Windows XP-Exit-Strategie – Virtualisierung in Windows – Teil 1

win7In Teil 1 meiner Artikelreihe hatte ich ja Fragen zum Supportende von Windows XP beantwortet. Systeme mit Windows XP, die am Internet hängen müssen, sind ab April 2014 gefährdet und stellen ein Sicherheitsrisiko dar. In Teil 2 zeige ich, wie man mit Virtualisierung unter Windows eventuell weiter kommt.


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Das Problem und eine unkomfortable Lösung mal umrissen

Der gedankliche Ansatz ist folgender: Man braucht Windows XP noch, um eventuell alte Programme ausführen zu können. Gleichzeitig muss der Benutzer aber auch ins Internet gehen und Surfen oder Mails abrufen können. Überlegung ist nun, die Aufgaben zu trennen: Alles was Internet, Entertainment (Musik, Video etc.) betrifft, wird auf einem noch unterstützten Windows-System ausgeführt. Und die alten Programme laufen weiterhin unter Windows XP – aber ohne Internetanbindung.

Eine denkbare Lösung für Privatanwender wäre, den Internetzugang am Windows XP-Rechner zu kappen und das System dann weiter zu betreiben. Surfen im Internet geht auch an einem (Android- oder iOS-) Smartphone bzw. Tablet PC – und E-Mails lassen sich dort auch abrufen. Zur Not kann man sogar Dokumente auf das Mobilgerät herunterladen und dann per USB-Schnittstelle auf das Windows XP-Gerät übertragen.

Oder man könnte ein Dual-Boot-System mit Windows XP (ohne Netzwerkfunktionen, die installiert werden könnten) und z.B. Windows 7 aufsetzen. Und es gibt natürlich noch die Lösung, zwei Rechner zu verwenden – den alten Windows XP-Rechner ohne Internet und den neuen Rechner für alle Funktionen, die eine Online-Anbindung erfordern. Aber das ist recht umständlich in der Handhabung und nur dann sinnvoll, wenn Hard- und Software auf Windows XP angewiesen sind und nur da funktionieren (z.B. spezielle Videoschnittlösungen).

Virtualisierung, das Zauberwort für Komfort

Der elegante Ausweg aus der Misere heißt Virtualisierung. Mit einer Virtualisierungssoftware kann man quasi einen Rechner in einem Rechner bereitstellen. Auf dem Computer läuft ein modernes und noch unterstütztes Windows – hier als Host bezeichnet. Das könnten Windows 7, Windows 8 oder Windows 8.1 sein. Die Virtualisierungssoftware stellt dann eine Umgebung bereit, in der ich andere Betriebssysteme- als Gast –  in einer geschützten Umgebung ablaufen lassen kann. Dies eröffnet dann die Möglichkeit, Windows XP virtualisiert als Gastbetriebssystem auf dem Hostbetriebssystem auszuführen. Unterbindet man dann noch die Internet- und Netzwerkfunktionalität im Gast-Betriebssystem bzw. stellt sicher, dass das Netzwerk nur mit dem Host-Betriebssystem Daten austauschen kann, hat man den größten Teil der möglichen Angriffsmöglichkeiten unterbunden und kann weiterhin sein Windows XP mit den alten Programme einsetzen.


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Dieser Ansatz funktioniert aber nicht, falls die alte Software auf spezielle Hardware angewiesen ist, für die es unter dem Windows-Host-Betriebssystem keine Treiber gibt oder die direkt von Programmen angesprochen wird. Die alten Scanner, die per Druckerport angetrieben werden, funktionieren dann nicht. Ähnliches gilt für Videograbber-Karten oder Messtechnik, die nur funktioniert, wenn die Software direkten Zugriff auf die Hardware hat. Was gut klappt, ist die Verwendung von Hardwarekomponenten, die sich virtualisieren lassen. So können die USB-Schnittstellen, ein Druckerausgang oder Festplatten und andere Laufwerke meist an die virtuelle Maschine weitergereicht und dem Gast-Betriebssystem bereitgestellt werden.

In nachfolgenden Abschnitten möchte ich kurz beleuchten, welche Virtualisierungsmöglichkeiten sich mit Windows als Hostbetriebssystem für Windows XP als Gastbetriebssystem ergeben.

Windows 7 Professional/Ultimate mit dem Windows XP-Mode

Für Windows 7 Professional und Windows 7 Ultimate bzw. Enterprise steht der Windows XP-Mode zum kostenlosen Download bereit. Beim Windows XP-Mode handelt es sich ein Windows XP SP3 Professional, welches in einer .vhd-Datei bereitgestellt wird. Der Windows XP-Mode wird auch nach dem 8. April 2014 zum Download angeboten – Microsoft gibt aber keine Unterstützung.

Das Gute: Die Lizenz für Windows XP ist in Windows 7 Professional und Windows 7 Ultimate bzw. Enterprise vorhanden und man kann Windows XP dann virtualisiert betreiben. Informationen zum Windows XP-Mode und dessen Installation finden sich auf dieser Microsoft Webseite. Zudem wird der Virtual PC (Windows6.1-KB958559-x64.msu bzw. Windows6.1-KB958559-x86.msu) als Virtualisierungslösung benötigt. Falls die CPU keine VT-X- oder AMD-V-Unterstützung bietet, ist auch Windows6.1-KB977206-x64.msu (oder das 32-Bit-Pendant) zu installieren. Hier sind einige Installationsdialogfelder zu sehen.

Sind der Microsoft Virtual PC und der Windows XP-Mode installiert, steht anschließend Windows XP über das Windows 7-Startmenü zur Verfügung.

Die unter Windows XP installierten Anwendungen werden dabei direkt in das Windows 7-Startmenü integriert und Fenster erscheinen auf dem Windows 7-Desktop. Hier ist das Fenster des Windows XP-Mode zu sehen.

Über das Menü Extras lässt sich auf die Einstellungen zugreifen. Dann kann man das Netzwerk entweder deaktivieren oder auf "Intern" stellen (hier im Vordergrund sichtbar). Bei deaktiviertem Netzwerk sind keine Internetzugriffe mehr möglich. Auf diese Weise lässt sich der Windows XP-Mode zum Ausführen älterer Programme verwenden. Und zum Aktualisieren des Virenscanners kann man ggf. kurzfristig eine Internetverbindung zulassen. Hier noch einige Artikel aus meinem Blog zum Windows XP-Mode.

a1: Microsoft Virtual PC 2007 und Windows Virtual PC (Teil 2)
a2: 5. Windows XP-Mode für Windows 7
a3: Ärger mit dem Windows XP-Mode
a4: Kennwort für Windows XP-Mode verloren

Wer in einer Firma diesen Ansatz verwenden will, erhält mit Virtual PC und dem Windows XP-Mode eine kostenlose Lösung. Persönlich verwende ich den Virtual PC aber nicht, sondern setze auf Alternativen wie Virtualbox, VMLite oder VMware Workstation.

Der Virtual PC mit Windows XP-Mode ist in meinen Augen aber etwas sperrig und hat den Nachteil, dass das Gastbetriebsystem auf der gleichen Festplatte wie das Hostbetriebssystem gespeichert ist. Dies führt oft zu Leistungseinbußen (siehe auch meine Artikel Performanceprobleme bei VMware Workstation 7 und Performanceprobleme bei der Virtualisierung, die auch für Virtual PC gelten). Falls man den Virtual PC nach der Installation wieder loswerden will, funktioniert dies in der Systemsteuerung über Windows-Funktionen aktivieren oder deaktivieren.

Windows 7 Home Premium und Windows XP

Der Virtual PC lässt sich zwar auch unter Windows 7 Home Premium installieren. Dort fehlt aber die Lizenz für den Windows XP-Mode – dieser lässt sich auch nicht installieren. Was man aber machen kann, ist ein Windows XP (z.B. die Home Edition) als Gast-Betriebssystem installieren. Persönlich bevorzuge ich aber alternative Virtualisierungslösungen.

  • VMware Workstation/VMware Player: Das (kostenpflichtige) VMware Workstation ist eine recht leistungsfähige Virtualisierungslösung. Diese bietet über das Menü File sowohl die Möglichkeit, einen Windows XP-Mode zu importieren (unter Windows 7 Professional oder Ultimate einsetzbar), als auch eine physikalische Maschine zu virtualisieren – also in eine virtuelle Maschine zu überführen. Zudem lassen sich auch Gastbetriebssysteme neu installieren. Dann arbeitet der Windows XP-Mode (oder eine Windows XP-Installation) in der VMware Workstation-Umgebung. Der VMware Player ist funktional eine abgespeckte Virtualisierungslösung, die in der neuen Version 6 aber kostenpflichtig ist.
  • Virtualbox/VMLite: Das erstgenannte Programm Virtualbox ist eine Virtualisierungslösung der von Oracle aufgekauften deutschen Firma Innotec, welches teilweise OpenSource ist und im Privatbereich kostenlos eingesetzt werden kann. Auch Virtualbox bietet die Möglichkeit, Windows XP als Gastbetriebssystem einzusetzen. Unter Windows 7 Professional/Ultimate kann auch VMLite installiert werden. Dies ist eine auf Virtualbox basierende Lösung, die so erweitert wurde, dass sich der Windows XP-Mode importieren lässt.

Auf meinen Systemen setze ich bevorzugt VMware Workstation zur Virtualisierung von Gast-Betriebssystemen (Linux, Windows, Mac OS X, Android) ein, verwende gelegentlich aber auch Virtualbox in der portablen Version. Mit VMware Workstation habe ich auch testweise Windows XP-Installationen virtualisiert.

Ein Problem kann aber die Aktivierung einer solchen Gastmaschine (bei OEM-Systemen)sein. In folgenden Blog-Beiträgen finden sich weitere Informationen rund um Virtualisierungslösungen für Windows 7.

b1: 1: Virtualisierungslösungen für Windows 7 im Überblick (Teil 1)
b2: 2. Microsoft Virtual PC 2007 und Windows Virtual PC
b3: 3. Sun VirtualBox 3.1 und VMLite
b4: 4. VMware Player und VMware Workstation/VMware Server
b5: Windows XP-Mode für Windows 7 (Teil 5)
b6: 6. Fazit und Erfahrungen (mit Virtualisierungslösungen)
b7: VMLite 3.2.6: XP-Mode für Alle
b8: Performanceprobleme bei VMware Workstation 7
b9: Performanceprobleme bei der Virtualisierung,

Die obigen Alternativen lassen sich problemlos unter Windows 7 Home Premium und Windows 7 Professional/Ultimate/Enterprise einsetzen. Bei VMLite/Virtualbox sind die Lizenzbedingungen des Herstellers zu beachten. Und bei Windows 7 Home Premium ist zu beachten, dass dort keine Lizenz für den Windows XP-Mode vorliegt (selbst wenn man das mit VMLite zum Arbeiten bekommt). Was mir an Virtualbox und VMware Workstation im Vergleich zum obigen Virtual PC besser gefällt, ist die Funktionalität, die Möglichkeit, die Virtualisierung zu kontrollieren und die erreichbare Performance.

Windows 8/8.1 Pro/Enterprise mit Hyper-V und Windows XP

In Windows 8 bzw. Windows 8.1 liefert Microsoft eine eigene Virtualisierungslösung unter dem Namen Hyper-V mit. In der Hyper-V-Umgebung können Gast-Betriebssysteme installiert und ausgeführt werden. Allerdings sollte man folgendes wissen.

  • Der Virtualisierungs-Server von Hyper-V (Hyper-V Platform) erfordert zwingend Windows 8/8.1 Professional oder Enterprise und läuft nur auf einer 64-Bit-Betriebssystemumgebung. Zudem muss die CPU eine sogenannte SLAT-Unterstützung bieten.
  • Der Hyper-V Manager, der zur Verwaltung von Hyper-V-Maschinen benutzt wird, kann auch auf einer 32-Bit-Variante von Windows 8/8.1 Professional oder Enterprise aktiviert werden. In Windows 8/8.1 Core (für Heimanwender) wird Hyper-V nicht unterstützt.
  • Der Windows XP-Mode wird in Hyper-V nicht mehr unterstützt. Unter Windows 8/8.1 liegt auch keine Lizenz mehr für diesen Modus vor. Man kann also höchstens ein Windows XP manuell installieren und dann betreiben.

Weiterhin ist der bei Hyper-V verwendete Client- / Server-Ansatz etwas gewöhnungsbedürftig für jemanden, der nur auf einem Desktop-System ein Windows XP virtualisieren möchte.


So wird auch keine USB-Einbindung unterstützt, man ist auf externe Lösungen, die dies über das TCP/IP-Netzwerkprotokoll ermöglichen, angewiesen. Nachfolgend sind noch einige Blog-Artikel rund um Hyper-V verlinkt.

c1: Windows 8: Hyper-V im Test – Teil I
c2: Windows 8: Hyper-V braucht SLAT fähige CPUs
c3: Besserer Linux-Support in Windows Server 2012 R2 Hyper-V
c4: Windows 8 startet mit aktivem Hyper-V nicht

Unter dem Strich ist Hyper-V für Firmen, auf denen sehr viele PCs eingesetzt werden soll eine Option, wenn auch eine Virtualisierung benötigt wird. Man kann dann die Hyper-V Platform auf einen Windows Server R2 oder Windows Server 2012 R2 auslagern und dort die virtuellen Maschinen betreiben. Anschließend greift man über die Hyper-V Manager von den Windows 8/8.1 Client-Betriebssystemen auf die virtuellen Maschinen zu.

Windows 8/8.1 Core und Windows XP

Hat man im Privatumfeld keine Hyper-V fähige Maschine, können die weiter oben im Abschnitt zu Windows 7 genannten Alternativen Virtualbox oder VMware Workstation/VMware Player zur Virtualisierung eingesetzt werden. Dort wird dann Windows XP (Home Premium oder Professional) als Gastbetriebssystem installiert. Dabei würde ich dem Gastbetriebssystem den Netzwerkzugang entziehen, so dass keine Downloads aus dem Internet mehr möglich sind (man kann zur Aktualisierung der Virenscanner ja den Netzwerkzugang kurzzeitig freigegeben). Der Austausch von Dateien zwischen Host- und Gast-Betriebssystem kann über Shared-Folder, die beide Virtualisierungslösungen anbieten, erfolgen.

In diesem Artikel haben Sie verschiedene Ansätze kennen gelernt, wie man zum End of Live von Windows XP auf Windows 7 oder Windows 8/8.1 migrieren und trotzdem Windows XP als Kompatibilitätsgründen in einer virtualisierten Fassung auf dem Rechner halten kann. Dies ermöglicht Altsoftware weiter zu verwenden. Ich habe auf diese Weise USB-Scanner, für die keine Windows 7-WIA-Treiber mehr verfügbar waren, zum Arbeiten gebracht (unter dem virtualisierten Windows XP ließen sich die Treiber noch verwenden und die USB-Anschlüsse mit dem Scanner konnten dem Gastbetriebssystem zugeordnet werden). Im nächsten Teil möchte ich noch einen Blick auf die Situation Linux als Host-Betriebssystem mit Virtualisierung von Windows XP werfen.

Artikelreihe:
i: Windows XP-Supportende–und nun?
ii: Windows XP-Exit-Strategie – Virtualisierung in Windows – Teil 1
iii: Windows XP-Exit-Strategie – Virtualisierung unter Linux – Teil 2
iv: Windows XP-Exit-Strategie – Windows XP anpassen  – Teil 3

Ähnliche Artikel:
a1: Dell bietet Service zur Windows XP-Migration
a2: Windows XP: Sicherheitslücken und Zero-Day-Exploit
a3: Windows XP: Keine Updates für Security Essentials mehr
a4: StartUbuntu-Iniative auf das Supportende von Windows XP
a5: Wochenrückblick und der Abschied von Windows XP (Presseschau meines Interviews)
a6: Microsoft bereitet Partner auf das Ende von Windows XP vor
a7: 2014: Supportende für Windows XP/Office 2003
a8: Windows 7 Nachrichtensplitter
a9: HP bringt Windows 7 zurück ….


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3 Antworten zu Windows XP-Exit-Strategie – Virtualisierung in Windows – Teil 1

  1. Hermann Beckmann sagt:

    Hallo Leute,

    ich habe mir ein neues Notbook zugelegt mit Windows 8.1
    das alte Notbook Windows XP möchte ich ganz vom Netz nehmen.
    Alle Dateien usw sind von XP auf 8.1 übertragen.
    Was ist zu tun,bitte um Ihren Rat.
    Mit freundlichen Grüßen
    Hermann Beckmann
    ps.bin kein Experte

    • Günter Born sagt:

      Wird schwierig werden – so ganz ohne "Expertenkenntnisse". Normalerweise ist das Windows XP zu virtualisieren (geht mit Tools wie Paragon Festplattenmanager Suite 2014 – da ist in den Profi-Paketen eine P2V-Software dabei, die das machen kann). Das Ganze wird dann in einer virtuellen Maschine mit VMware Workstation oder Virtualbox ausgeführt. Problem bei dem Ansatz ist die Aktivierung von Windows XP – da hatte ich diverse Probleme. Das führt aber über den Ansatz dieses Blogs hinaus und ich kann da auch keine individuelle Hilfestellung leisten. Hier noch ein paar Fundstellen aus dem Blog:

      Windows-Aktivierungsprobleme bei der P2V-Umsetzung
      Paragon Go Virtual: P2V-Systeme anpassen
      Paragon Go Virtual zur Virtualisierung im Test

      Möglicherweise ist es einfacher, sich die Windows XP-CD zu schnappen, Virtualbox zu installieren und dort Windows XP zu installieren. Dann sieht man sofort, ob die Aktivierung möglich ist. Einfach im Blog nach Virtualbox suchen oder die Kategorie Virtualisierung durchgehen.

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