Neues von 1N Telecom: Fingierte Verträge und Vergleichsangebote

ParagraphEs gibt ein Update, was sich bezüglich der Forderungen der TPI Investment GmbH an "Schadensersatz in Sachen angeblicher 1N Telecom-Verträge" tut. Inzwischen haben einige Personen ein weiteres Schreiben der TPI Investment GmbH erhalten, in denen ein "Vergleich" angeboten wird – es sollen 200 oder 250 Euro gezahlt werden. Beigelegt ist die "Kopie eines Urteils", um die Opfer zur Zahlung zu veranlassen. Weiterhin tauchen mutmaßlich fingierte Verträge auf, die die Opfer angeblich nicht unterschrieben haben. Zeit für den nächsten Überblick.

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Der Fall 1N Telecom GmbH und TPI Investment GmbH

Zuerst ein verkürzter Rückblick auf die Sachverhalte, die nachfolgend aufgegriffen werden, verbunden mit einer Einordnung des Ganzen. Seit 2023 versuchte das Unternehmen 1N Telecom GmbH Menschen (ich bezeichne sie inzwischen als "Opfer") mit mutmaßlich "unsauberen" Geschäftsmethoden zum Vertragswechsel von der Deutsche Telekom AG zum eigenen Angebot zu verleiten (siehe auch Verbraucherzentrale Niedersachsen: Warnung vor Vertragswechsel zu 1N Telecom).

Da diese Vertragswechsel entweder auf Verbrauchertäuschung (sagt das AG Leipzig in einem Urteil) beruhen oder es nach meinem Wissen auch technische Probleme beim Wechsel des Anschlusses gibt, dürfte die Zahl der von der Firma wirklich gehaltenen Internet- und Telefonanschlüsse nicht sehr hoch liegen (siehe auch 1N Telecom: Neue Entwicklungen bei TPI Investment GmbH (Sept. 2025)).

Für mich als Außenstehenden verdichtet sich der Verdacht, dass das Geschäftsmodell des Unternehmens weniger auf die Bereitstellung von Internet- und Telefonanschlüssen ausgerichtet war, sondern dass sich die Umsätze inzwischen eher über geltend gemachte Schadensersatzforderungen in Höhe von ca. 420 Euro Einnahmen generieren könnten.

Bei Verbraucherzentralen liegen m.W. inzwischen über 18.000 Beschwerden vor, in denen sich Verbraucherinnen und Verbraucher getäuscht fühlen. Keine Ahnung, wie hoch die Dunkelziffer der Betroffenen ist, die gezahlt haben.

Teilweise fingierte Verträge?

Im Grunde herrscht ja Vertragsfreiheit und jeder kann im Prinzip irgendwo etwas abschließen. Ich möchte aber einen Sachverhalt erneut aufgreifen, der nicht uninteressant ist. Für mich zeichnet sich ab, dass Empfänger von Schreiben der 1N Telecom GmbH, und mittlerweile einer TPI Investment GmbH, eigentlich einen Nachweis über den angeblich bestehenden Vertrag vorgelegt bekommen müssen. Manche Personen bekommen diesen Nachweis auch auf mehrfache Frage wohl nicht vorgelegt.

Es gibt aber Schreiben der 1N Telecom GmbH, und mittlerweile einer TPI Investment GmbH, letztere gibt an, Forderungen der 1N Telecom übernommen zu haben. Diesen Schreiben liegt dann auch eine Kopie der behaupteten "Vertragsannahme" bei. Dabei gibt es nach meiner Einschätzung zwei Kategorien von Betroffenen:

  • "Opfer" der ersten Welle sind mutmaßlich auf einen Brief der 1N Telecom GmbH hereingefallen, die für einen Wechsel in einen "günstigen" Tarif für Internet und Telefon warb, und sich die Namensähnlichkeit mit der Deutsche Telekom AG zunutze machte.
  • Spätere "Opfer" geben an, nie Kontakt mit dem Unternehmen gehabt zu haben. Es kristallisiert sich heraus, dass diese Personen an Preisausschreiben im Internet teilgenommen haben. Nun besteht der Verdacht, dass die Adressen über dubiose Gewinnspiele eines Firmengeflechts oder ähnliche Mechanismen ermittelt wurden.

SWR Marktcheck geht in diesem Artikel auf den Verdacht ein, dass Adressen von Betroffenen aus Gewinnspielen stammen, und plötzlich ein Vertrag mit der 1N Telecom GmbH behauptet wird. Mir liegt eine "statistisch nicht repräsentative" Auswertung mit 150 Antworten vor, bei der 80% der Betroffenen angeben, an einem Preisausschreiben der LeadOn teilgenommen zu haben, woraus dann ein Auftrag für die 1N Telekom abgeleitet wurde. Gerade einmal 5 % der Teilnehmer (7-8 Personen) geben an, eine Kopie eines unterschriebenen Vertrags als Nachweis eines Vertragsabschlusses erhalten zu haben. Ganze 15 % der Teilnehmer geben an, weder etwas unterschrieben noch an einem Preisausschreiben teilgenommen zu haben.

Ja, es gibt Betroffene, die bei der Brief-Aktion einen Auftrag zum Anschlusswechsel unterschrieben haben, dann aber bzgl. des im Fernabsatzgesetz vorgesehenen 14 tägigen Widerspruchsrechts mutmaßlich ausgetrickst wurden. Zu diesem Themenkomplex schreibe ich noch einen weiteren Beitrag. Aber es zieht sich durch die ganze Geschichte: Die Betroffenen hätten bei Kenntnis des Sachverhalts nie diesem Vertrag zugestimmt.

Aber es gibt hier noch zwei Probleme des ganzen Konstrukts. Einmal könnten Verträge bei arglistiger Täuschung nichtig sein, weil der Vertragsnehmer sich im Unklaren war, auf was er sich da einlässt und von anderen Voraussetzungen ausging. Mir liegen einige Urteile in Kopie vor, wo so etwas anklingt (siehe Weiteres Anerkennungsurteil gegen die 1N Telecom GmbH und 1N Telecom: Neue Entwicklungen bei TPI Investment GmbH (Sept. 2025)).

Bericht über gefälschte Unterschriften 1N Telecom GmbH

Aber es scheint Fälle zu geben, wo selbst die Unterschrift unter ein "Dokument" zum Vertragswechsel nicht vom Opfer stammen soll. Obiger Screenshot dieses Artikels (leider hinter einer Paywall) greift einen Fall auf, wo ein Opfer angibt, dass die vorgelegte Kopie eines Antrags auf Anschlusswechsel nicht seine Unterschrift trägt. Sofern zutreffend, käme in dieser Angelegenheit noch Urkundenfälschung hinzu.

Und im Beitrag 1N Telecom: Neue Entwicklungen bei TPI Investment GmbH (Sept. 2025) hatte ich ausgeführt, dass ich auch Aussagen von Betroffenenvertretern gesehen habe, die angeben, zwar eine "Vertragskopie mit Unterschrift" vorgelegt bekommen zu haben. Schönheitsfehler dieses Vertrags laut Aussage der Person, die sich mit den Forderungen herumschlägt: Der angebliche Unterschriftsgeber sei zum Zeitpunkt der behaupteten Vertragsunterzeichnung bereits verstorben gewesen. Wirft natürlich, sofern zutreffend, ein besonderes Licht auf die gesamte Angelegenheit.

Die "Vergleichsangebote" der TPI Investment GmbH

Seit Ende September bzw. Anfang Oktober 2025 gibt es Berichte von Personen, die ein "Vergleichsangebot" der "I N K A S S O"-Abteilung einer TPI Investment GmbH zugeschickt bekamen. Daher noch ein Blick darauf, was dahinter steckt und welche Informationen vorliegen.

Kleiner Rückblick, was bisher war

Die TPI Investment GmbH ist ein im Sommer neu gegründetes Unternehmen (siehe NorthData-Übersicht). Es gab meines Wissens postalische Aussendungen dieses Unternehmens, welches die Kopie einer Bestätigung vorlegt, aus dem hervorgeht, dass man die nicht titulierte "Forderungen" der 1N Telecom GmbH übernommen habe. Das ist erst einmal legitim.

Mit im Brief lag beim ersten Schreiben auch die Kopie des Ausrisses eines Urteils bei, was belegen soll, dass der Empfänger des Schreibens keine Chance habe, aus der Forderung nach Schadensersatz herauszukommen und endlich zahlen soll. Ich hatte dies im Beitrag 1N Telecom-Fall: 2. 'Inkasso'-Schreiben der TPI Investment GmbH aufgegriffen und eine Einordnung des Sachverhalts versucht. Kurzfassung: Dieses Schreiben steht meiner Einschätzung nach auf "sehr wackeligen Füßen", ein Anwalt wird das vermutlich abwehren können (kommt aber auf den genauen Sachverhalt an).

Und dann gab es noch den im Beitrag 1N Telecom: Neue Entwicklungen bei TPI Investment GmbH (Sept. 2025) beschriebenen Sachverhalt. Das Amtsgericht Hagen verschickte Schreiben im Auftrag der TPI Investment GmbH, in dem die Forderung in Höhe von 520 Euro wegen des nicht eingehaltenen Vertrags mit der 1N Telecom GmbH gerichtlich geltend gemacht werden.

Ein solcher Vorgang kann aber von jedem Person oder Firma bei Gericht angestoßen werden, um einen gerichtlichen Mahn- und später Vollstreckungsbescheid zu erhalten und Forderungen ggf. per Gerichtsvollzieher durchsetzen zu können. Das Gericht prüft die Forderung nicht, sondern sendet der betreffenden Person, die angeblich Schuldner der Forderung ist, einen Anhörungsbogen. Wird die Forderung bestritten, geht der Vorgang an ein Amtsgericht, welches dann über den Sachverhalt und ggf. den Erlass eines Vollstreckungsbescheids befindet. Wer hier nicht reagiert, läuft in eine Falle. Schlecht auch, wenn ein solches Schreiben in der Post verloren geht.

Was noch bekannt ist

Die Verbraucherzentrale hat zum 28. August 2025 den Beitrag 1N Telecom und TPI Investment: So wehren Sie sich gegen Forderungen und Inkasso zum Sachverhalt veröffentlicht und gibt Hinweise, was Empfänger der Forderungsschreiben der beiden genannten Unternehmen tun können.

Auch der RBB warnt in diesem Artikel von Mitte September 2025 vor diesen Schreiben und gibt Ratschläge, basierend auf Hinweisen der Verbraucherzentralen, was Empfänger tun können, wenn diese den Vorgang als unberechtigt ansehen, weil sie keinen Vertrag abgeschlossen haben.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat zum 19. August 2025 eine Unterlassungsklage gegen die TPI Investment GmbH eingereicht, wie ich hier gelesen habe. Die Klägerin wendet sich dagegen, dass die Beklagte gegenüber Verbraucher in einem Forderungsschreiben den unzutreffenden Eindruck erweckt, bei ihr handele es sich um ein Inkassounternehmen. Zudem werden in einer Zahlungsaufforderung geltend gemachte "Mahnkosten" (von 3 Euro) als unberechtigt angesprochen. Der aktuelle Sachstand dieses Verfahrens ist mir derzeit nicht bekannt.

Es gibt "Vergleichsangebote" der TPI Investment GmbH

Mir sind in den letzten Tagen Schreiben der TPI Investment GmbH bekannt geworden, in denen dem jeweiligen Empfänger ein "Vergleichsangebot" gemacht wird. Statt 420 Euro Schadensersatz, den die 1N Telecom GmbH forderte, und den 520 Euro im gerichtlichen Mahnverfahren des Amtsgerichts Hagen, werden in nachfolgendem Schreiben nur noch 200 Euro gefordert – zu zahlen, bis zum heutigen 4. Oktober 2025.

TPI Vergleichsangebot 200 Euro

Es wird auf eine "behauptete" Rechtmäßigkeit der Forderung hingewiesen. Belegt wird dies durch eine Kopie des behaupteten Vertragsabschlusses. Und es wird auf ein Urteil des Landgerichts Magdeburg hingewiesen, wobei ein einseitiger Ausriss des Urteils als Kopie beiliegt (dazu unten mehr).

Gedroht wird mit Zwangsvollstreckung. Kann man alles tun – und wenn es eine rechtmäßig Forderung ist, stellt die Zwangsvollstreckung sicherlich den gesetzlichen Weg dar, den man als Gläubiger beschreiten kann. Erste Merkwürdigkeit ist aber, dass eine Forderung von 420 Euro plötzlich im "Vergleichsangebot" auf 200 Euro schrumpft. So richtig sicher scheint sich die TPI Investment GmbH nicht zu sein, dass man die ursprüngliche Forderung durchsetzen kann.

Aber einen solchen Weg könnte man wählen, wenn der Aufwand zur Durchsetzung der (berechtigten) Gesamtforderung zu hoch erscheint und man wenigstens eine Teilsumme erlösen möchte. Ich weiß nicht, für welchen Betrag die TPI Investment GmbH die nicht titulierten Forderungen der 1N Telecom GmbH übernommen hat. Es könnte sich für das Unternehmen aber "rechnen".

Merkwürdig wird es für mich aber, wenn man sich den Ausriss des nachfolgenden Schreibens anschaut, welches einen anderen Empfänger erreichte. Dort findet sich der gleiche Standardtext, aber wundersamer Weise ist der Betrag von 250 Euro im "Vergleichsangebot" genannt.

TPI Vergleichsangebot 250 Euro

Ich hatte spontan das Bild vor Augen: "Da hat jemand ein Monopoly-Brett und würfelt die Empfänger und den Vergleichsbetrag aus, je nachdem, welches Feld beim Würfeln erreicht wird." Aber der Eindruck kann natürlich trügen, ein unguter Eindruck bleibt bei mir aber auf jeden Fall.

Was ist mit dem zitierten Urteil?

Ganz spannend fand ich, dass in den mir bekannten Schreiben eine Anlage 2 mit einem Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 01.07.2025, Az. 2 S 3/25, erwähnt wurde, was die Rechtmäßigkeit der Forderung unterstreichen soll. Dem Schreiben lag nachfolgend gezeigte Seite aus dem zitierten Urteil bei, und jetzt wird es interessant.

"Urteilskopie" beim TPI-Schreiben

Die Seite trägt den Schriftzug "beglaubigte Abschrift", was der Kopie einen hochoffiziellen Anstrich verleiht – "muss was amtliches sein". Von einem Empfänger weiß ich, dass er glaubte, das Urteil sei gegen ihn selbst ergangen, er habe zwar geklagt, aber er wisse von keiner Verhandlung in Magdeburg. Aber die Kopie lag dem Schreiben der TPI bei, was mit normaler Post kam. Der Empfänger war verunsichert und fragte, was er tun solle.

Ich bin dem Thema "Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 01.07.2025, Az. 2 S 3/25" nachgegangen, denn da passte einiges nicht. Der Ausriss der Seite soll meinem Eindruck nach dem Empfänger suggerieren, dass da rechtlich was in "trockenen Tüchern" sei. Der Schriftzug "beglaubigte Abschrift" ist in der Kopie aber juristischer Humbug, da die dem Empfänger zugegangene Kopie bereits keinen Namen des Beklagten mehr enthält. Bei einer beglaubigten Abschrift unzulässig.

Ich habe zum 2. Oktober 2025 bei der Pressestelle des Landgerichts Marburg angerufen. Als ich das oben aufgeführte Aktenzeichen durchgab, kam die Reaktion "da fehlt doch noch was". Ich habe dann in Absprache eine E-Mail-Anfrage stellt und auch am gleichen Tag eine Antwort bekommen. Das Urteil des Landgerichts gibt es in der Tat, es liegt mir in anonymisierter Fassung vor.

Zur Einschätzung des Sachverhalts und der rechtlichen Würdigung zitiere ich mal eine Stimme, die eine Vermutung äußerte:

Dieses beigefügte Urteil, in Kombination mit dem Vergleichsangebot, ist völlig lächerlich, da das eine mit dem anderen gar nichts zu tun hat.

Die Vorgeschichte dieses Urteils könnte sich wie folgt abgespielt haben – Beispiel Max Mustermann vs. 1N Telecom

1. AG Hagen: 1N Telecom beantragt dort einen Mahnbescheid (gelber Brief). Max Mustermann reagiert nicht – nach 2 Wochen kommt der Vollstreckungsbescheid. Max Mustermann legt auch hier keinen Einspruch ein – der Bescheid wird rechtskräftig.
2. AG Oschersleben: Max Mustermann versucht sich später doch zu wehren und klagt gegen den Vollstreckungsbescheid (Vollstreckungsabwehrklage). Das Amtsgericht gibt ihm Recht und hebt den Bescheid auf.
3. LG Magdeburg: 1N Telecom geht in Berufung. Das Landgericht ändert das Urteil und sagt: Der Vollstreckungsbescheid des AG Hagen bleibt bestehen.
Max verliert und 1N Telecom darf vollstrecken.

Ich drücke es mal so aus: "Die Stimme" hat den Kern des Sachverhalts aus dem Urteil – nach meiner Lesart – ziemlich genau getroffen. Es ist wie oben skizziert abgelaufen. Laut Urteil des Landgerichts Magdeburg ging es nur noch darum, ob der rechtskräftig ergangene Vollstreckungsbescheid als Hagen in der Revision aufgehoben werden kann. Die Beklagte konnte laut Urteilsbegründung "nicht schlüssig darlegen, einen Irrtum gemäß § 119 BGB über den richtigen Vertragspartner aufgesessen zu sein".

Hier gibt es in der Tat abweichende Urteile diverser Gerichte. Das Gericht in Magdeburg urteilt, dass die Beklagte auch bei nur geringer Aufmerksamkeit hätte erkennen können, dass sich nicht die Telekom an sie wendet, sondern die Klägerin. Die Firmenlogos der beiden Unternehmen unterschieden sich sehr deutlich. Auch sei die Mitnahme der Telefonnummer ein Indiz, dass es sich nicht um die Telekom AG als Vertragspartner handele.

Das Gericht verweist in der Urteilsbegründung auch darauf, dass selbst wenn die Beklagte im Irrtum über ihre Vertragspartner gewesen sein sollte,  die Fristen zur Anfechtung des § 121 Abs. 1 BGB verstreichen ließ. Interessant fand ich aber die Angaben des Gerichts, das in meinen Augen, sehr kurze Fristen zugrunde legte. Mit dem Schreiben zur Rufnummern-Übertragung der Telekom vom 15.06.2023 habe die Beklagte Kenntnis vom behaupteten Irrtum gehabt. Aber erst am 04.07.2023 sei die Anfechtung des Vertrags erklärt worden, ohne dass die Beklagte besondere Umstände für diese Verzögerungen geltend gemacht hat. Hier legt das Gericht die übliche 14 tägige Widerrufsfrist an.

Das sind gerade einmal 3 Wochen Frist – jemand der vertraglich nicht sehr erfahren ist, reißt schnell diese Fristen. Problem ist auch, dass diese Vorgänge des Widerspruchs nachweisbar sind. Am Ende des Tages ist dies meiner Einschätzung nach aber ein Einzelfall. Entschieden wurde dieser wohl wegen Versäumnissen der Beklagten. Der Anwalt konnte, in der von 1N Telecom GmbH beantragten Revision, das Urteil des Amtsgerichts Oschersleben nicht erfolgreich verteidigen.

Ob dieses Urteil des LG Magdeburg inzwischen rechtskräftig ist, oder ob erfolgreich Beschwerde eingelegt wurde, ist mir nicht bekannt. Im Urteil bleibt der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen daher bestehen. Die Beklagte muss knapp 420 Euro Schadensersatz, zuzüglich Zinsen, sowie die Kosten des Verfahrens tragen.

Es sei aber an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es die oben erwähnten, abweichenden Urteile anderer Gerichte gibt, die den Vertrag wegen Irrtum als nichtig erklärt haben. Es hängt wohl immer vom Einzelfall ab – eine übergreifende Rechtsprechung gibt es m.W. in dieser Angelegenheit nicht. Damit sind wir wieder beim Ausgangspunkt, dass Empfänger solcher Schreiben zügig reagieren müssen und sich juristischen Rat bei Anwälten oder der Verbraucherzentrale einholen sollten.

Ich selbst bin von dieser Angelegenheit nicht betroffen und kann auch keine juristische Beratung geben, sondern dokumentiere hier lediglich die Sachverhalte, die mir zur Kenntnis gelangen. Alles in allem stellt sich das Ganze für mich als "unappetitlicher Vorgang" dar. Zwei von der 1N Telecom GmbH mit der Eintreibung der Forderungen beauftragte und offiziell registrierte Inkasso-Unternehmen haben nämlich nach kurzer Zeit diese Aufträge zurückgegeben. Weiterhin sind meines Wissens nach noch eine Sammelklage der Verbraucherzentrale gegen die 1N Telecom GmbH sowie weitere Verfahren gegen deren Geschäftsführer anhängig. Es wird daher vermutlich nicht das letzte Mal sein, dass über neue Entwicklungen berichtet wird.

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14 Antworten zu Neues von 1N Telecom: Fingierte Verträge und Vergleichsangebote

  1. Anonym sagt:

    "dass diese Personen an Preisausschreiben "
    dass war schon immer eine Einladung für Betrüger, auch schon zu pre-Internet Zeiten.

  2. aus dem Rhein-Main Gebiet sagt:

    Das ist schon ein Hammer, wie dreist 1N Telecom und beteiligte Partner vorgehen.
    Da wird es Zeit, daß die Sammelklage der Verbraucherzentrale endlich gerichtlich geklärt wird.

    Und daß dann hoffentlich 1N Telecom und beteiligte Personen dermaßen einen auf die Mütze bekommen, daß es sich gewaschen hat. Wenn daß dann auch noch in Presse und Rundfunk ganz groß veröffentlich wird, hat der Spuk ein Ende.

    Ich kann mich erinnern, daß ein Nachbar vor Jahrzehnten auch mal so ähnliches Schreiben bekommen hat. Der hat nicht lange gefackelt, sondern ist gleich zum Rechtsanwalt seines Vertrauens gegangen. Es gab eine Gerichtsverhandlung wo die Gegenpartei sang und klanglos vom Gericht abgebügelt wurde. Ich meine mich dunkel zu erinnern, daß der Nachbar vorhatte, eine negative Feststellungsklage zu erheben.
    Muss ich mal fragen ob, er daß mit seinem Rechtsanwalt durchgezogen hat.

    • User007 sagt:

      "[…] die Sammelklage der Verbraucherzentrale endlich gerichtlich geklärt wird."
      Und das allein nützt dann was? Dann macht der Initiator" unter anderem Namen fröhlich weiter. 🤷‍♂️
      Solang' solches schädigende Vorgehen nicht auch endlich rigoros als Straftatbestand zugeordnet, bewertet und mit entsprechend präventivwirksamen längerem Gefängnisaufenthalt geahndet wird, ist das doch ebenso nur als "Kavaliersdelikt" betrachtet und wird weiterhin ein "Geschäftsmodell" sein – und evtl. eben sogar nicht nur von Seiten des Staates "geduldet".

      "[…] dann auch noch in Presse und Rundfunk ganz groß veröffentlich wird, […]"
      Wird's ja nicht – NIE!

      "[…] sondern ist gleich zum Rechtsanwalt seines Vertrauens gegangen. Es gab eine Gerichtsverhandlung […]"
      Tja, ist leider vielen "Opfern" zu aufwändig oder manchmal gar nicht so leicht möglich. Klar, 'ne Klage kann jeder einreichen, aber da sind wird wieder beim Erstgenannten. Also bleibt alles beim Alten und es wird weiter – über das auch oft vorhandene eigene Unvermögen – rumgejammert!

  3. CW sagt:

    Vorsicht mit sogenannten Vergleichsangeboten.
    Das kann einem IMHO so ausgelegt werden, als würde man die eigentliche Forderung anerkennen. Hatte ich mal vor längerer Zeit im Zusammenhang mit angeblich abgeschlossenen Zeitungs-Abos.

    MfG CW

    • User007 sagt:

      Im Zuge von bestehender Forderung ist ein "Angebot auf Vergleich" auch sicherlich nicht immer zugunsten des Schuldners – aber da fehlt's eben leider vielen an Zuordnungs-/Zuweisungskompetenz, tlw. sogar an der richtigen Wahrnehmungsbefähigung. 🤷‍♂️

  4. Charlie sagt:

    Das mit den Fristen ist schon ziemlich eng, bei uns kommt die Post auch teilweise erst nach 3-4 Wochen an. Ist nur schwer zu beweisen, gerade wenn es um so etwas geht. Und freiwillig wird mir niemand ein Einschreiben schicken, um sich selbst in eine schlechtere Ausgangsposition zu bringen.

    Davon ab, gibt es überhaupt irgendeinen Anschluss, den die 1N Telecom geschaltet hat?
    Also wo wirklich und ganz in echt ein Telefon/Internet-Anschluss von denen betrieben wird und auch funktioniert und genutzt werden kann.

    • Günter Born sagt:

      Es gibt bei den vielen Beiträgen hier irgendwo einen Kommentar in meiner Erinnerung, wo ein IT-Dienstleister mit viel probieren einen Anschluss mit einer älteren FRITZ!Box hinbekommen haben will. Ich denke, dieser Fall ist inzwischen wieder zur Telekom AG zurück gekehrt, da die Mindestvertragslaufzeit abgelaufen ist.

  5. Luzifer sagt:

    Die eigentliche Frage ist doch wieso sind diese Abzocker noch auf freien Fuß… es gibt ja bereits Gerichtsurteile welche die Forderung als nichtig beurteilen und es wird trotzdem weitergemacht… welcher Staatsanwalt schläft da?

    Ok ich weis deutsche Mühlen mahlen langsam, aber wenn bereits Urteile vorliegen und trotzdem weiter abgezockt wird, was braucht der Staatsanwalt da noch?

    Da bleibt eigentlich nur noch eines…

  6. Karel sagt:

    „ Schlecht auch, wenn ein solches Schreiben in der Post verloren geht."

    Solche gerichtlichen Schreiben gehen per Postzustellungsauftrag als förmliche Zustellung raus: https://www.deutschepost.de/de/p/pza_postzustellungsauftrag.html .
    Das fällt auf, wenn die verloren gehen und damit keine wirksame Zustellung erfolgt ist. Wird mit als erstes von Anwälten abgeprüft.

  7. Karel sagt:

    Zum Urteil des LG Magdeburg: ein rechtswirksam ergangener Vollstreckungsbescheid wird nur extremst selten aufgehoben. Einer der Gründe ist -vereinfacht gesagt- z.B. ein Betrug im Vorfeld der überhaupt erst zum Erlass des Bescheides geführt hat.
    Das LG Magdeburg exerziert hier m.E. nur durch, warum die Gründe für die Aufhebung des -immerhin rechtwirksam ergangenen und mit Belehrungen, Fristen und einer hoch-offiziellen Zustellung zugegangenen- Vollstreckungsbescheides -mit Mahnbescheid im Vorfeld- vom Kläger nicht hinreichend dargelegt wurde .
    Über die Rechtmäßigkeit der Forderung befinden die wenn überhaupt nur ganz am Rande!
    Spannend wäre evtl auch, wie das zuvor entscheidende AG die gegenteilige Auffassung begründet.

  8. Hugo sagt:

    Die TPI Investment versendet nun eine weitere Mahnung zu dem bereits vorgeschlagenen Vergleichsangebot über 200 €, verlangt die 200 € erneut und droht auch erneut mit einer gerichtlichen Vorstreckung.

    Ich bin selbst nicht betroffen, aber eine ältere Dame aus meinem Bekanntenkreis. Ich betreue hier die Korrespondenz mit dem schon von Beginn an in 2023 eingeschalteten Anwalt.

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