Bundeskartellamt prüft Facebook wegen Oculus FB-Kontenzwang

[English]Das Bundeskartellamt hat ein Prüfverfahren gegen Facebook eingeleitet. Es geht um die Problematik, dass Nutzer der VR-Brille Oculus inzwischen ein Facebook-Benutzerkonto benötigen. Hier einige Informationen zum Fall.


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Gerade hatte ich über die Wettbewerbsklage gegen Facebook in den USA (siehe Klage gegen Facebook, Trennung von Instagram und WhatsApp als Ziel) berichtet. Dort geht es um die Verknüpfung von Instagram und WhatsApp und die Behinderung des Wettbewerbs. Die New York Times zitiert in diesem Artikel Experten, dass die  Kartellklagen gegen Facebook alles andere als ein Selbstläufer seien, denn die Beweisanforderungen vor US-Gerichten seien hoch. Der Vollständigkeit halber verlinke ich an dieser Stelle auch mal auf die Stellungnahme von Facebook zur Kartellklage – ohne das weiter zu kommentieren.

Hintergrund zum Facebook und der Oculus-Fall

Oculus Rift, das ist ja die VR-Brille, die den ganzen Virtual Reality-Hype erst angestoßen hat. Der Hersteller Oculus wurde im März 2014 von Facebook aufgekauft (siehe Facebook kauft Oculus für 2 Milliarden US $). Seit dieser Zeit hat sich der Hype um VR-Brillen deutlich gelegt (siehe auch die Links am Artikelende).  Facebook verfolgt aber eine eigene Agenda mit seinem Oculus-Kauf.


(Quelle: Oculus)

Benutzer einer Oculus Rift VR-Brille müssen sich seit Oktober 2020 mit ihrem Facebook-Konto registrieren und anmelden. Im Blog-Beitrag VR: Oculus ab Oktober 2020/2023 nur noch per Facebook-Anmeldung nutzbar hatte ich die Randbedingungen genannt. Beginnend im Oktober 2020 gilt:

  • Jeder, der ein Oculus-Gerät zum ersten Mal benutzt, muss sich mit einem Facebook-Konto anmelden.
  • Ein bestehender Benutzer, der bereits ein Oculus-Konto hat, bekommt aber die Möglichkeit, sich bei Facebook anzumelden und das Oculus- und Facebook-Konten zusammenzuführen.
  • Ein bestehender Benutzer, der seine Konten nicht zusammenführen möchte, kann das Oculus-Konto zwei Jahre lang weiter verwenden, danach wird das Konto deaktiviert.

Ab 2023 heißt das also: Nutzer einer Oculus VR-Brille muss diese zwangsweise mit seinem Facebook-Konto verknüpfen.

Das Wettbewerbsverfahren des Kartellamts

Das Bundeskartellamt hat zum 10. Dezember 2020 ein Missbrauchsverfahren gegen Facebook eingeleitet. Es geht um die oben erwähnte Verknüpfung von Oculus Virtual-Reality-Produkten mit dem sozialen Netzwerk und der Facebook-Plattform. Das bedeutet, die Bundesnetzagentur kann nun überprüfen, ob es dort wettbewerbsrechtliche Verstöße gibt.

Dazu sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: "Die Nutzung der neuen Oculus-Brillen soll künftig nur unter der Voraussetzung möglich sein, dass man auch ein Facebook-Konto hat. Diese Verknüpfung zwischen Virtual-Reality-Produkten und dem sozialen Netzwerk des Konzerns könnte einen verbotenen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Facebook darstellen. Facebook ist mit seinem sozialen Netzwerk marktbeherrschend in Deutschland und auch in dem noch jungen, größer werdenden VR-Markt bereits ein bedeutender Player. Wir wollen untersuchen, ob und inwieweit die Kopplung den Wettbewerb in den beiden Bereichen beeinträchtigt."

Das Bundeskartellamt schreibt dazu, dass Facebook damit begonnen habe, seine Virtual-Reality-Aktivitäten in das soziale Netzwerk Facebook.com zu integrieren. Die bisher getrennt von Facebook.com betriebene Oculus-Plattform werde unter dem Namen „Facebook Reality Labs" als zusätzliche Funktion im sozialen Netzwerk angeboten. Die neue Generation der VR-Brille „Quest 2" erfordert zwingend die Registrierung mit einem Facebook.com-Konto. Bestehende Oculus-Konten können für die Registrierung und Verwendung der neuen Hardware nicht länger genutzt werden. Außerhalb Deutschlands hat der Vertrieb der neuen VR-Brille bereits begonnen.


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Virtual-Reality-Produkte haben das Ziel, den Nutzer bei der Nutzung digitaler Inhalte in eine virtuelle Realität zu versetzen. Das dreidimensionale Sehen, das dem menschlichen Auge die räumliche Wahrnehmung der Umgebung ermöglicht, wird durch entsprechende Technik simuliert. Für die Nutzung der VR-Technologie wird eine VR-Brille benötigt. Daneben ist weitere Hardware erforderlich, traditionell ein PC, eine Spielkonsole oder ein Smartphone. Manche VR-Brillen haben die entsprechende Hardware bereits selbst integriert und funktionieren „stand alone".

Dazu gehört auch Facebooks Brille Oculus „Quest 2". Schließlich ist für die Nutzung von VR-Inhalten eine VR-Software notwendig, über die die gewünschten digitalen Inhalte bezogen werden können. Dieses sind digitale Plattformen wie beispielsweise (bisher) die Oculus-Plattform, auf der die VR-Inhalte angeboten werden. Aktuell werden VR-Anwendungen primär im Bereich Gaming und Video genutzt. Die Anwendungsmöglichkeiten beschränken sich aber nicht darauf. Die Nutzerzahlen und der Umsatz mit derartigen Anwendungen steigen kontinuierlich.

Das (bisherige) Verfahren gegen Facebook („Datensammlung und -verwertung") – Stand der Dinge

In einem anderen Missbrauchsverfahren gegen Facebook hatte das Bundeskartellamt dem Konzern bereits Anfang 2019 weitreichende Beschränkungen bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt. Die umfassende Nutzung und die Sammlung der Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen wurden untersagt (siehe Pressemitteilung vom 7. Februar 2019). Gegen den Beschluss des Bundeskartellamtes hatte Facebook zunächst beim Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) erfolgreich einen Eilantrag eingelegt, so dass die Entscheidung nicht vollzogen werden konnte. Im Juni 2020 hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Entscheidung des Bundeskartellamtes bestätigt (siehe Pressemitteilung des BGH vom 23. Juni 2020).

In der Hauptsache beim OLG Düsseldorf steht die mündliche Verhandlung allerdings noch aus. Sie war zunächst für Ende November 2020 terminiert und ist jüngst auf den 26. März 2021 verschoben worden.

Darüber hinaus hat Facebook in der vergangenen Woche einen weiteren Eilantrag beim OLG Düsseldorf gestellt. Das Gericht hat daraufhin erneut vorläufig, bis zur endgültigen Entscheidung über diesen Eilantrag, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde von Facebook angeordnet. Die Rechtsbeschwerde gegen seine vorläufige Eilentscheidung hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Dies hat zur Folge, dass das Bundeskartellamt beim Bundesgerichtshof zunächst eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen muss, was das Amt am 2. Dezember 2020 getan hat. Würde die Rechtsbeschwerde zugelassen, würde das Bundeskartellamt diese umgehend einlegen und begründen.

Andreas Mundt: „Dass Facebook hier mit verschiedenen Rechtsmitteln vorgeht, ist angesichts der Bedeutung, die unser Verfahren für das Geschäftsmodell des Konzerns hat, nicht überraschend. Dennoch ist die damit einhergehende Verzögerung natürlich bedauerlich für den Wettbewerb und für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das Oberlandesgericht hat einem Eilantrag von Facebook zum zweiten Mal vorläufig entsprochen. Die Frist zur Umsetzung unserer Forderungen gegen Facebook wird damit erneut angehalten. Die Gründe sind für uns nicht tragfähig, so dass wir umgehend eine Beschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt haben. Denn wir wollen, dass die Uhr für Facebook wieder läuft." Dicke Bretter, die das Bundeskartellamt da bohren muss.

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4 Antworten zu Bundeskartellamt prüft Facebook wegen Oculus FB-Kontenzwang

  1. Zocker sagt:

    Kommt ein paar Jahre zu spät. Den Kontenzwang gibt es zwar noch nicht lange und er wurde oder wird noch nachträglich eingeführt, aber die Problematik gibt es eigentlich schon viel länger. Man braucht eine Internetverbindung zur Installation, da man nur einen Onlineinstaller erhält. Archivierung und Offlinebetrieb von Treiber und Software sind damit unmöglich. Man muss davon ausgehen, dass schon immer massiv Daten geflossen sind. Nur hat sich da niemand drüber aufgeregt…

    Rauskommen wird bei der Sache nichts. Die Behörden versagen bereits bei M$ auf ganzer Linie und dort ist der Fall noch eindeutiger.

    • Steter Tropfen sagt:

      Da wundert mich aber, dass ausgerechnet in diesem Metier nicht schon längst Wege gefunden wurden, diese Gängelei zu umgehen. Ist die Überwachungssoftware so elementar mit der Anwendung verquickt, dass man den Zusammenhang nicht cracken kann? Oder finden die Nutzer das Ganze mehrheitlich gar nicht so schlimm? Damit wird die Zielgruppe für dieses Produkt allerdings nicht größer werden.

      • Zocker sagt:

        @Steter Tropfen
        Ich weiß es nicht. Die Treiber mit den Inf-Dateien könnte man theoretisch sichern. Nur was hilft das ohne die zugehörige Software? Bringt so viel wie ein Nvidia Treiber ohne Systemsteuerung für die Einstellungen.
        Ich persönlich habe mein Interesse an Oculus verloren, als sie von FB aufgekauft wurden. Mir war der zukünftige Weg sofort klar. Die Sache mit den Onlineinstallern war nur eine Bestätigung dessen.
        Letztendlich muss man sagen, dass VR immer noch eine totale Nische ist und es lange Zeit keine ernstzunehmende Alternative zu Oculus gab. Und ja, die Meisten sehen darüber hinweg. Mit der Vive ist es ähnlich, da hast du Verdongelung mit Steam und einen absurd hohen Preis. Kompatibilität ist das nächste Problem.

        Aber zu der Frage, ob man das nicht cracken kann. K.A., ich weiß nicht wie das im Detail aussieht. Letztendlich hättest du eine von unbekannten Dritten modifizierte Version der Software und Treiber, die diese auch auf den aktuellen Stand bringen müssen. Vielleicht gibt es das tatsächlich. Aber gibt man einen Haufen Geld aus um sich darauf zu verlassen? Also ich weiß nicht. Bei Software mag das anders sein, die wäre komplett kostenlos und einem geschenken Gaul… Aber bei Hardware hört es auf.
        Das ist wie bei Razer oder welcher Hersteller das war, wo man die Gamingmaus erst mal über das Internet aktivieren muss, damit man sie nutzen kann. K.A. ob das immer noch so ist, zumindest haben die das vor Jahren gemacht. Aktivierung von Hardware geht einfach gar nicht. Das ist nichts, was man einfach so kopieren könnte.

        Auf der Oculus Seite heißt es übrigens:
        "Für Oculus Rift S ist es erforderlich, von Zeit zu Zeit bestimmte Updates zu installieren, so auch vor der ersten Nutzung."

    • voko sagt:

      Ich stimme Ihnen voll zu. Einen Schande ist das.

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