach einem Konsultationsverfahren wurde deutlich, dass kein Konsens erzielt werden konnte. Die DPC wurde dann von den übrigen Datenschutzaufsichtsbehörden überstimmt.

Im Einklang mit ihren Verpflichtungen gemäß der DSGVO hat die irische Datenschutzbehörde DPC die strittigen Punkte an den Europäischen Datenschutzausschuss (EDSB) verwiesen. Mit anderen Worten: Die DPC liegt mit den restlichen europäischen Datenschutzaufsichtsbehörden über Kreuz.

Bußgeld gegen Meta

Die Organisation noyb weist in obigem Tweet sowie in diesem deutschsprachigen Beitrag auf diese Entscheidung hin, und fasst die Kernpunkte zusammen. Die Strafe gegen Meta wurde vom DPC-Vorschlag (32 Millionen Euro) auf 390 Millionen Euro erhöht. Und der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA, englisch EDPB) hat Metas "Umgehung" der DSGVO-Einwilligung über eine Klausel in den Geschäftsbedingungen untersagt. Die Entscheidung betrifft drei Beschwerden von noyb aus 2018. Meta muss die "Opt-in"Zustimmung für personalisierte Werbung einholen und muss Nutzer:innen eine "Ja/Nein"-Option für personalisierte Werbung anbieten.

Mit anderen Worten: Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp) darf zukünftig in der EU keine personenbezogenen Daten für Werbung in der bisherigen Weise nutzen. Das ist ein schwerer Schlag für das Geschäftsmodell von Meta in Europa, der das Kerngeschäft des Konzerns langfristig beeinträchtigen könnte. Noyb schreibt dazu, dass der EDPB auf einer massiven Geldstrafe für Meta bestanden habe. Schließlich hat das Unternehmen die meisten kommerziellen Datenverarbeitungen auf eine Rechtsgrundlage gestützt, die vom EDPB in Leitlinien schon seit 2019 ausdrücklich ausgeschlossen wurden.

Der Gesetzesverstoß ist daher klar aus Sicht von noyb vorsätzlich. Meta wurde dieses Jahr bisher schon mit mehr als 900 Millionen Euro an DSGVO-Bußgeldern belegt. Max Schrems sagt dazu: "Die Strafe wird an Irland gehen – den Staat, der sich auf die Seite von Meta gestellt und die Durchsetzung mehr als vier Jahre lang verzögert hat. Meta wird in diesem Fall wahrscheinlich in Berufung gehen, was zu weiteren Kosten für noyb führen wird."

Der Eklat: Die irische Datenschutzbehörde DPC und Meta arbeiten zusammen und wurden vom Datenschutzausschuss (EDSA) zurechtgewiesen und überstimmt. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die DPC versucht, die Entscheidung zu zensieren, denn dem Beschwerdeführer noyb wurde der Beschluss gegen Meta nicht zugestellt. Der Organisation wurde in letzter Sekunde mitgeteilt, dass man die Entscheidung nicht bekommen werde, obwohl man Partei in diesem Verfahren ist. Meta wurde dieser Beschluss dagegen zugestellt.

Meta will gegen Strafe klagen

Meta hat bereits in einer Serie von Tweets angekündigt, sowohl gegen den Inhalt der Urteile als auch gegen die Geldbußen Berufung einzulegen.
Nichts an diesen Entscheidungen verhindere personalisierte Werbung auf den Meta-Plattformen. Die Beschlüsse schreiben laut Meta die Verwendung der Zustimmung nicht vor. Und der Vorschlag, dass Meta in ganz Europa keine personalisierte Werbung mehr anbieten darf, wenn nicht zuvor die Zustimmung jedes Nutzers eingeholt wurde, sei falsch.

Meta beklagt den Mangel an Rechtssicherheit in diesem Bereich, und die Debatte über die Rechtsgrundlagen für personalisierte Werbung sei ja schon seit einiger Zeit im Gange. Der DPC habe deutlich gemacht, dass er der Meinung ist, dass "die DSGVO nicht ausschließt, dass Meta Ireland sich auf die vertragliche Rechtsgrundlage stützt".

Die DPC wurde vom Europäische Datenschutzausschuss (EDPB) angewiesen, eine eine neue Untersuchung durchzuführen, die sich auf alle Datenverarbeitungsvorgänge von Facebook und Instagram erstreckt und besondere Kategorien personenbezogener Daten untersucht, die im Rahmen dieser Vorgänge verarbeitet werden können. Die irische Datenschutzbehörde meint, der EDSB habe keine allgemeine Aufsichtsfunktion, wie sie nationale Gerichte gegenüber unabhängigen nationalen Behörden haben. Es stehe dem EDSB nicht zu, eine Behörde anzuweisen, unbefristete und spekulative Untersuchungen durchzuführen. Der DPC hält es für angemessen, eine Nichtigkeitsklage beim Gerichtshof der EU einzureichen, um die Aufhebung der Anweisung des EDSB zu erreichen.

Mit anderen Worten: Die irische Datenschutzbehörde agiert erneut im Sinne von Facebook, nachdem vier Jahre bremsen vom Europäischen Datenschutzausschuss (EDPB) ausgehebelt wurde. Und nun wird gegen diese Anweisung geklagt – was zwar formal das gute Recht von Meta und der DPC ist. Aber der Vorgang zeigt, wie es um den Datenschutz in Europa bestellt ist. Jetzt bleibt abzuwarten, wie beim Gerichtshof der EU in der Sache geurteilt wird. Das Thema wird uns noch länger erhalten bleiben.


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13 Antworten zu Eklat: Irische Datenschutzbehörde verhängt 390 Millionen Euro Strafe gegen Meta und klagt gegen Beschluss

  1. Singlethreaded sagt:

    "Während andere Webseiten für personalisierte Werbung eine Cookie-Zustimmungslösung verlangen, versuchte Meta diese Zustimmung global über die AGB zu bekommen. Wer den AGB nicht akzeptiert, kann die Plattform nicht nutzen. Das widerspricht aber der der Ansicht von noyb und Datenschützern der Datengrundschutzverordnung (DSGVO, GDPR)."

    Es gibt viele Seiten wie heise.de, t-online.de oder zeit.de, welche alle nur nutzbar sind, wenn man dem Tracking vollumfänglich zustimmt. Die Möglichkeit bestimmte oder alle Tracker abzuwählen ist schon lange nicht mehr vorhanden. Einziger Ausweg ist der Abschluss recht teurer Abos, welche vor der Nutzung immer eine Anmeldung erforderlich machen. Ähnlicher Sachverhalt bzw. darf ein Anbieter bei kostenfreier Nutzung einer Webseite eine globale Zustimmung verlangen?

    • Bernd Bachmann sagt:

      So wie ich es verstehe — bin kein Meta-Nutzer — besteht der beanstandete Unterschied eben gerade darin, dass man bei den genannten Unternehmen explizit zustimmen muss, während Meta die Zustimmung anscheinend lediglich irgendwo in 150-seitigen AGBs versteckt hat.

    • John Doe sagt:

      Der Sachverhalt ist nicht vergleichbar, das Abo ist eine Alternative zur Nutzung mit Tracking/Datennutzung.
      Die Regeln besagen dass man Tracking/Datennutzung nicht erzwingen darf, aber nicht, dass Nutzung ohne Tracking/Datennutzung umsonst sein muss.

      Oder: Wenn du nicht für einen Dienst zahlst, bist du das Produkt.

      Problematisch sind solche Seiten nur, wenn man zahlt und dann nicht wirklich alles Tracking weg ist, z.B. durch die Einbindung externer Ressourcen von Google und Co. – lädt die Seite was von fremden Servern nach, kann der Betreiber dieses Servers einen u.U. über all die Seiten, die ihn nutzen weiterverfolgen. Das wird i.d.R. über Auftragsdatenverarbeitung geklärt, halte ich aber für problematisch, weil ja dafür gezahlt wurde dass eben nicht bei 1000 Werbedienstleistern Daten aufschlagen.

  2. janil sagt:

    Man muss ja nicht alles benutzen und man kann mit einfachen Mitteln, "NoScript" und auch "UBlock" und auch ein Raspi am Router mit "PiHole" schon eine Menge ausschließen. Allerdings erfordert das Zeit, sich damit zu beschäftigen und reinzufinden, die die Masse wohl nicht und wohl auch kein Interesse daran hat. Sprich die allgemeine Niveaulosigkeit wird es nicht interessieren.

  3. Bernd Bachmann sagt:

    Etwas OT: Vielleicht bin ich ja wieder einmal irgendwie untypisch, aber mich machen diese Diskussionen um personalisierte Werbung immer etwas ratlos.

    Hat irgendwer hier schon mal eine Werbung im Internet gesehen, die ihn aufgrund offensichtlicher Personalisierung interessiert hat?
    Hat irgendwer hier schon mal auf eine Werbung im Internet geklickt?
    Hat irgendwer hier schon mal aufgrund einer Werbung im Internet etwas gekauft?

    Wenn wir von reiner Neugier (was hat es eigentlich mit diesem "Sie glauben nicht, was dann passiert ist"-Clickbait auf sich) sowie Webseiten, die mir genau da, wo ich hinklicke, Werbung hinschieben, absehen, kann ich für mich alle drei Punkte verneinen. Andererseits würden die Unternehmen doch wohl nicht Milliarden in diese Art von Werbung stecken, wenn sie nichts brächte?

    • Robert O. sagt:

      Du sagst es. Wenn es nicht funktionieren würde, wäre es mit Sicherheit nicht so extrem populär. Das gilt auch für andere Bereiche, wie z.B. Phishing-Mails etc.

      MfG
      Robert O.

    • Günter Born sagt:

      Mir sind schon selbst Fälle untergekommen, wo ich was im Hinterkopf hatte und dann zufällig die Werbung sah, was dann was getriggert hat. Nicht unbedingt ein Kauf beim Werbenden, aber eine Recherche. Und ich kenne einen Fall aus meinem Umkreis, wo Werbung hier im Blog eine Information enthielt, die für die betreffende Person so relevant war, dass sie sich auf den Zielseiten informierte, einen Impuls erhielt und dann eine Entscheidung treffen konnte.

      Sind nur zwei isolierte Fälle, die aber zeigen, dass interessante und irgendwie passende personalisierte Werbung funktionieren kann. Was Du beschreibst ist das Problem, dass wir zwar personalisierte Werbung über Werbenetzwerke zu sehen bekommen, diese aber in der Masse nicht wirklich auf die Bedürfnisse der jeweiligen Personen abgestimmt ist. Deswegen hoffe ich auf kontextbezogene Werbung, die für die Besucher nicht intrusiv ist. Es gibt aktuell noch eine Anzeige dieser Art – und ich sehe an den Klickraten, dass es durchaus Leute interessiert. Aber das ist ein Modell außerhalb des Kosmos der üblichen Werbenetzwerke – und ich weiß nicht, ob ich dieses Jahr noch neue Anzeigenkampagnen bekomme.

      Theoretisch wären wir nach dieser Erkenntnis jetzt bei ChatGPT und dem von mir angesprochenen Bing-Suchverbesserer. "Hallo, ich interessiere mich für xyz, suche mir doch passende Anbieter in meiner Nähe heraus, die renommiert, preisgünstig und zuverlässig sind, und mir was sofort, in x Tagen, liefern können."

      • Bernd Bachmann sagt:

        Ich glaube schon, dass personalisierte Werbung theoretisch funktionieren *kann*. Mir persönlich ist nur noch kein einziger Fall untergekommen. Dass ich mich mal über Porsche informiert habe, bedeutet halt nicht, dass ich gerade dringend einen Privatjet mieten oder Kaviar-Aktien kaufen möchte (ein konkretes Beispiel offensichtlich personalisierter Werbung, das mir, weil es so witzig war, in Erinnerung geblieben ist). Es bedeutet nicht einmal, dass ich einen Porsche kaufen möchte.

        Unter "kontextbezogener Werbung" verstehe ich Werbung, die nicht auf personenindividuellem Tracking beruht, sondern auf dem Inhalt von Suchanfragen oder Webseiten. Das ist aber doch bei den (angeblich) nicht-trackenden Suchmaschinen oder Browsern, wie z.B. bei den von mit genutzten Qwant oder Brave, Standard?

    • Karl sagt:

      Das Verständnis von Werbung als direkt Kauf auslösender Faktor ist sicher zu kurz gedacht. Werbung, Reklame, Propaganda jedweder Form dient (auch) dazu Umfeld durch permanente Penetration zu erschaffen und bestimmte kulturelle Projektionen zu verankern.
      Werbung auf vermutete persönliche Erwartungshaltung (Plattform übergreifend und durch Zukauf weiterer Daten) abzustimmen und hier Verhalten zu verstärken oder abzuschwächen zu versuchen ist ein populistischer Ansatz den Prozess effektiver zu machen. Das steckt sicher noch in den Kinderschuhen, auch wenn Unternehmen wie facebook hier sicher schon mit einer sehr breiten Basis korrelierbarer Daten sehr weit sein wird.

      • Günter Born sagt:

        Zum letzten Satz und meiner im vorherigen Kommentar gegebenen Einschätzung, dass Facebook mit Micro-Targeting sehr viel machen könnte – noch ein Gedanke. Die Betonung liegt bei Facebook auf "könnte", machen können sie es schlicht nicht. Als Blogger bediene ich Facebook als Plattform, indem ich meine Artikel dort mit Links poste. Was auffällt:

        – ich bin in den letzten Monaten durch die Facebook KI mehrfach "verwarnt worden und Beiträge wurden gesperrt", weil diese gegen Gemeinschaftsstandards verstießen oder SPAM seien. Warum, blieb im Dunkeln – ich tippe darauf, dass die KI strunz doof agiert und einfach die Zahl der geteilten Beiträge mit einer Schwelle vergleicht. Wenn ich morgens aus drei Blogs jeweils 5 oder mehr Artikel in meinem Facebook-Profil, auf meiner Facebook-Seite und ggf. noch in drei oder vier relevanten Facebook-Gruppen teile, rücke ich in den "Aufmerksamkeitsfokus" der FB-KI, die dann irgendwann zuschlägt – ohne die Inhalte zu berücksichtigen.

        – wegen der Sperren der in Gruppen geteilten Beiträge habe ich dann meine Seite bei Facebook etwas aufgewertet und teile alle IT-Beiträge aus meinem FB-Profil auf dieser Seite. Nutzer können dort sofort sehen, was es Neues gibt. Gehe ich auf meine Facebook-Seite, wird mir von der FB-KI ein Strom an Beitrags-Vorschlägen gezeigt, die angeblich für mich von Interesse sind. A nervt es, zig Beiträge zu scrollen, bevor ich meine eigenen Beiträge auf meiner Seite sehe, so das ich mich nur noch mit Grausen abwende (ich versuche möglichst wenig auf der eigenen FB-Seite aktiv unterwegs zu sein).

        Die Frage, die mich umtreibt: Warum agiert Facebook so strunz doof? Ich poste über IT- oder max. 50+-Themen, man könnte als sehr trennscharf fokussieren – und die kommen mit Zeitlers-Fußball-Welt oder irgendwelchem anderen Schrott, der mich nicht die Bohne interessiert. Da ist Null KI dahinter, sondern Meta spült Beiträge, für deren Verbreitung die Urheber imho zahlen, breit auf anderen FB-Seiten aus. Ich werde bei jedem Post auf meiner Facebook-Seite gefragt, ob ich diesen kostenpflichtig bewerben soll. Merke: Es geht dort nur um schnelle Kohle für Facebook – von künstlicher Intelligenz, oder zumindest einem Ansatz, mir sinnvolles vorzuschlagen, ist man Lichtjahre entfernt.

        Von daher: Facebook könnte mit dem Wissen über Interessen genial in Sachen Werbung agieren – aber sie können es schlicht nicht – jedenfalls nicht in den Bereichen, in denen ich mich da bewege. Und so ist es wohl auch bei der Masse der sonst im Internet auf Seiten angezeigten Werbung.

  4. Dolly sagt:

    Personalisierte Werbeplätze können teuerer verkauft werden.

    • Günter Born sagt:

      Bei Facebook könnte ich mir vorstellen, dass dies durch sogenanntes Mikro-Targeting sogar funktioniert – die wissen ja sehr viel über ihre Nutzer. Beim Hochfrequenz Bidding auf Anzeigenplätze, wo nur auf Grund von Cookie-Analysen und Traffic Zuschläge von den Werbenetzwerken erfolgen, gehe ich von riesigen Streuverlusten aus.

      Bei sehr zielgruppenspezifischen Webauftritten bin ich immer noch der Meinung, dass dort kontextspezifische Werbung die Besucher eher erreicht. Ich mag mich aber täuschen – muss dass auch nicht mehr lösen, und gehe davon aus, dass da hochbezahlte Analysten sich die Daten anschauen und über die breite Masse entscheiden, was für die jeweiligen Werbenetzwerke funktioniert.

      Meine persönliche Beobachtung, auch an Hand der Anfragen von irgendwelchen Werbenetzwerken abseits des Google-Cosmos sowie dem, was Google da bei seiner Werbeplatzierungsoptimierung dem Blog hier unterschieben möchte, kippt man aber das Kind gerade mit dem Bad aus. Wenn mir Vignetten-Ads, Fireplace-Ads, Video-Overlay-Ads und Rollover-Ads als bevorzugte Werbeanzeigen angeboten oder sogar automatisch untergeschoben werden sollen, geht das gar nicht. Ist hier in den Blogs (genau wie die i.d.R. nicht funktionierende Optimierung der Werbeanzeigen) deaktiviert – ich hatte aber voriges Jahr zwei Fälle, wo Google das sogar automatisch wieder aktiviert hat und ich mich wunderte, dass mir plötzlich unerwünschte Anzeigeformate untergeschoben worden waren. Es ist in dieser Hinsicht besch***

  5. Knusper sagt:

    Sehr oft verstehe ich nicht, wie viele denken.
    Wenn jemand über zwei Milliarden Benutzer mit Infos (was auch immer) versorgen möchte, ist das ein sehr, sehr großer finanzialler Aufwand. Also wäre die Logik auch folgende: Wir verwenden Ihre Daten für personalisierte Werbung. Wenn Sie zustimmen, klicken Sie bitte auf "Ja". Klickt jemand auf "Nein", schliesst sich die Seite mit leisem Bedauern.

    Mir ist klar, dass eine Firma dieses Fragespiel (ebenso wie viele User) nicht benutzerfreundlich findet und es darum in den AGBs ablegt.

    Aber zu denken, ich gebe dir nichts, will aber alles von dir, ist schlicht naiv. Persönlich bin ich nicht bei solchen Diensten, eben weil ich nichts geben möchte.
    Vielleicht könnte man das verkorkste Internet verbessern, wenn man Dienste bezahlen könnte/müsste. Ok, ist Wunschdenken aber Gesetze und Klagen ändern da nichts.

    (So ist mir völlig schleierhaft, wie manche auf die Idee kommen, dass z.B. auch WhatsApp kostenlos sei. Oder man verwendet Google und findet deren Geschäftsmodel schlecht usw.)

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