Infosplitter: Facebook unterstützt US-Einkommensstudie

Ein Volkswirt der Stanford University plant eine Studie, die untersucht, warum viele Menschen in den USA wirtschaftlich festsitzen. Dazu bedient sich der Wissenschaftler der Daten von Facebook – was mir einen Artikel wert war.


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Ich bin beim US-Magazin Politico auf den entsprechenden Artikel Facebook's next project: American inequality gestoßen (via). Zum Hintergrund: Nicht nur in den USA gibt es eine Debatte um ungleiche Bezahlung. Hinzu kommt das Problem, dass viele Menschen in den USA wirtschaftlich fest sitzen.

Volkswirt plant US-Einkommensstudie

Der genannte Volkswirt von Stanford plant nun die Gründe dieser Entwicklung und das Verharren beim Einkommen bei bestimmten Bevölkerungsteilen zu untersuchen. Dazu benötigt er Daten über die Einkommensunterschiede in der Bevölkerung. Normalerweise würde ich sagen: Ok, er fragt die Statistikämter und die US-Steuerbehörde (IRS) an – dort sollten Daten vorhanden sein. Allerdings kenne ich die USA und deren Gegebenheiten diesbezüglich nicht.

Die Daten kommen von Facebook

Und nun kommen wir zum Auslöser für diesen Blog-Beitrag. Facebook stellt die Benutzerdaten einem Team unter der Leitung des Stanford-Ökonomen Raj Chetty zur Verfügung. Ziel der Studie ist es, die wirtschaftliche Ungleichheit in den USA, die zu einer Spaltung der dortigen Gesellschaft führt, zu untersuchen. Sozialen Netzwerken wird u.a. auch vorgeworfen, diese Spaltung noch schlimmer zu machen.

Unter diesem Gesichtspunkt ist es vernünftig, Daten aus diesem Umfeld mit in die Studie einzubeziehen. Die Studie soll die sozialen Verbindungen zwischen den amerikanischen Facebook-Nutzern analysieren, um Licht in die wachsende Einkommensdisparität in den USA zu bringen. Dort sollen 1 Prozent der Haushalte 40 Prozent des Wohlstands des Landes kontrollieren.

Der Punkt, der eigentlich jeden aufmerken lassen sollte: Facebook ist also im Besitz von Daten, die starke Rückschlüsse auf die Einkommen seiner Nutzer ermöglichen müssen. Politico schreibt dazu: Facebook ist eine unvergleichlich reichhaltige Informationsquelle für diese Art von Forschung: Nach einer Schätzung nutzen etwa drei von fünf amerikanischen Erwachsenen das soziale Netzwerk.

In den USA wird das Ganze enthusiastisch begrüßt – Facebook öffnet sich, und die Wissenschaft bekommt plötzlich Daten, die sonst nicht zugänglich waren. e Cecilia Muñoz, die den Rat für Innenpolitik im Weißen Haus von Obama leitete, wird folgendermaßen zitiert: 'Für einen politischen Streber wie mich ist es absolut riesig, dass man quantifizierbare Beweise über Dinge sehen kann, über die viele von uns lange Zeit theoretisch debattiert haben. ' Und sie findet es cool, dass man Daten über die sozialen Interaktionen der Menschen nutzen kann, um diese Art von Analysen durchzuführen.

Interessante Einblicke

Forscher sagen, laut Politico, dass sie den riesigen Datenbestand von Facebook als eine bemerkenswerte Ressource betrachten, die einen beispiellos detaillierten und umfassenden Blick auf die amerikanische Gesellschaft bietet. Dieser Informationsspeicher enthält sowohl Details, die ein Nutzer Facebook mitteilen könnte – sein Alter, seine Heimatstadt, seine Schulbildung, seine Familienbeziehungen – als auch Erkenntnisse, die das Unternehmen auf diesem Weg gewonnen hat. Dazu gehören z.B. die Interessengruppen, denen er beigetreten ist, und die geographische Verteilung dessen, was er einen "Freund" nennt.

Die Forscher meinen damit die Facebook-Nutzerbasis – etwa 239 Millionen monatliche Nutzer in den USA und Kanada – die fast alle Bevölkerungsgruppen erfasst. Und all diese Informationen, sagen Forscher, lassen sie Vermutungen über den Wohlstand der Nutzer anstellen. Big Data lässt grüßen.


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Das heißt nicht, dass die Forscher aus den Daten schließen können: Facebook-Nutzer abc verdient im Jahr xyz Dollar. Aber man kann auf Grund seiner Daten ein sehr gutes Profil erstellen, im Rahmen eines Scorings detaillierte Rückschlüsse auf das Individuum zu treffen.

Facebook selbst hat vor kurzem eine Methode patentiert, um den sozioökonomischen Status von jemandem herauszufinden. Dazu werden Faktoren verwendet, die von angegebenen Hobbys bis hin zu der Anzahl der mit dem Internet verbundenen Geräte, die Nutzer besitzen, reichen.

Ein Facebook-Sprecher ging auf die möglichen Auswirkungen der Studie auf die Privatsphäre ein und sagte: "Wir forschen bei Facebook verantwortungsbewusst und stellen sicher, dass wir die Informationen der Menschen schützen." Der Sprecher fügte hinzu, dass Facebook einem "erweiterten" Überprüfungsprozess für Forschungsprojekte folgt, der 2014 nach einer Kontroverse über eine Studie erstellt wurde. Damals wurden die Newsfeeds einiger Leute in einer Studie manipulierte, um zu sehen, ob sie dadurch glücklicher oder trauriger wurden.

Für uns in Europa stellt sich damit die Frage: Wie gehen wir mit Facebook um? Das US-Unternehmen ist ja im Fokus von EU-Kommission und Datenschützern wegen seiner Datensammlung. Ganz passend dieser Beitrag, dass Facebook-Benutzer selten informiert in deren AGB einwilligen.

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2 Antworten zu Infosplitter: Facebook unterstützt US-Einkommensstudie

  1. Cmd.Data sagt:

    Facebook soll repräsentative Daten liefern? Was rauchen die dort?

    In so einem Netzwerk präsentiert man sich nicht so, wie man ist, sondern so, wie man gesehen werden möchte.

    Wie kann man eigentlich komplett ausschliessen, dass irgenwelche Daten über einen selbst zu Facebook gelangen, wenn man dort kein Mietglied ist? Früher gab es bei heise diese No-Facebook-Funktion für Webseiten. Aber ist das ausreichend?

  2. Herr IngoW sagt:

    Da hat "Google" sicher auch noch reichlich beizusteuern oder hat die etwa keiner gefragt?

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